In der sechsteiligen ZDF-Dramedy "Aufgestaut" (ab 28. September in der ZDFmediathek) spielt Daniel Donskoy einen Polizisten, dessen Aufgabe darin besteht, Klimaprotestierende von der Strasse zu bekommen. Wir haben mit dem 33-jährigen Schauspieler über dieses Thema und über sein Leben in New York gesprochen.
Herr
Daniel Donskoy: Ich glaube, dass eigentlich doch schon alles gesagt ist, aber vielleicht in einer Art und Weise, die Menschen nicht erreicht. Darin liegt auch die Problematik. Eine polarisierte Gesellschaft schaut nun stumpf auf ein höchst politisiertes Thema und schafft es nicht, einen multiperspektivischen Blick auf die Klimakatastrophe, die Aktivisten und die Verantwortung der Politik und Exekutive zu werfen. Somit sind Meinungen zu diesem Thema oft in einem schwarz-weissen Muster. Ich hoffe, dass wir mit "Aufgestaut" auch die Grautöne dieser extrem wichtigen Debatte beleuchten können.
Auf welcher Seite stehen Sie persönlich? Können Sie beide Lager verstehen?
Ihre Frage steht exemplarisch für das Problem. Solange wir uns in einem Lagerdenken befinden, werden wir keine gemeinsamen Lösungen finden, die uns als Gesellschaft auf soziologischer Ebene weiterbringen. Weder werden so Lösungsansätze für die Klimakatastrophe gefunden, noch wird die Gesellschaft als Ganzes mitgenommen. Ich verstehe Ängste und Sorgen der Aktivistinnen und Aktivisten, verstehe den ökonomischen Blick der Politik und verstehe die Angst der Menschen vor Veränderung. Ich befinde mich in der Position eines Beobachtenden. Denn das ist die Aufgabe der Kunst. Zu beobachten und darzustellen, was man sieht. Im Idealfall multiperspektivisch.
Was halten Sie von dem Begriff "Klimakleber"? Wird diese Titulierung den Menschen gerecht, die zu teils drastischen Mitteln greifen, um auf die Klimaproblematik hinzuweisen?
Klingt für mich nach einem ganz klaren Fall von "Hat sich die Bild-Zeitung ausgedacht".
In "Aufgestaut" schlüpfen Sie in die Rolle eines Polizisten. Wie geht er mit den Protestlern um?
Der Kernkonflikt meines Charakters liegt in der gefühlten Sinnlosigkeit seiner Aufgabe. Er muss Protestierende mit Öl von der Strasse bekommen. Immer und immer wieder. Er setzt sich nicht mit dem Warum und Weshalb auseinander. Er ist die Exekutive und diese hat die Aufgabe, den Strassenverkehr freizuhalten. Ich verstehe seinen Verdruss und hoffe trotzdem, dass Polizisten weiterhin mit Empathie diese Aufgaben tätigen.
Sie selbst sind nicht nur Schauspieler, sondern auch Host und Musiker. Welcher Erfolg hat für Sie die grössere Bedeutung und warum: der Grimme-Preis 2022 für "Freitagnacht Jews" oder der Sieg bei "The Masked Singer" in demselben Jahr?
Man kann diese Sachen nicht vergleichen. Eine Late-Night-Show kreiert zu haben, die sich mit jüdischer Lebensrealität in Deutschland beschäftigt, und Celine Dion im Maulwurfskostüm bei ProSieben zu singen: Das sind doch sehr unterschiedliche Sachen. Aber ich liebe die Vielfalt der Möglichkeiten, um mich künstlerisch ausleben zu können. Was mich am meisten freut, ist, dass das beides gleichzeitig funktioniert.
Haben Sie mit Blick auf Ihre vielseitigen Begabungen und Termine überhaupt noch Freizeit und wenn ja, wie verbringen Sie diese am liebsten?
Tatsächlich sehr wenig. Und diese wenige Zeit versuche ich, in Familie, Freunde und Self Care aufzuteilen. Ob meine Aufteilung fair ist, brauchen Sie meine Familie aber nicht zu fragen. (lacht)
Als Schauspieler ist man viel auf Reisen, zudem pendeln Sie zwischen Berlin und London. Versuchen Sie dennoch, Ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten?
Ich halte meine Antwort hier kurz. An mir sollte man sich kein Vorbild nehmen.
Sie sind 33 Jahre jung. Machen Sie sich Sorgen um die nächsten Generationen?
Nein. Ich mache mir eher Gedanken um die Gegenwart.
Corona, Ukraine-Krieg, Naturkatastrophen, Proteste: Wie gelingt es Ihnen, trotz der Negativschlagzeilen der vergangenen Monate und Jahre positiv zu bleiben und Menschen – auch in Ihrer Funktion als Schauspieler – Optimismus mitzugeben?
Wenn man sich dem Sensationalismus ergibt und den ganzen Tag Doomscrolling (exzessives Konsumieren negativer Nachrichten im Internet; Anm.d.Red.) betreibt, wird man natürlich nicht mit einem breiten Grinsen im Gesicht aufwachen. Es liegt an uns selbst, herauszufinden, was uns glücklich macht. Das ist die wahre Lebensaufgabe. Wie fühlt man sich erfüllt und was kann man dadurch seinen Mitmenschen mitgeben?
Sie stehen gerade in New York auf der Theaterbühne. Können Sie uns mehr darüber erzählen?
Nach sieben Jahren stehe ich zum ersten Mal wieder auf der Theaterbühne. Wir arbeiten gerade an der Weltpremiere der Bühnenadaption von Wladyslaw Szpilmans Memoiren "Der Pianist". Viele kennen bestimmt den 2002 erschienenen und mit mehreren Oscars prämierten Film von Roman Polanski. Das Stück erzählt auf höchst emotionale Weise die Geschichte der Familie Szpilman, die bis auf Wladyslaw alle von den Nazis im Holocaust brutal ermordet wurden. Die Probentage sind sehr intensiv und es ist nicht immer einfach, die Brutalität zu begreifen. Ich freue mich sehr, gerade in der heutigen Zeit, in der die Gesellschaft polarisiert, Antisemitismus, Rassismus, Homophobie und alle Formen der Menschenfeindlichkeit wieder Aufwind haben, mein US-Theaterdebüt mit so einem wichtigen Stück zu feiern. Und natürlich habe ich grossen Respekt davor, in Adrien Brodys Fussstapfen zu treten.
Wie unterscheidet sich Ihr Leben in New York von dem in Berlin?
Entgegen dem, was man denken könnte, ist mein Leben hier nicht so glamourös. Aufwachen, Kaffee, Sport und auf zur Probe. Abends bin ich dann so erschöpft, dass ich es kaum noch schaffe, irgendetwas zu tun. Ausgegangen bin ich auch noch nicht, aber bald eröffnen wir und dann hoffe ich, wenigstens einmal einen schönen Drink in einer Manhattan-Rooftop-Bar zu mir nehmen zu können.
Zur Person
- Daniel Donskoy ist ein deutscher Schauspieler, Regisseur, Theaterproduzent und Musiker. Seine Talkshow "Freitagnacht Jews – Schabbat mit Daniel Donskoy" wurde mit dem deutschen Fernsehpreis 2021 und dem Grimme-Preis 2022 ausgezeichnet.
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