Endlos-Spiele, Dauer-Werbung und Halb-Promis: ProSieben schüttete gestern Abend mit einer neuen Ausgabe von "Schlag den Star" das Sommerloch zu. Das Duell Daniel Aminati gegen Tom Beck war ebenso lang wie frei von Höhepunkten. Wie man einen Wettkampf spannend fürs Fernsehen umsetzt, zeigte zur gleichen Zeit Konkurrent RTL.
Es ist kurz nach 1 Uhr, als sich Schauspieler
1 Uhr, Elton, Daniel Aminati und Tom Beck, fünf Stunden - man muss kein Medien-Experte sein, um zu ahnen, dass aus diesen Zutaten nur unter allergrössten Anstrengungen eine richtig spannende Fernsehunterhaltung wird. Nicht zuletzt, wenn man weiss, wie die vergangenen Sendungen "Schlag den Star" abgelaufen sind.
Daniel Aminati ein Star? Krass!
Warum "Schlag den Star" im Jahr 2016 nur noch mässig als gelungene Samstagabendgestaltung funktioniert, ist einfach erklärt: Auch wenn die Sendung Stars verspricht, Tom Beck als Schauspieler anzukündigen, der "seit Jahren in der Fernseh- und Film-Champions-League spielt", ist nachgerade tollkühn – bei allem Respekt vor Tom Beck. Und dass Daniel Aminati, der sein Geld als Nachmittagsmoderator verdient und nebenbei via Internet Leute "krass" macht, als Star gehandelt wird, dürfte ihn wohl selbst faszinieren.
Dazu kommt mit Elton ein Moderator, dessen unrühmlicher Höhepunkt bereits nach wenigen Minuten kommt. Bei der Vorstellung der Kandidaten erzählt Daniel Aminati, dass er gerade vom Dreh einer Sommersendung auf einem Kreuzfahrtschiff kommt. Elton überrascht den dunkelhäutigen Aminati daraufhin mit dem Satz: "Ach, darum bist du so braun." Und Aminati antwortet sarkastisch: "Deswegen bin ich so braun. Genau, richtig. Das waren die vielen Bananen und Kokosnüsse auf dem Traumschiff."
"Schlag den Star" oder lieber nach Madrid?
Ob das von Elton nur ein völlig in die Hose gegangener Witz war oder schon ein unüberlegter Spruch mit rassistischem Beigeschmack, darf jeder selbst entscheiden. So oder so zeigt es, wie unbeholfen Elton als Moderator bisweilen in spontanen Situationen reagiert. Den Rest des Abends moderiert er dann mit dem Esprit eines Fahrkartenkontrolleurs zu Ende.
Hauptgegner einer guter Unterhaltung ist und bleibt auch aber an diesem Abend die Zeit. Früher machte man sich über die permanenten Überziehungen von Thomas Gottschalk bei "Wetten, dass..?" lustig, wenn es mal wieder später als 23 Uhr wurde. Heute setzt ProSieben "Schlag den Star" schon von Anfang an auf über vier Stunden an. Gestern Abend wurden es dann ziemlich genau fünf. In der Zeit kann man nach Madrid fliegen und wieder zurück, zweimal einen Marathon in passabler Zeit laufen oder 82 Mal "An der Nordseeküste" singen. Nur mal so zum Vergleich.
RTL zeigt, wie es geht
Kurzum: "Schlag den Star" ist als Wettbewerb mit fünf Stunden einfach zu lang, als dass man sich das durchgehend ansehen möchte. Wie man Wettkampf-Fernsehen spannend machen kann, zeigt Konkurrent RTL - trotz nicht gerade überzeugender Moderatoren. Der Kölner Sender schickt zur gleichen Zeit um 20.15 Uhr mit "Ninja Warrior Germany" ein ähnliches Format ins Rennen. Dort müssen die Kandidaten einen Hindernis-Parcours überwinden, der ihnen alles an Koordination, Kraft und Beweglichkeit abverlangt. Die aus Japan stammende Show hat zwar ein ähnlich simples Konzept, zeigt aber in weniger als der Hälfte der Sendezeit all das, was "Schlag den Star" an Action und Spannung vermissen lässt.
Am deutlichsten wird der Unterschied, wenn man einmal während der beiden Shows hin und her zappt. Das sieht dann im direkten Vergleich zum Beispiel so aus:
- Ein Akrobat kämpft sich eine vier Meter hohe Wand hinauf – Aminati und Beck sortieren Socken.
- Ein Typ im Spiderman-Kostüm schwingt sich von einer Schaukel in ein Fangnetz – Aminati und Beck hacken Holz.
- Ein durchtrainierter Mann mit Maske stürzt in den Wassergraben – Elton erklärt die Ausstattung des Autos, das es zu gewinnen gibt.
- Ein Muskelpaket tänzelt über einen rotierenden Schwebebalken – Elton erklärt immer noch die Ausstattung des Autos.
"Schlag den Star" ist gutes altes Fernsehen aus den Nullerjahren, als Stefan Raab mit Dauer-Werbe-Event-Shows die Samstagabendunterhaltung umkrempelte. Man kann herrlich dabei bügeln, die Steuer machen oder Pflanzen umtopfen. Im direkten Vergleich zur aktuellen Konkurrenz von RTL kommt einem "Schlag den Star" aber inzwischen so aufregend vor wie der ZDF-Fernsehgarten.
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