Nach dem Auszug von Nikola Glumac müssen sich in der sechsten Folge von "Promis unter Palmen" die Lager neu sortieren. Völlig umsonst, denn ein Eklat um eine Gewaltandrohung überschattet das Geschehen. Und zeigt, dass Sat.1 keine Kontrolle über die Kandidaten, die Show und das eigene Verständnis darüber hat, was genau eigentlich Fernsehunterhaltung sein soll.

Christian Vock
Eine Kritik
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Spoiler-Warnung: Die sechste Folge von "Promis unter Palmen" ist seit dem 17. März bei Joyn zu sehen, aber erst am 24. März bei Sat.1.

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"Nikola fehlt hier drin auf jeden Fall", zitiert der Schnitt Chris Manazidis und erinnert damit daran, dass Manazidis selbst seinen Villen-Genossen Nikola Glumac in der vergangenen Folge auf die Nominierungsliste gesetzt und seinen Abgang dadurch erst möglich gemacht hat. Was Manazidis damit aber gleichzeitig unmöglich gemacht hat, sind ein paar Handlungsoptionen für seine Kolleginnen und Kollegen.

Denn Glumac kann nicht mehr mit Kürsat "Chico" Yildirim streiten, das Team Manazidis verliert einen Mitstreiter im Kampf gegen "die anderen" und der Billo-TV-Liebelei von Melody Haase und Glumac wurde ein jähes Ende gesetzt. Durch Glumacs Rauswurf brennt es also an allen Trash-TV-Ecken und Enden, die Produktion und ihre prominenten Auftragnehmer müssen die Show inhaltlich also noch einmal neu aufstellen. Kurzum: Es muss wieder etwas passieren.

Und genau an dieser Stelle zitiert Sat.1 wieder Chris Manazidis: "Es spitzt sich immer mehr zu", lautet Manazidis' verheissungsvolle Antwort, nur leider kennen wir die Frage nicht und wissen daher nicht, was genau sich zuspitzt: Die Situation im Haus? Die Krise bei Schalke 04? Die Lage am Devisen-Markt? Ein Bleistift? Nein, wir wissen es nicht, müssen es aber auch gar nicht, lassen wir also stattdessen dem Niveau freien Lauf.

Kürsat "Chico" Yildirim fliegt nach Gewaltandrohung

Die beiden Teams aus Chris Manazidis, Iris Klein und Lisha Savage auf der einen und Menowin Fröhlich, Melody Haase und "Chico" auf der anderen Seite überlegen sich, wie sie ihre Teams wohl am besten durch die verbleibenden Tage der Show bringen. Um ihre Gedanken abzukürzen, arrangiert Sat.1 ein Spiel, bei dem die Promis erst in Krebskostüme und dann bis zum Hals in den Sand des Strandes gesteckt werden. Doch bevor der Anpfiff ertönt, gibt es bereits den Abpfiff. Denn während sie noch eingebuddelt werden, schickt Lisha abfällige Bemerkungen über den kleinen "Chico" an Yildirim.

Der greift die Beleidigungen auf, die allerdings von Sat.1 gepiept werden, sodass wir uns hier auf die Zeugenaussage von Chris Manazidis verlassen müssen: "Das, was Chico von sich gegeben hat, ist einfach so ein Ding, das überschreitet wieder 'ne ganz klare Grenze", berichtet Manazidis und Sat.1 ergänzt: "Und genau deswegen unterbrechen wir das Spiel. Die Androhung sexueller Gewalt hat bei uns keinen Platz." Genau genommen hat sie das eben schon, denn Sat.1 piept die Worte zwar, zeigt die Szene aber trotzdem und das Drumherum auch.

Ein Dilemma, das man nicht erst einmal bei "Promis unter Palmen" hatte – genauso, wie bei anderen Shows. Alkohol, Raum für Selbstdarstellung, erniedrigende Spielchen, Konkurrenzdruck und vor allem diesbezüglich einschlägiges Personal – erst stellt man alles bereit und ist dann überrascht, wenn es knallt. "Wo sind wir hier gelandet, was ist aus dem Reality-TV geworden?", hört man Lisha Savage während der Unterbrechung fragen, ehe sie sich selbstkritisch gibt: "Ich bin mit Sicherheit kein Unschuldslamm und ich streite auch und ich beleidige auch mal. Das war einfach too much."

Rauswurf und Verwarnung – "Was soll man machen?"

Too much ist es auch für Sat.1 – zumindest behauptet man das. "Gewalt bleibt Gewalt, auch wenn sie nur angedroht wurde. Das tolerieren wir nicht. Schon gar nicht in einem sexuellen Zusammenhang", erklärt der Off-Sprecher und weil "Chico" bereits einmal verwarnt wurde, muss er nun die Show sofort verlassen. Ob das im Umkehrschluss bedeuten würde, dass er ohne diese Verwarnung hätte bleiben können, lässt der Off-Sprecher allerdings offen. Stattdessen erklärt er: "Lisha wird auch noch verwarnt werden, da sie mit eskaliert hat."

Was genau die Beleidigungen Lisha Savages von ihren früheren Beleidigungen unterscheidet, nach denen sie nicht verwarnt wurde, bleibt genauso ungeklärt wie die Frage, wie der Off-Sprecher auf die Idee kommt, in der Form weiterzumachen, wie er es tut. Zur Erinnerung: Gerade erst soll ein Kandidat einer Kandidatin sexuelle Gewalt angedroht haben, nun leitet der Off-Sprecher die Fortsetzung so ein: "Das Spiel geht heute nur im Krebsgang voran, aber: Was soll man machen?", fragt der Sprecher lapidar, als die nicht rausgeworfenen Promis mit ihren Krebskostümen zurück in ihre Sandlöcher dackeln.

Eigentlich wäre das der Zeitpunkt gewesen, an dem man bei Sat.1 hätte sagen müssen: "Okay, wir hatten das Mobbing in der ersten Staffel, die homophoben Äusserungen in der zweiten und in der dritten Staffel nun die Androhung von sexueller Gewalt – von den ganzen anderen Beleidigungen, die sich die Promis an den Kopf werfen, ganz zu schweigen. Ganz offensichtlich haben wir die Show nicht im Griff und wie wir mit all dem umgehen erst recht nicht. Also machen wir endlich Schluss damit."

Menowin Fröhlich fällt Melody Haase in den Rücken

Macht man aber nicht. Stattdessen scheint man sich bei Sat.1 gedacht zu haben: "Okay, egal wie niveaulos das Ganze hier ist, die Leute gucken es trotzdem. Also drauf gepfiffen, lassen wir es weiterlaufen." Und genau das macht man dann auch. Die Promis spielen das alberne Krebsspiel weiter, als sei nichts gewesen, Melody Haase bringt Claudia Obert das Twerken bei – ob die will oder nicht, Menowin Fröhlich gönnt sich nach einem misslungenen Salto eine Auszeit beim Arzt und weil gerade ein bisschen Ruhe eingekehrt ist, schickt Sat.1 Nikola Glumac zurück in die Villa.

"Fake as Fuck", kommentiert Melody Haase die Freude von Manazidis über Glumacs Rückkehr, da er doch seinen vermeintlichen Freund erst nominiert hat und Glumac beleidigt Haase als "unreale Person", weil die ihm einst ihre Stimme gegeben hat. Und Sat.1? Sat.1 kommentiert das Ganze mit "Hier bekommt jeder genau das, was er verdient hat. Zum Beispiel: Kaltgetränke" und liefert den Promis noch mehr Alkohol. Der Erfolg stellt sich sofort ein, denn Glumac, Haase und Savage schreien sich sofort gegenseitig an.

Nach einer cleveren Teamzusammenstellung, um entweder Chris Manazidis oder Lisha Savage rausschmeissen zu können, und der provokativen Leistungsverweigerung von Melody Haase beim Nominierungsspiel landen tatsächlich Manazidis und Iris Klein auf der Abschussliste. Doch Menowin Fröhlich ändert zum Entsetzen von Haase plötzlich den Plan, weil er glaubt, er sei erstens der "Nachfolger Jesus" und zweitens für den ganzen Trouble verantwortlich.

Und so stehen am Ende von Folge sechs der Rauswurf von Iris Klein sowie eine Mischung aus sexuellen Beleidigungen, Gewaltandrohungen, Kindergeburtstagsspielen, völlig deplatzierten Off-Kommentaren und einem stumpfen Gesäss-Gewackel. Oder wie es Sat.1 nennt: Fernsehunterhaltung.