Der vierte Tag im Containerparadies für Ex-Berühmtheiten am Karrierescheideweg beginnt motivations-fördernd und müdigkeits-bekämpfend sehr früh am Morgen mit einer auf 4.000 Dezibel in die Gehörgänge der D-Promi-Reisegruppe gepressten Tanzversion des Deichkind-Klassikers "Remmidemmi".

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Vor allem in Elena Miras und Mimi Fiedler weckt das den inneren Joachim Llambi und beide tanzen minutenlang mehr oder weniger im Takt durch die Matratzenlandschaft des Gemeinschaftsschlafsaals, als wären sie im Trainingslager für den Discofox-Marathon bei "Let´s Dance".

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Jochen Horst, der phänotypisch ein wenig so wirkt, als hätte er zuletzt im Jahr der Wiedervereinigung die Tanzfläche mit derart skurrilen Dancemoves rasiert, beobachtet das Szenario mit leichter Skepsis. Er sieht aus. als würde er sich fragen, ob er selbst nach einigen Sekunden Miras/Fiedler-Tanzunterricht umgehend bei seiner Krankenkasse ein neues Hüftgelenk beantragen müsste. Vielleicht fehlt ihm als 1961 geborener Babyboomer auch der Zugang zu Deichkind. Wer Anfang der 60er Jahre in Osnabrück geboren wurde, ist ja eher mit James Last aufgewachsen als mit Electropunk.

Das zweite publikumswirksame Tratschthema - und das innerhalb von 24 Stunden

Erstmal wachgetanzt ist Mimi Fiedler umgehend im Sendezeit-Modus. Noch bevor die letzten Langschläfer überhaupt realisieren, dass bereits ein neuer Tag angebrochen ist, hat Fiedler nach der Sexbeichte von gestern mit Dating-Details bereits das zweite publikumswirksame Tratschthema innerhalb von 24 Stunden im Repertoire und berichtet weitestgehend ungefragt von einem Mann, den sie haarscharf vor dem Einzug in den Promi-Big-Brother-Herbsturlaub kennengelernt, bislang aber nur via Facetime live erlebt hat. Bevor sie kommendes Jahr 50 wird, möchte sie mit dieser aufregenden Herzschmerz-Romanze noch mal 15 sein und mit ihren Klassenkameradinnen über Jungs tuscheln. Klatschreporterin Bea Peters und auch der Rest der WG-Gemeinschaft der Karriereschiffbrüchigen fiebern den gesamten Vormittag mit Mimis Ausführungen und Wissbegierde mit.

Mimi, die lange verheiratet war und daher seit Jahrzehnten keine Dates mehr absolviert hat, fordert aktives Verhaltenstraining von ihren Mitbewohnerinnen. Und da ist sie bei Promi Big Brother natürlich genau an der richtigen Adresse, denn seit der Erfindung des Dating-Entertainment-Fernsehens tummeln sich im Reality-TV hauptsächlich Protagonistinnen und Protagonisten, die quasi hauptberuflich flirten und daten und sich reichweiten- und instagramfolloweroptimierend durch sämtliche Promiskuitäts-Formate fummeln. Wer also könnte sie besser beraten als die professionellen Showfremdgeher aus der "Temptation Island"-Fraktion?

Nach kurzer Schilderung der Sachlage beteuert Mimi Fiedler jedenfalls, sie bräuchte für das nach Beendingung des PBB-Experiments für sie umgehend anstehende erste Date mit besagtem Hofmacher-Kandidaten "auf jeden Fall Hilfe". Das Dating-Tutorial der PBB-Abschlussklasse von 2024 konzentriert sich statt auf verbalromantische Hinweise oder erotische Verhaltenstipps dann allerdings in erster Linie auf die ebenfalls wichtige, optimale Exit-Strategie, falls sich das Date nach kurzer Zeit als Fiasko erweisen sollte.

Offene Worte: Mimi Fiedler enthüllt Details über ihre Alkoholsucht

Mimi Fiedler enthüllt Details über ihre Alkoholsucht

Bei "Promi Big Brother" spricht Mimi Fiedler offen über ihre jahrelange Alkoholsucht und enthüllt schockierende Details. Heute kämpft sie gegen den Rückfall und hat den Alkohol hinter sich gelassen.

Schnell ist man sich einig, dass eine Freundin zu einem abgemachten Zeitpunkt oder nach einem diskreten Hinweis per WhatsApp anrufen und ein erfundenes Horrorszenario schildern sollte, das Mimi dann umgehend zum Abbrechen des Dates zwingen würde. Der sogenannte Escape-Call. Damit könne Mimi sich dann, das ist der wichtigste Tipp der flirterfahrenen, durchtätowierten Paartherapeuten aus der "Love Island"-Expertenriege, aus der Affaire ziehen, ohne dem gedanklich bereits in die ewigen Dating-Jagdgründe verabschiedeten Mann auf der anderen Seite des Tisches ein Gefühl der Unzulänglichkeit, Langeweile oder Sinnlosigkeit zu vermitteln.

"Was? Mein Auto brennt?" - und ab in die Freiheit

Fussballlegende Max Kruse berichtet in diesem Kontext sogar von einem ominösen, aber nicht näher beschriebenen "Freund" (ja, ja, haha), der sich aus unangenehmen Dating-Szenarien stets mit dem panisch ins Handy gebrüllten Satz "Was? Mein Auto brennt?" in die Freiheit gerettet hat. Jedenfalls bis er diese Variante irgendwann versehentlich bei derselben Frau ein zweites Mal durchgezogen hat. Nach zwei bis drei weitestgehend frontaldesaströs ablaufenden Testläufen, bei denen Mimi ihren Telefon-Rettungsjoker mit bemerkenswerter Zielgenauigkeit an die Wand fährt, ist auch Jochen Horst wieder auf Normalniveau und erinnert sich an den Klischeeweltmeister in ihm: "Du bist doch eine Frau, du kannst doch lügen!"

Nach Mimis zukünftigem Liebesleben steht das nächste Empörungsthema bereits in den Startlöchern. Finanz-Reporterin Bea Peters isoliert sich zusehends von der Gruppe, indem sie recht eindeutig zeigt: Man bekommt die Klatsch-Reporterin aus der "BILD"-Redaktion, aber die "BILD"-Redaktion nicht aus der Klatsch-Reporterin. Mit Fragen wie "Sinan, bist du eigentlich Millionär?" suggeriert sie ihren 13 Mitstreitern nicht unbedingt tiefes persönliches Interesse am Charakter des Gegenübers, sondern eher an seinem Geldbeutel.

Dagegen ist der skurrile Langeweile-Diskurs von Max Kruse, Daniel Lopes, Jochen Horst und Verena Kerth beinahe schon Weltliteratur. Das Haushalts-Quartett tauscht sich eine gefühlte Ewigkeit darüber aus, wie man optimal eine Spülmaschine einräumt. Vor dem Hintergrund, dass sich Trash-TV-Teilnehmer formatübergreifend früher oder später immer gegenseitig vorwerfen, eigenartige Themen hochkochen zu lassen, um sich sendezeitoptimierend positionieren zu können, eine bizarre Situation. Wer tatsächlich denkt, man könne die Herzen der Reality-Trash-Fans mit Spülmaschinen-Einräumkursen gewinnen, hat eine sehr originelle Auffassung von publikumswirksamen Interessensbereichen.

"Schick sie nach Hause, über den Rest reden wir morgen!"

Umgekehrt proportional zur rekordverdächtigen Einfallslosigkeit der Spülmaschinen-Trivialität entwickelt sich dann der Jungsausflug in den Whirlpool. Ex-Nationalspieler Max Kruse lässt sich zu einer brisanten Escort-Beichte im Rahmen eines Länderspiels im Vorfeld der WM 2014 hinreissen. Ihm fehlt offenbar das Diskretions-Gen. Freimütig berichtet er, wie er nach einer Pokernacht mit anderen Spielern vor einem Spiel in England von seinen Nationalmannschaftskollegen gesagt bekam: "Max, mit der Kohle, die du gerade gewonnen hast, kannst du dir doch eine Frau aufs Zimmer kommen lassen". Als echter Mann natürlich eine Verpflichtung. Unglücklicherweise wurde Kruse mit der frisch eingetroffenen Dame später in der Nacht vom damaligen Co-Trainer Hansi Flick auf dem Flur erwischt, der dann umgehend mit Oliver Bierhoff in seinem Hotelzimmer vorstellig wurde und eine unmissverständliche Botschaft vermittelte: "Schick sie nach Hause, über den Rest reden wir morgen!"

Kruse beteuert zwar, dass er sich anschliessend durchgehend tadellos verhalten habe, Jogi Löw, Bierhoff und Flick ihn aber dennoch "rasiert" haben. Der Animierdamen-Eklat kostete Max die WM und auch den dort eingefahrenen Weltmeistertitel. Gerecht erscheint ihm das auch heute noch nicht: "Es gab viele andere, die das auch gemacht haben, aber vielleicht waren die cleverer als ich. Aber aus der ersten Elf, wenn das da einer gemacht hätte, da wäre das garantiert nicht passiert!"

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Zur Entspannung erzählen Mimi Fiedler, Alida Kurras und Cecilia Asoro anschliessend noch schnell ihre mystischsten Geschichten aus dem Reich der Toten. Es geht um unsichtbare Mädchen, Lampen, die ohne Strom brennen und Nachrichten von Toten im Keller. Kein grosser Fan von Horrorfilmen ist augenscheinlich Elena Miras. Sie hört sich alle Storys aufmerksam an, erlebt anschliessend aber eine akute Gruselphobie: "Ja, ich habe Angst vor Geister." Ja, und vor Grammatik.

"Also ich hätte das an eurer Stelle nicht gemacht!"

Zum Abschluss treten in der obligatorischen Games-Arena-Zeitfüllstoff-Challenge die Teams Mike Heiter/Mimi Fiedler und Jochen Horst/Verena Kerth gegeneinander an. Der Elena-Ex und die Neudating-Expertin gewinnen und bekommen traditionell eine Medaille für Nominierungsschutz, die sie dann an einen der beiden vergeben müssen. Beide lehnen exaltiert wortreich ab. Mimi gewinnt am Ende das "Du, nein Du, nein Du"-Wortgefecht und zwingt Mike die Medaille auf. Anders als bislang dürfen die Verlierer allerdings erstmals nicht nur aus dem eigenen Zweierteam auswählen, wer auf die Nominierungsliste gesetzt wird, sondern die Medaille der Exit-Gefahr auch an einen anderen Kandidaten weitergeben.

Wie aus der berühmten Pistole geschossen wählen sie Wildcard-Kandidatin Sarah Wagner. Die findet diese Entwicklung, eingebettet in eine ziemlich eindeutige und extrem schnelle Entscheidung gegen sie, überraschend nicht so toll: "Also ich hätte das an eurer Stelle nicht gemacht!" Der Ärger ist verständlich. Als sie selbst vor einigen Tagen ein Nominierungs-Spiel gewann, hatte sie den erspielten Nominierungsschutz Teamkameradin Elena Miras überlassen. Statt seit dem bereits geschützt zu sein, ist sie nun in akuter Exmatrikulationsgefahr. Jetzt müssen ihre 1,5 Millionen Tik-Tok-Follower zeigen, was sie können, und sie durch schützende Massenanrufe beim Exit-Voting davor bewahren, als allererste Kandidatin dieser Saison die WG der Eitelkeiten zu verlassen.

Nach vier Tagen Promi Big Brother sind damit acht Vorentscheidungen für den anstehenden ersten Rauswurf bereits gefallen: Mike, Alida, Bea und Elena sind geschützt und können auf keinen Fall des Containers verwiesen werden. Leyla Lahouar, Max Kruse, Sinan Movez und Sarah Wagner hingegen stehen bereits auf der sagenumwobenen Liste, die bei Fans des gepflegten Trash-TVs sogar noch verhasster ist als der Satz "Ich habe leider kein Foto für Dich" von Heidi Klum.

Mit der schockierenden Ego-Wahl von Jochen Horst und Verena Kerth entlässt Sat.1 die cliffhangermüden Stammzuschauer in eine unruhige Nacht: Wie hoch werden die Wellen ob dieser kameradenfeindlichen Entscheidung schlagen? Wird Verena Kerth sich wie üblich 24 Stunden um Kopf und Kragen reden, um sich von jeder Schuld reinzuwaschen? Dazu dann alle Detailinfos genau hier an dieser Stelle direkt morgen. Bis dann!

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