Deutsche Comedyshows sprühen nicht gerade vor Einfallsreichtum. Meist setzen Comedians auf eine Aneinanderreihung plumper Kalauer. Mit "Schulz in the Box" wagt ProSieben ein Experiment. Die Show lebt von der Spontanität seines schrulligen Hauptdarstellers Olli Schulz. In manchen Szenen wirkt "Schulz in the Box" aber inszeniert.
Mit Joko und Klaas und der Show "Circus Halligalli" sollte die Comedy-Schiene von ProSieben frischer werden. Was zum Teil auch gelang. Mit
Bei "Schulz in the Box" steigt Schulz in eine Holzkiste und wird an irgendeinen Punkt in der Welt verfrachtet. In der Show am Montag verschlägt es ihn nach Tokio. Dort erhält er eine Aufgabe: Schulz soll sich in einen japanischen "Host Boy" verwandeln. Was solch ein "Host Boy" überhaupt macht, das muss er erst herausfinden.
Spontanität muss der Inszenierung weichen
Auf seinem Weg zum Ziel besucht Schulz allerhand skurrile Orte in Japan. Zum Beispiel ein "Kuschelcafé", in dem man sich eine Frau mieten kann, um mit ihr zu kuscheln und zu plaudern. Sexuelle Gefälligkeiten sind ausgeschlossen. Ausserdem geht Schulz in ein Katzencafé, in dem überall Katzen herumtapsen. Eine skurrile Person besucht skurrile Orte. Das kann nur witzig werden.
Doch der Plan geht nur zum Teil auf. Wenn Schulz sich mit Japanern unterhält, wirkt sein sehr deutsch klingendes Englisch oft zu gekünstelt und damit aufgesetzt. Wenn er von seinen Erfahrungen erzählt, wirken die Monologe manchmal vorbereitet. Damit verliert "Schulz in the Box" etwas von seiner angedachten Spontanität.
In der ersten Folge vor einigen Monaten machte es Schulz besser. In einer Szene sass er neben einem Mann und einer Frau. Die beiden legten plötzlich los mit Sex. Die Kamera hielt drauf. Schulz war in dieser Situation völlig überfordert. Er guckte stur in die Kamera, redete sichtlich irritiert weiter. Schulz versuchte, die beiden hinter sich zu ignorieren - was die Situation noch kurioser erscheinen liess.
Schulz ist erfrischend anders als andere Comedians
Trotz des teils gekünstelt wirkenden Humors ist Schulz authentisch. Er ist erfrischend anders als andere deutsche Komiker. Er braucht keine Kalauer oder den typisch deutschen Hau-drauf-Humor eines Mario Barth. Seine Komik lebt von der Situation. Wie er mit Menschen spricht. Wie er über seine Erfahrungen philosophiert und sich dabei vor Lachen wegschmeisst. Nicht der grandiose Schlusspunkt beinhaltet den Witz. Der Weg ist das Ziel.
Wenn Schulz will, kann er aber einen passenden Spruch einwerfen. Als er zum "Host Boy" - wie wir später erfahren: eine männliche Begleitung für japanische Business-Frauen - umgestylt wird und ein wenig wie ein Emo für Arme aussieht, sagt er: "Nicht dass die mich wegen sexy verhaften."
Doch "Schulz in the Box" bietet nicht nur Klamauk. Die Show zeigt ein Japan abseits von Klischees und Reiseführern. Ollis Besuch in einem Café, in dem man sich eine Familie mieten kann, thematisiert bisher eher unbekannte Facetten des Landes. Im Gespräch mit dem Inhaber des "Rent a Family"-Cafés erfährt Schulz, dass sich viele Japaner einsam fühlen und sich eine intakte Familie wünschen. Vor allem Vater- und Mutterfiguren seien sehr gefragt. "Schulz in the Box" setzt hier nicht die Dampfhammer-Methode an. Schulz zeigt sich von dieser neuen Erfahrung berührt. Er lässt die Situation so stehen und sucht nicht krampfhaft nach einem Gag. Erst später sitzt er neben seinem japanischen "Papa" und seiner "Mama" und gesteht ihnen, dass er früher gekifft hat. Seine "Eltern" nicken, grinsen und streicheln den etwa 30 Zentimeter grösseren Schulz - und verstehen rein gar nichts.
Das Konzept hat Kult-Charakter
Die Show hebt sich vom Einheitsbrei deutscher Comedyshows ab. Dies liegt vor allem an dem nüchternen Humor von Schulz, der in seiner Rolle meist authentisch ist. An manchen Stellen wirkt die Show aber inszeniert. Trotzdem haben das Konzept der Show und der sympathische Hauptdarsteller das Zeug dazu, Kult-Status zu erreichen
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