Sieben Millionen Menschen schauten zu, wie der Schweizer "Tatort" mit seinem zweiten Fall "Skalpell" das schaffte, was die Premiere des Ermittlerteams im vergangenen Jahr nicht liefern konnte: Aufregende Thematik, spannende Rahmenhandlung und ein eingespieltes Kommissaren-Duo.
Stefan Gubser alias Reto Flückigers neue Kollegin heisst Liz Ritschard (gespielt von der Zürcher Sängerin
Eine Klinik "teilt" Kindern, die als Zwitter das Licht der Welt erblicken, ein Geschlecht "zu". Zu der Entscheidung, welches Baby ein Mädchen und welches ein Junge wird, werden die Eltern von den Ärzten gezwungen. Doch die Wahl wird natürlich ohne das Kind selbst getroffen, was im Laufe der Jahre zu psychischen Problemen und sogar Selbstmord bei den junge Erwachsenen führen kann. In diesem Zusammenhang wird ein Arzt ermordet, der die entsprechenden Operationen an den Kindern durchführt. Der Kreis der potenziellen Täter ist gross, da nicht nur ein Arztkollege, der eine Affäre mit der Ehefrau des Opfers hat, unter Mordverdacht steht, sondern auch ehemalige Patienten und deren Familienangehörige.
Anders als sonst oft der Fall blieb in dieser "Tatort"-Folge kein Platz für die privaten Probleme der Ermittler. Die Thematik war sogar so bedrückend und fesselnd, dass der Mordfall selbst im Laufe der 88 Krimi-Minuten in den Hintergrund rückte. Selten zuvor wurde ein solch pikantes Thema so taktvoll für einen TV-Film aufbereitet - und in einem "Tatort" so vieles durch Schweigen gesagt.
Doch so viel Lob die zweite Ausgabe des Schweizer Krimis auch verdient, so viel Kritik muss für das Ermittler-Duo nach der Ausstrahlung am Pfingstmontag auch sein: Die Synchronisation des auf Schweizerdeutsch gedrehten "Tatorts" für das deutsche Fernsehen gelang nur mässig und hätte eher nach Untertitel als Übersetzung verlangt.
Und auch das Ermittler-Duo liess in Sachen schauspielerischer Leistung noch Luft nach oben. Co-Ermittlerin Delia Mayer spielte ihre Vorgängerin Sofia Milos zwar endgültig aus dem Gedächtnis der "Tatort"-Fans, konnte dennoch nur mässig überzeugen. Im Gespräch mit "Bild.de" sah sie die Kritik an ihrem Debüt gelassen, schliesslich sei es nicht gerade der Traum eines jeden Schweizers, die Krimi-Sehnsüchte des deutschen Fernsehpublikums zu stillen: "Wir haben in der Schweiz vielleicht ein anderes Verhältnis zum 'Tatort'. 'Tatort' ist urdeutsch. Wir Schweizer blicken gezwungenermassen mit etwas mehr Distanz darauf."
Stefan Gubser dagegen hat das Zeug zum grossen Kommissar. Derzeit ist er als Flückiger noch der klassische Saubermann: Nicht so witzig wie seine Kollegen Thiel und Boerne aus Münster, nicht so urig wie die Münchner Batic und Leitmayr, nicht so plump wie der Kölner Kommissar Schenk. Flückigers Rolle ist noch nicht stark genug, ihm fehlen typische Eigenheiten mit Wiedererkennungseffekt - und sei es nur ein alter Porsche wie der des Stuttgarter Ermittlers Lannert. Doch bis zur nächsten Schweizer "Tatort"-Folge und der damit verbundenen Persönlichkeitsentwicklung der Charaktere ist ja auch noch etwas Zeit.
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