Wer normalerweise während einer "Schlag den Star"-Folge gemütlich die Steuererklärung macht oder das Bad fliest, der musste sich an diesem Samstagabend ein bisschen beeilen. Denn statt sich das übliche XXL-Duell zu liefern, besiegte Sängerin Leony Model Stefanie Giesinger fast in Rekordgeschwindigkeit. Am Ende fehlten nur drei Minuten.

Christian Vock
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Heiner Lauterbach gegen Uwe Ochsenknecht, Michael Mittermeier gegen Olaf Schubert, Tom Beck gegen Axel Stein und Horst Lichter gegen Michael Kessler – die Duelle der letzten "Schlag den Star"-Ausgaben waren nicht gerade Bundesjugendspiele. Stattdessen kämpften ältere oder alte Männer gegen alte oder ältere Männer. Lediglich beim Duell Pietro Lombardi gegen Chris Tall waren beide Kontrahenten noch diesseits des 40. Geburtstags.

Mehr News über TV-Shows

Nun ist älter oder gar alt zu sein, natürlich kein Verbrechen, aber Vielfalt sieht irgendwie anders aus. Interessanterweise führte das zu keinen grossen Ausreissern bei den Quoten, lediglich die Ausgabe mit Lombardi und Tall kam bei der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen besser an, als die Duelle der älteren Kollegen.

Am Freitagabend nun klopfte ProSieben den bisherigen Altersdurchschnitt der Kandidaten gehörig nach unten. Stefanie Giesinger ist 27 Jahre alt, hat vor zehn Jahren "Germany’s next Topmodel" gewonnen und seitdem das Beste daraus gemacht. Ihre Gegnerin ist die 26-jährige Leony, aus der Oberpfalz stammend und dank Hits wie "Remedy" oder "Raindrops" eine kommerziell erfolgreiche Sängerin und Songwriterin.

Ron Ringguth versucht es auch 2024 noch mit Bodyshaming

"Sorry, Platz eins gibt’s für dich nur in den Charts", versucht sich Stefanie Giesinger in der obligatorischen Sprücheklopferei vor dem Startschuss, bekommt aber nur ein verklausuliertes Kompliment hin. Konkurrentin Leony ist da schon ein bisschen bissiger: Bei Giesinger laufe es nur beim Modeln, die Show werde sie aber auf allen Vieren verlassen. Klingt ein bisschen bösartig, aber die beiden Frauen zeigen sich an diesem Samstagabend zwar konzentriert und ehrgeizig, aber dennoch freundlich, charmant und immer fair.

Weder freundlich noch fair zeigt sich hingegen Kommentator Ron Ringguth. Elton begrüsst zunächst Stefanie Giesinger und mutmasst, man habe sich einst beim "TV total Turmspringen" kennengelernt. Für Ringguth der Anlass, sich über Eltons Körper lustig zu machen, denn Eltons Teilnahme am "Turmspringen" "hatte zum Teil ja seismologische Auswirkungen, wenn der ins Wasser gesprungen ist." Ja, Bodyshaming ist so einfach, warum sollte sich Ringguth also anstrengen und wirklich witzig sein? Irgendwer wird sogar 2024 noch über solch dämliche Sprüche lachen.

"Mal sehen, wer die nächste ‚Schlag den Star‘-Sendung kommentieren wird", versucht Elton, dem Ringguthschen Nicht-Humor wenigstens noch etwas entgegenzusetzen, dann geht es aber auch schon los. Giesinger und Leony müssen im ersten Spiel mit einem Ball am Fuss durch drei Pylonen vor und zurück dribbeln. Das klingt erst einmal weder schwer noch anstrengend, doch weil der Ball ein 10-Kilo-Medizinball ist, ist es das am Ende dann doch.

"Schlag den Star": Wettkampf, aber nicht verbissen

Für Leony trotzdem kein Problem. Sie stamme aus einer fussballverrückten Familie – ihr Bruder Korbinian spielt in der 3. Liga bei Erzgebirge Aue – und so kann Stefanie Giesinger nur zusehen, wie Leony ihr leichtfüssig davon dribbelt. Spiel Nummer eins geht also an die Sängerin und sollte der Auftakt für einen am Ende ungefährdeten Sieg werden.

Denn auch bei Spiel Nummer zwei, bei dem sich Giesinger und Leony durch Leitern rauf und wieder runter schlängeln müssen, gewinnt Leony. Ein Zustand, der sich noch oft an diesem Abend wiederholen sollte, Giesinger sollte nur vier von 13 Spielen gewinnen. Lediglich beim Begriffe raten in Gebärdensprache, bei einem Becherstapelspiel, beim Beinheben an der Sprossenwand und beim Kugel-Puck kann Giesinger Punkte holen.

Trotz dieser Überlegenheit von Leony ist es eine der angenehmeren "Schlag den Star"-Ausgaben. Zum einen, weil die Spiele trotzdem spannend sind, zum anderen, weil sich Giesinger und Leony zwar einen Wettkampf liefern, aber keinen verbissenen. Dementsprechend wird viel gegönnt und gelacht, auch über sich selbst. Etwa, als sich Leony bei einer vergleichsweise einfachen Aufgabe verrechnet, ihre Rechenschwäche aber mit entwaffnender Selbstironie hinnimmt.

Lesen Sie auch

Ron Ringguth greift ins Spiel ein

Die beiden Kandidatinnen liefern also ab, Moderator Elton und Ron Ringguth auch – allerdings mit zwei Aussetzern. Man kann sich sicher sein, dass Elton beim Spiel "Blamieren oder kassieren" nur ein Kompliment machen will, nur leider ein reichlich dünnes. Die aktuelle Ausgabe, so der Moderator, sei "jetzt schon das schönste Duell des Jahres", meint da Elton plötzlich. Klingt erst einmal nett, aber es ist schon erstaunlich, dass da zwei junge Frauen sitzen, die in ihren beiden Berufen seit Jahren sehr erfolgreich sind und trotzdem das einzige Merkmal, das Elton herausgreift, deren Aussehen ist.

Es sollte nicht der einzige Moment an diesem Abend sein, an dem der Moderator besser geschwiegen hätte – und Kommentator Ringguth ebenfalls. Beim siebten Spiel "Einbechern" müssen Giesinger und Leony nämlich auf Notizzetteln aufeinander gestapelte Becher passgenau in sich zusammenfallen lassen, indem sie die Zettelchen zwischen den Bechern herausziehen. Giesinger versucht es ganz langsam, Leony hingegen rupft immer wieder an beiden Zetteln gleichzeitig. Beide Techniken haben eines gemeinsam: Sie funktionieren nicht.

Da kann sich Kommentator Ron Ringguth nicht zurückhalten und verweist auf das Spiel aus einer vergangenen Show, bei dem es galt, eine Tischdecke unter Gläsern rauszuziehen. Da habe es sich als siegreich erwiesen, wenn man die Tischdecke schnell weggezogen hat. "Aber es war nur eine Tischdecke", ergänzt Elton die Botschaft, dass die beiden die Zettel wohl besser schnell und nacheinander zwischen den Becher rausziehen sollten.

Eine Werbung zu viel: Leony bricht fast den Rekord

"Bisschen hinhören, manchmal helfe ich ein bisschen", erklärte Ringguth beiden Kandidatinnen bereits am Anfang der Show, unterlag aber bereits da einem Irrtum. Denn erstens hat ihn niemand um Hilfe gebeten und zweitens wäre dieses Vorsagen nur dann fair, wenn sichergestellt ist, dass auch beide Kandidatinnen genau diesem Moment zuhören und die Botschaft verstehen. Daher ist Ringguths Kommentar keine Hilfe, sondern einfach nur ein Eingriff in ein laufendes Spiel und der Beweis, dass ‚Schlag den Star‘ eben kein Duell unter fairen Wettkampfbedingungen ist, sondern eine TV-Unterhaltungsshow.

Für diese Unterhaltung sorgen vor allem die beiden Kandidatinnen, indem sie den Abend spannend, fair, humorvoll und freundschaftlich über die Bühne bringen. Am Ende schrammt Leony sogar nur knapp an einem Rekord vorbei. Um fünf Minuten nach Mitternacht gewinnt die Sängerin ihr Matchballspiel und damit 100.000 Euro und hätte ProSieben nicht noch kurz vor Schluss eine Werbeunterbrechung eingelegt, hätte Leony die Dauer des Duells zwischen Blümchen und Daggi Bee vom März 2020 unterbieten können. Die beiden Damen hatten damals nämlich nur drei Minuten weniger gebraucht.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.