Es ist 0.56 Uhr als endlich das ersehnte Klappern im weissen Show-Sparschwein ertönt. Sekunden später reisst Arne Friedrich den Geld-Koffer in den Studio-Glitter-Regen. Das Spiel ist aus, Arne Friedrich gewinnt 100.000 Euro. Bis dahin war es ein langer und zäher Weg für Arne Friedrich, aber vor allem für den Zuschauer. Am Ende gab es doch noch einen kleinen Skandal - den aber niemand im Studio bemerkte. Oder bemerken wollte.
Die Nach-Raab-Ära hat bei ProSieben natürlich längst begonnen. Der Sender versucht aber gar nicht erst,
Während für "Die Völkerball Meisterschaft" erst noch eine Kategorie zwischen "Ist das euer Ernst?" und "Was zur Hölle ..." gefunden werden muss, zeigten Joko und Klaas mit ihrer neuen Show "Die beste Show der Welt" wie man gute Unterhaltung und Mediensatire in einer Sendung raffiniert verbinden kann. Im Vergleich zu der "Besten Show der Welt" ist der bewährte Show-Klassiker "Schlag den Star" hingegen so originell wie rote Rosen am Valentinstag
Das macht aber überhaupt nichts. "Schlag den Star" richtet sich eben eher an das klassische Show-Publikum, dem bei einer Samstagabendshow der Wettkampf-Charakter wichtiger ist als Kreativität oder gar Satirisches. Hauptsache, es ist spannend. Und damit wären wir auch schon bei der Achillesferse des gestrigen Abends: bei der Spannung.
Wir sind Helden. Naja.
Dass es kein Abend für Adrenalin-Junkies wird, hätte man sich angesichts der beiden Kontrahenten eigentlich denken können:
Seine fussballerischen Leistungen in allen Ehren, aber wenn man "Held" mit Titelgewinnen verbindet, was in unserer auf Karriere fixierten Welt nicht unüblich ist, dann ist Arne Friedrich vielleicht maximal ein kleiner Held. Neben einer einsamen Ligapokal-Trophäe wäre bei Friedrich jedenfalls noch Platz im Trophäenschrank.
Beim Erfolg ist Johannes Strate seinem Gegner ein wenig voraus, sofern man musikalischen Erfolg überhaupt messen kann. Aber als Held disqualifiziert sich Strate eigentlich selbst, weil ein Held sich seinen Helden-Titel, auch wenn es nur ein Revolverheld ist, einfach nicht selbst gibt.
Verschlaf den Star
Doch viel wichtiger in puncto Langeweile ist, dass weder Strate noch Friedrich Kandidaten sind, die polarisieren, mit denen man mitfiebern könnte. Arne Friedrich war nie als Raubein oder Sprücheklopfer bekannt, selbst bei seinen ehemaligen Gegnern dürfte sich kaum jemand finden, der ihn nicht mag.
Bei seinem Kontrahenten sieht es beim Hass-Potenzial ähnlich mau aus. Wir reden hier von Johannes Strate. Vom Juror einer Kinder-Sing-Show und von einem Sänger, der in seinen Liedern für seine Liebste das Licht anlässt, obwohl es ihm zu hell ist. Das ist höflich, aber ein kerniger Kirmes-Boxer sieht irgendwie anders aus.
Kurzum: Genauso wenig wie es einen Grund gibt, für den einen zu sein, gibt es einen Grund, gegen den anderen zu sein. Für eine Show, die vom Mitfiebern lebt, eine äusserst blöde Ausgangslage. Da die beiden sich noch dazu nicht nur äusserlich, sondern auch bei ihren Wettkampf-Qualitäten ähneln, dümpelt die Show zähe fünf Stunden vor sich hin. Es werden Dosen geöffnet, E-Roller-"Rennen" gefahren oder Einmach-Gummis auf einen Tisch geflitscht und ja, das ist so spannend wie es klingt. Mal gewinnt der eine, mal der andere.
Wenn dann auch noch Elton die Spiele mit dem Flair eines Deutsch-Referendars moderiert, hat man Sorge, dass plötzlich Sauerstoff-Masken von der Hallendecke auf die Zuschauer fallen. Selbst Kommentator Frank Buschmann, der sonst sogar Fussnagel-Lackieren zu einem Mega-Event hochkommentieren kann, beisst sich angesichts der dargebotenen Ödnis die Zähne aus.
Schwein gehabt
Bestes Beispiel, warum der gestrige Abend nicht funktionierte, war das Spiel "Der Raum". Friedrich und Strate mussten einen Raum mit Einrichtung ansehen. Danach wurden 20 Gegenstände in den Raum gestellt, was die beiden aber nicht sehen konnten. Im Anschluss musste jeder jeweils 10 dieser Gegenstände erkennen.
Für die Kandidaten mag das eine spannende Aufgabe gewesen sein. Für den Zuschauer funktionierte das optisch einfach nicht, da nur einzelne Raum-Abschnitte abgefilmt wurden und im Komplett-Modus so viel zu erkennen war wie beim Kleingedruckten von Handy-Tarifen. Dementsprechend quälend öde war dann das 15-minütige Raten der Kandidaten für den Zuschauer.
Als um vier Minuten vor 1 Uhr dann doch noch etwas Spannendes passierte, war es schon zu spät. Beim allerletzten Spiel mussten Friedrich und Strate eine Euro-Münze in den Schlitz eines Sparschweins werfen. Dabei galt es, eine gewisse Distanz, gekennzeichnet durch einen Ring oberhalb des Schweins, einzuhalten.
Ausgerechnet beim finalen Wurf, der endlich im Schwein landete, schien Friedrich den geforderten Abstand aber nicht eingehalten zu haben. Im Studio interessierte das aber keinen mehr. Wer kann es ihnen nach diesem Abend verdenken.
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