"Mein Baby gehört zu mir, ist das klar?": 1987 kam der Tanzfilm "Dirty Dancing" in die Kinos. Da man das im Fernsehen nicht, wie bei Geburtstagen eigentlich üblich, jedes Jahr feiern kann, macht RTL am Samstagabend eben eine Jubiläumsshow zum 35. Das ist ganz oft ein bisschen bieder, manchmal lustig, immer nostalgisch und einmal sogar etwas bizarr. Als nämlich Oliver Pocher mit Vanessa Mai tanzt und mit sich selbst.

Christian Vock
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Kinder, wie die Zeit vergeht. Eben sass man noch in seinen Karotten-Jeans im Kinosessel und hat mit "Baby" eine Wassermelone in die zwielichtige Tanzlehrerhöhle bei "Kellerman’s" getragen, schon sitzt man 35 Jahre und zwei abgebrochene Tanzkurse später auf dem Sofa und sieht sich an, wie sich Oliver Pocher bei RTL zu Ehren von "Dirty Dancing" zu einer Hebefigur hochwuchten lässt.

Mehr News über TV-Shows

Ja, es ist viel passiert, seitdem Patrick Swayze vom berühmten "Fackeln im Sturm"-Schauspieler als Tänzer "Johnny" zum Weltstar wurde und die damals noch weitgehend unbekannte Jennifer Grey als Frances "Baby" Houseman die Rolle ihres Lebens spielte. Patrick Swayze ist inzwischen verstorben und Grey legte in den 1990ern durch eine Nasen-OP ihre Karriere ein bisschen selbst auf Eis, weil man sie danach nicht mehr so recht erkannte.

Von beiden geblieben ist aber der Mega-Filmhit "Dirty Dancing", der fast nur von seinem eigenen Soundtrack im Erfolg überboten wurde. Geblieben sind aber auch einige der bekanntesten Filmszenen und -Sätze, wie etwa die berühmte Hebefigur im See oder eben der Satz "Ich habe eine Wassermelone getragen".

Tahnee: "War halt nur leider kein Patrick Swayze in der Tanzschule. Nur der Jürgen"

Aus all dem, dem Jubiläum, den charismatischen Hauptdarstellern, dem Soundtrack und den ikonischen Film-Szenen macht RTL nun an diesem Samstagabend eine Geburtstagsfeier und will dabei herausfinden, was den Film eigentlich zu einem Klassiker macht, den man sich auch zum zwanzigsten Mal anschaut. Die schnelle Antwort: Na eben genau das, die charismatischen Hauptdarsteller, der Soundtrack und die ikonischen Film-Szenen.

Das findet RTL auch heraus, geht dabei aber den Umweg über die leider in Mode gekommenen kurzen Interview-Einspieler, in denen TV-Gesichter zum jeweils aktuellen Thema befragt werden und ein paar Statements abgeben. Und so dürfen am Samstag eben Promis wie Marco Schreyl, Marijke Amado, Evelyn Burdecki, Katrin Müller-Hohenstein oder Guildo Horn ihre Meinungen und Anekdötchen zu "Dirty Dancing" loswerden.

Das ist dann einmal zu oft eine Aneinanderreihung von Plattheiten, wenn etwa Burdecki, 1987 noch nicht geboren, über "Dirty Dancing" sagt: "Ich find den Film total sexy" oder Katrin Müller-Hohenstein Ähnliches über Patrick Swayze loswird: "Patrick Swayze war ein wunderschöner Mann. Tanzen konnte der." Da ist es gut, dass Promis wie die Komikerin Tahnee das Ganze ein bisschen sarkastisch auflockern: "War halt nur leider kein Patrick Swayze in der Tanzschule. Nur der Jürgen."

Limbo-Schieben mit Vanessa Mai, Rebecca Mir und Joachim Llambi

So viel zu den Promis, die am Samstag nicht persönlich vor Ort waren, nun zu denen, die zur Moderatorin des Abends, Janin Ullmann, aufs XXL-Sofa tänzeln durften: Vanessa Mai, Rebecca Mir und Joachim Llambi. Die waren natürlich da, um ihre eigene "Dirty Dancing"-Geschichte zu erzählen, müssen sich aber auch in allerlei Motto-Spielchen üben. Für den Sieger gibt am Ende eine "goldene" Wassermelone für all die Strapazen. Die sind allerdings weniger körperlicher als vielmehr geistiger Natur und auch nicht für die Promis, sondern für den Zuschauer.

Denn so richtig spannend ist das Song-Erraten, Details aus Filmausschnitten-Erkennen oder Filmtitel-Erraten nicht, beim Limbo-Tanzen wird es sogar ein bisschen unangenehm. Denn als Vanessa Mai und Rebecca Mir den mit einer Frances-"Baby"-Houseman-Puppe bestückten Joachim Llambi unter einer Limbo-Stange hindurch schieben, ist man sich sicher, dass es nur wenige Show-Momente gibt, die von weniger Lust auf gute Fernsehunterhaltung zeugen.

Eher aus der Abteilung "skurril" ist hingegen das Spiel "Wer tanzt mit mir?". Hierbei stellen die Promis die bekannte Szene nach, in der Penny, "Baby" und Johnny zu dritt das Tanzen üben. In der Geburtstagsshow tanzt nun immer ein Gast mit Oliver Pocher und einer Profitänzerin, die eine Promi-Maske trägt. Welche Maske das ist, soll der Promi in der Mitte des Tanz-Sandwiches mit "Ja-Nein"-Fragen herausfinden. Als besonderen Gag hat man sich bei Vanessa Mai dann ausgedacht, dass die Profi-Tänzerin doch eine Oliver-Pocher-Maske tragen könnte.

Oliver Pocher überall

Die Klärung der Fragen ist zwar noch recht unterhaltsam, doch die Tatsache, dass da Vanessa Mai mit dem echten Oliver Pocher ein Quiz tanzt, während hinter ihr eine Tänzerin eine Oliver-Pocher-Maske trägt und mittanzt, wirkt doch reichlich bizarr. Findet auch Oliver Pocher: "Das war wirklich ‘ne kranke Nummer. Zwei Pochers, von hinten und von vorne."

Nun gut, kann man da sagen, es kann ja nicht jeder Einfall sitzen bei so einer Show und das wäre in der Tat verzeihlich. Zumindest wenn man sonst den Eindruck gehabt hätte, dass sich RTL bei seiner Geburtstagsfeier richtig Mühe gegeben hat. Das hat man aber nicht: ein paar halbspannende Spiele, ein bisschen Filmwissen en passant und eine Kulisse, die es nicht gab. Man muss ja kein Millionenbudget verballern, aber man hätte statt ein blankes Studio zu nehmen, ja auch ein bisschen das "Dirty Dancing"-Ferienressort nachbauen können oder zumindest eine Tanzschule.

Es wäre einem auf jeden Fall ein bisschen mehr eingefallen, als zwei "Dirty Dancing"-Figürchen auf den Couchtisch zu stellen und die Promis um kleine Wassermelonen spielen zu lassen. Das "Dirty Dancing"-Feeling, das am Anfang noch beschworen wurde – im Studio war es jedenfalls kaum zu spüren. Das ändert dann auch das Showfinale nicht, als sich, wie mehrfach angekündigt, Oliver Pocher im "Baby"-Outfit von vier Tänzern zur Hebefigur hochwuchten lässt.

Mehr News zu TV-Shows finden Sie hier

Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "So arbeitet die Redaktion" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen. Unsere Berichterstattung findet in Übereinstimmung mit der Journalism Trust Initiative statt.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.