14 Kandidaten unterschiedlichster Karrierehintergründe sind im aktuellen "Promi Big Brother"-Container der Eitelkeiten versammelt. Insofern keine Überraschung, dass die an Tag sechs geöffnete Box der Beef-Pandora auch an Tag sieben nicht mehr zu schliessen ist.

Eine Kolumne
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Es gibt viele Dinge, die man zurückdrehen kann. Schlechtsitzende Zöpfe zum Beispiel, falsch aufgerollte Stromkabel oder auch Schrauben. Was man allerdings üblicherweise nicht so gut zurückdrehen kann, ist die Uhr. Jedenfalls, wenn man nicht Marty McFly ist und einen deLorean fährt. Zwar sind 14 Kandidaten unterschiedlichster Karrierehintergründe im aktuellen Container der Eitelkeiten versammelt, Michael J. Fox oder Dr. Emmett Brown sind aber nicht darunter. Insofern keine Überraschung, dass die an Tag sechs nach fünf Tagen der überbordenden Teamharmonie geöffnete Box der Beef-Pandora auch an Tag sieben nicht mehr zu schliessen ist. Oder wie Bachelor-Playboy-Wunderkind Cecilia Aroso sagt: "Die Stimmung kippt!" Noch drastischer formuliert es nur noch "Berlin Tag & Nacht"-Oscaranwärter Matze Höhn: "Es geht hier nur um Verenas Ego!"

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Verena Kerth, die einstige Miss Kahn 2003, ist aber nicht die einzige Kandidatin, die es sich inzwischen mit dem Promi-Lager heftiger verscherzt hat als Jürgen Klopp mit der Südtribüne. Und das sogar ganz ohne plötzliche Affinität zu Brauseherstellern, die rechtspopulistische Medien unterstützen. Bei Containerreporterin Bea Peters etwa treibt der Drang nach intellektueller Bestätigung ziemlich groteske Blüten. Als Big Brother die vor Langeweile in obskure Wahnvorstellungen abdriftende Wohngemeinschaft mit einem spontanen Buchstabierwettbewerb aus der Lethargie reissen möchte, wähnt sie ihre Zeit für gekommen. Aber auch Tempodribbler Max Kruse glaubt: "Ich bin da keine Niete!" Natürlich nicht. Immerhin steckt da "Bier" in "Buchstabieren".

Die Insolvenzwohnheim-Mietnomaden treten in zwei Gruppen an. Die erste besteht aus Daniel Lopes, Bea Peters, Jochen Horst, Mimi Fiedler, Max Kruse, Verena Kerth und Alida Kurras - und damit den Methusalems der Staffel. Fiedler gibt sich siegessicher, Lopes scheitert jedoch direkt an der höchst komplexen Vokabel "Karussell", hat statt Buchstabiertalent aber immerhin eine gesellschaftskritische Botschaft mitgebracht: "Heutzutage verlässt man sich viel zu sehr auf die Autokorrektur!" Auch Mimi Fiedler hält sich für den Lionel Messi der Buchstabierszene: "Ich bin ja Autorin, ich schreibe Bücher, zwei davon waren Bestseller, ich kann das also aus dem Effeff." Mindestens eine dieser Aussagen ist allerdings offenbar mit der Realität noch weniger vereinbar als der Slogan "Alternative für Deutschland" mit der AfD. Schon beim Wort "brillant" baut sie sicherheitshalber ein zweites "i" ein und scheitert. Auch "Balko"-Berühmtheit Jochen Horst blamiert sich nach Kräften. In seinem Wortschatz wird "Ananas" beispielsweise "Anannas" geschrieben.

Bea Peters: "Die jüngeren Leute sind alle nicht die hellsten Kerzen auf der Torte!"

Während die ersten sieben Buchstabierweltmeister im Nebenraum darauf warten, wie sich die zweite Buchstabiertruppe aus Sinan Movez, Sarah Wagner, Mike Heiter, Leyla Lahouar, Elena Miras, Matze Höhn und Cecilia Aroso, also das Jungspund-Team, schlägt, nimmt die intellektuelle Niveautalfahrt ihren Lauf. Als Verena in ihrer Unzufriedenheit über die eher bescheidene Performance der Gruppe sinniert und hoffnungsvoll verkündet "wir könnten noch gewinnen", lässt Bea Peters plötzlich ihre selbstverliebte Arroganz-Maske fallen: "Die jüngeren Leute sind alle nicht die hellsten Kerzen auf der Torte!"

Team "Nicht so helle Kerzen" startet recht souverän in den Wettbewerb. So hätte Bea ihr Reporterinnengehalt beispielsweise darauf gewettet, dass Cecilia "Karussell" oder Leyla "Hypothese" nicht korrekt buchstabieren kann. Das Niveau kann allerdings nicht durchgängig aufrechtgehalten werden, wie Buchstabensalat-Connaisseur Mike Heiter erläutert: "Buchstabieren ist jetzt nicht meine Kernkompetenz!" Egal, Mike, vielleicht kommt ja noch ein Spiel, bei dem man sich akkurat die Frisur per Haarspray in eine Art Fiberglas-Skulptur verwandeln muss.

Weniger interessant als das Ergebnis ist aber im Anschluss ohnehin der geistige Reifeprozess der Königin der Generationen-Diffamierung, Bea. Elena ist komplett durchgenervt: "Ich nehme sie so oft in Schutz, damit sie nicht fertig gemacht wird!" Zurecht, wie "Anannas"-Versager Jochen findet: "Ich hätte verstanden, wenn sie hingegangen wäre und hätte ihr eins auf die Schnauze gegeben!" Auch Mimi Fiedler ist teilempört: "Du hast gerade vielen Menschen gesagt, dass sie dumm sind! Wir werten keine Menschen!" Also, Bea jedenfalls nicht. Mimi irgendwie schon. Ihr Zeugnis für Bea Peters sieht nämlich so aus: "Wie dumm kann man sein, das pisst mich wirklich an! Schrecklich!"

Die verzweifelte Restverteidigungstaktik von Fettnäpfchen-Trüffelschwein Bea zeugt dann allerdings auch nicht von besonderer geistiger Reife oder Kritikfähigkeit, sondern eher einer Blaupause der aktuellen Diskurskultur: "Mich einfach stehen zu lassen und mich blöd zu finden, das finde ich auch nicht intelligent!" Ja, so ist das. Man sagt, alle anderen sind doof - und wer das doof findet, ist doof. Klassiker.

Um den Bea-Peters-Festspielen der kollektiven Dummheitsunterstellung und dem daraus entfachten Emotionsflächenbrand ein bisschen zotenhaltiges Erotikmaterial entgegenzusetzen und die Besatzung der "MS Promicontainer" mit anzüglichen Vulgärbeichten in ein schamloses Ablenkungsmoloch der Obszönitäten zu entführen, spendiert Content Creator Sinan Movez der seit mindestens einer Woche enthaltsamen Zölibats-Crew mit ein paar unsittlichen Anekdoten aus der Grabbelkiste seines persönlichen Sexualitäten-Tagebuchs in anstössige Stimmung zu transformieren: "Ich war schon aktiv und ich war schon passiv und ich hatte auch schon mal was mit einer Frau!"

Sex, okay. Dreier, okay. Aber Influencer?

Bis hierher noch eine harmlose Frivol-Anekdote, die selbst im Vatikan noch nicht für eine Disqualifikation aufgrund anormaler Gelüste sorgen würde. Dann aber geht Sinan in die Sendezeitvollen: "Ich hatte Anfang dieses Jahres auf einem Influencer-Geburtstag einen Dreier mit einem Mann und einer Frau!" Spätestens da allerdings wird es für die Vertreter der Enthaltsamkeitsritter um den Heiligen Stuhl langsam zu unkeusch. Sex, okay. Dreier, okay. Aber Influencer?

Konkrete Details über das ungezügelte Partykopulieren des 19-jährigen TikTok-Follower-Giganten Sinan möchte ich an dieser Stelle aussparen, auch weil gelegentlich meine Mutter mitliest. Nur so viel: Im Laufe der Geburtstagsnacht landete Sinan in einem Zimmer mit einer jungen Frau und einem anderen Mann und musste der Beischlaf-Protagonistin mehrfach "das Kissen in den Mund stopfen". Disziplinarmassnahme während des wilden Reproduktionsaktes wurde notwendig, weil: "Die hat ja so laut gestöhnt!" Spätestens an dieser Stelle der Coitus-Doku aus dem Hause Movez kommen dem Dreier-Sachverständigen Matze Höhn, auch bekannt als der Jonathan Frakes der Reality-Formate, erste Zweifel: "Naja, ob das alles wirklich so stattgefunden hat?" Vielleicht also demnächst bei "X-Factor". Nur so können wir zweifelsfrei feststellen: Ist diese Geschichte wahr oder frei erfunden? Bis dahin hoffe ich inständig, Sinan hat sich für diese herzerwärmende Love-Story über Deutschlands erste Influencer-Dreierkette die Filmrechte gesichert. Übrigens, das an dieser Stelle nur am Rande: Das Mass Ichweissnichtbier kostet im Paulanergarten derzeit 6,69 Euro.

Weil trotz Beef in rauen Mengen die Mägen nach wie vor leer sind, muss zur Ablenkung von den testosterongeschwängerten Sexchroniken von Sinan Movez natürlich auch der tägliche Einkauf erledigt werden. Prompt schicken die Zuschauer Elena zu Ketchup-Papst Aaron Troschke in den Späti. Das läuft erstmal nur so mittelgut. Zum einen hat Sat.1 die Highlight-Produkte der ersten sechs Tage (Pasta und Toastbrot) ersatzlos aus dem Sortiment gestrichen. Zum anderen erdreht Glücksfee Miras lediglich enttäuschende sieben Euro Budget. Das reicht nur für zwei Säcke Kartoffeln und ein Glas Mayonnaise.

Beim Abendessen geraten dann auch noch Matze und Verena aneinander, weil der Olli-Kahn-Verflossenen die Weitergabe des Salzstreuers zu lange dauert. Matze ist bei sinnlosen Sendezeitmanövern jedoch wenig kompromissbereit: "Verena ist ultragenervt, weil sie diese Nominierungs-Scherpe trägt, dieses hinterfotzige Verhalten geht mir auf den Sack! Ich weiss, dass sie am Ende jedem hier ein Messer in den Rücken rammen würde!" Um diese Einschätzung zu untermauern, bellt er Verena Kehrt quer über den Esstisch an: "Es geht nur um dein Ego!"

Mike Heiter muss gegen Elena Miras antreten

Anschliessend führt Big Brother eine spontane Disziplinarmassnahme durch. Da Jochen als Gentleman der alten Schule für das letzte ausstehende Duell zwischen ihm und Cecilia angekündigt hatte, absichtlich verlieren zu wollen, schickt Sat.1 vertretungsweise Elena für Cecilia und Mike für Jochen in die Games-Arena. Der Gewinner darf einen Promi von der Exitliste streichen. Endlich mal eine gute Nachricht für Mike. Sollte er gewinnen, kann er den Fauxpas ausgleichen, durch den Leyla seinetwegen auf der Nominierungsliste landete und sie dort wieder streichen lassen. Das ist vermutlich auch die Hoffnung von Leyla. Eine interessante Konstellation, die viele Nuancen bereithält: Um seine jetzige Freundin zu schützen, muss Mike seine Ex-Freundin im direkten Duell schlagen.

In einem Mass-an-Mass-Bierkrug-Rennen gewinnt Elena am Ende gegen Mike. Damit ist Cecilia geschützt, während sich Jochen auf der Nominierungsliste wiederfindet. Verlierer-Bierschubser Mike wird zur Verkündung des Ergebnisses zurück ins Wohnzimmer der D-Promi-Wohngemeinschaft geschickt. Thekenwunder Elena kann derweil ihren Gewinnerbonus einlösen und einen der sieben Kandidaten, die auf der Exit-Liste stehen, schützen. Ziemlich schnell wird klar, dass es weder Verena noch Leyla sein werden: "Für mich kommen nur Sinan oder Sarah in Frage. Sarah hat mir das Geschützt-Band gegeben!" Aus Fairnesssicht im Prinzip also ein No-Brainer. Dennoch tut Elena sich mit der Entscheidung zwischen den beiden TikTok-Followermillionären schwer. Überraschend wählt sie Sinan. Die Vorgeschichte, dass sie nur aufgrund von Sarahs Wohlwollen selbst nicht nominiert wurde, blendet sie dabei offenbar aus.

Damit verbleiben Verena Kerth, Sarah Wagner, Leyla Lahouar, Jochen Horst, Matze Höhn und Max Kruse auf der abschiedsgefährdeten Auswahlliste. Nun sind erstmals die Zuschauer am Zug. Wer darf bleiben? Sechs Kandidaten, sechs Telefonnummern. Wer am meisten Anrufe seitens der Couch-Jury erhält, darf bleiben. Dahingehend ist das System nicht sonderlich kompliziert. Als besonderes Betthupferl für die Fangemeinde, die den kommenden Tag mit dem ersten Zwangsauszug kaum erwarten kann, verrät Head-Moderatorin Marlene Lufen als Bonus auch noch, dass am nächsten Tag sogar direkt zwei Kandidaten das Zeitliche im PBB-Kosmos segnen werden. Grosskampftag an den mobilen Endgeräten, denn ausschliesslich per Anruf oder SMS können Fans ab jetzt 24 Stunden lang ihre Lieblinge davor bewahren, als erste aus dem Haus exekutiert zu werden. Welche vier der sechs nominierten Kandidaten sich am Ende retten können, das verrate ich genau hier. Bis dann.

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