501, 180, Bull’s Eye, Double Out: Seit einigen Jahren ist Darts en vogue und ProSieben hat diesen Trend gerne mitgenommen. Am Samstagabend rief der Sender nach einer Corona-Pause nun wieder zur "Promi-Darts-WM". Am Ende holten sich Kevin Grosskreutz und Michael van Gerwen den Titel, lange Gesichter gab es hingegen beim deutschen Darts-Star Gabriel Clemens, dem frisch gekrönten Weltmeister Michael Smith – und Oliver Pocher.

Christian Vock
Eine Kritik
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Darts hat in den vergangenen Jahren eine erstaunliche Entwicklung durchgemacht. Es ist noch nicht lange her, da kannte man die Pfeile-Werferei nur aus Kneipen und Jugendherbergen – oder natürlich aus Notaufnahmen, wenn Menschen aus Kneipen und Jugendherbergen ihre Zielgenauigkeit oder Reaktionsgeschwindigkeit überschätzten.

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In der Zwischenzeit hat Darts auch in Deutschland den Sprung von Kneipen, Jugendherbergen und Notaufnahmen ins Fernsehen geschafft. Und so konnte man bis vor kurzem dabei zusehen, wie der Deutsche Gabriel Clemens alle überraschte und es bei der WM bis ins Halbfinale schaffte und wie der Engländer Michael Smith im Finale den grossen Favoriten Michael van Gerwen schlug.

ProSieben hat vor ein paar Jahren erkannt, dass man aus der Darts-Begeisterung etwas machen kann und hat das dann auch mit den Mitteln umgesetzt, die der Sender am besten beherrscht: Promis, Dauerwerbung und Überlänge. "Promis-Darts-WM" heisst das Ganze und nach drei Jahren Corona-Pause schmissen sich am Samstagabend nun wieder die Promis die Pfeilchen um die Ohren.

"Promis-Darts-WM 2023": Peter Wright und "Hochstapler" Pocher

Damit das Ganze für Teilnehmer und Zuschauer aber nicht von einer überlangen zu einer lebenslangen Show wird, wenn ungeübte Promi-Hände Pfeile auf die Scheibe werfen, wurde jedem Promi ein Darts-Profi an die Seite gestellt. Das sorgt beim genauen Blick auf die Teilnehmerliste für ein interessantes Phänomen. Denn nach Jahren des Darts-Booms kann man nicht immer mit absoluter Sicherheit sagen, wer denn hier nun prominenter ist – der Promi oder der Darts-Profi.

Folgende Promi/Darts-Profi-Teams hat man in zwei Dreier-Gruppen ins Maritim-Hotel nach Düsseldorf kommen lassen:

Auf der Bühne moderiert Christian Düren, sein Pendant am Kommentatoren-Tisch heisst Elmar Paulke. Die Regeln sind denen einer echten Darts-WM nicht unähnlich. 501 Punkte müssen mit den Darts "heruntergespielt" werden, wer zuerst bei Null landet, gewinnt die Runde. Die Profis müssen wie gewohnt die Runde mit einem Treffer in ein Feld mit doppelter Punktzahl beenden, den Promis reicht ein Treffer auf die noch offene Punktzahl. Zwei Runden müssen für den Sieg in einem Spiel gewonnen werden. Die Gruppenersten kommen direkt ins Halbfinale, die Gruppenzweiten und -dritten spielen hingegen eine Zwischenrunde.

Oliver Pocher ausgebuht - Amira: "Was soll denn das?"

Die Vorbereitung sind die Promis höchst unterschiedlich angegangen, Henning Wehland etwa soll im Vorfeld an zwei Turnieren teilgenommen haben. Oliver Pocher hingegen hat mehr Wert aufs Optische gelegt und erscheint mit der geliehenen Irokesen-Frisur von Peter Wright – nur statt eines Schlangenkopfes ziert ein Seepferdchen die Pochersche Kopfseite. Mit einem "Imposter", also "Hochstapler", nimmt das Original, Peter Wright, Pochers neue Frisur lachend zur Kenntnis.

Was auch immer sich Pocher dabei gedacht hat – das Seepferdchen lässt auf angenehme Weise ein bisschen die Luft aus dem bisweilen unangenehmen Hypermännlichkeitsgepose von Veranstaltungen wie dieser. Ob es nur an der Frisur liegt, ist Spekulation, Tatsache aber ist, dass Oliver Pocher an diesem Abend nicht besonders gut ankommt. Denn immer, wenn Pocher zusammen mit Fallon Sherrock an die Scheibe tritt, kommen Buh-Rufe aus den Rängen. "Was soll denn das? Ich versteh' das nicht, der macht doch gar nichts", nimmt Amira Pocher ihren Mann in Schutz.

Etwas später weicht die Sorge um ihren Gatten dann kurz dem innerfamiliären Konkurrenzkampf. Denn in der Zwischenrunde kämpfen die Pochers und ihre Darts-Profis gegeneinander um den Einzug ins Halbfinale. Nachdem Amira die erste Runde zur Begeisterung des Publikums gleich mit ihrem ersten Pfeil beendet, macht ihr Partner, Peter Wright, dann in Runde zwei den Deckel drauf und schickt Oliver Pocher nach Hause.

Im Halbfinale fliegt dann zwar auch Amira Pocher raus, ist aber trotzdem stolz auf ihre sportliche Entwicklung: "Heute Morgen hab ich nur den Boden getroffen."

Michael van Gerwen und Kevin Grosskreutz gewinnen die "Promi-Darts-WM"

Und sonst so? Bülent Ceylan eröffnet die Darts-WM mit ordentlichen 50 Punkten und lässt sich dafür gleich mal vom Publikum feiern. Mehr Grund zum Feiern hat etwas später sein Partner Gerwyn Price, als er im Halbfinale mit 154 Punkten den höchsten Check-out des Abends schafft. Deutlich weniger Glück hat hingegen Michael Smith. Der amtierende Weltmeister scheidet in der Zwischenrunde gegen Henning Wehland und Gabriel Clemens aus, weil sein Partner, Matthias Killing, ein bisschen zu genau zielt und statt einer einfachen zwölf eine doppelte zwölf trifft.

Bei der "Promi-Darts-WM" spielt also dank der Promis der Zufall eine nicht ganz unbedeutende Rolle. Trotzdem dürften auch Fans von "echtem" Darts-Sport Spass an diesem Abend gehabt haben, auch, weil Elmar Paulke mit Kommentaren wie "Die haben das Problem, dass sie nicht ihren gewohnten Rhythmus spielen" ein bisschen Seriosität in die ganze Veranstaltung bringt, als Michael Smith einen scheinbar sicheren Wurf vergeigt.

Und so ist es sportlich ein mal ernsthafter, mal vogelwilder Abend, der gut zur Darts-typischen Gaga-Bierlaune-Karneval-Atmosphäre im Publikum passt. Im Finale kommt es dann zum Duell Ceylan/Price gegen Grosskreutz/van Gerwen, die im Halbfinale Henning Wehland und Gabriel Clemens rauswarfen. Am Ende wirft Michael van Gerwen um 0:29 Uhr mit einem Treffer in die Doppel-20 sich und seinen Partner Kevin Grosskreutz zum Titel.

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