"Sing meinen Song" ist die Kuschel-Sendung im deutschen Musik-Format-Fernsehen. Nirgendwo sonst wird sich mehr liebgehabt und bewundert als auf der "SmS"-Couch in Südafrika. Da tat es in der gestrigen Folge richtig gut, als endlich einmal ein Künstler ein bisschen Stress machte - mit viel Humor.
"Ich wusste nicht, welches Niveau da in der Sendung ist, und ob ich da mit irgendwelchen Schlagersängern sitzen muss." So erklärte Rapper
Die erste Einladung habe er nämlich direkt ausgeschlagen. Als ihn daraufhin
Erst als
Mit Schlagersängern im engeren Sinn musste Samy Deluxe gestern Abend dann tatsächlich nicht zusammensitzen. Trotzdem kann man die Vorbehalte, die der Rapper generell gegen TV-Sendungen hat, auch bei "Sing meinen Song" nachvollziehen.
Noch nervt's nicht
Als "Sing meinen Song" vor zwei Jahren startete, war das Format neu, aufregend und sympathisch.
Sänger und Sängerinnen unterschiedlicher Musikrichtungen interpretieren die Lieder anderer Künstler, man sitzt in relaxter Atmosphäre beisammen, schnackt ein bisschen, singt und gut ist.
Für Sänger wie Gregor Meyle war die Show ein Karriere-Katalysator, wurden sie so doch einem grösseren Publikum bekannt und das Publikum wiederum konnte sich über zwei Neuentdeckungen freuen. Ein Gewinn für beide Seiten.
In der zweiten Staffel war das natürlich nicht mehr neu, trotzdem noch ein bisschen aufregend, aber schon nicht mehr ganz so sympathisch. Zwar gab es durchaus einige musikalische Highlights, aber das obligatorische Beweihräuchern der Künstler untereinander konnte dem Zuschauer durchaus aufs Gemüt schlagen. Dazu noch Werbung für die Tour hier oder das Album da – dieser ständige kommerzielle Unterton verhagelte so ein wenig die Atmosphäre des singenden Stelldichein aus Leidenschaft.
"Was soll man da noch besser machen?"
Die dritte Staffel im Allgemeinen und die gestrige BossHoss-Folge im Besonderen schliessen nahtlos an diese Friede-Freude-Eierkuchen-Atmosphäre an. "Bin gespannt, was man da noch besser machen kann", erklärt Sascha von BossHoss mit einem Augenzwinkern über deren grossen Hit. Als dann Nena die Bühne betritt und ihre Version präsentiert, weiss der Zuschauer: Nichts kann man da noch besser machen, der Song ist gut so, wie er ist.
Nenas Interpretation mit einer Farfisa-Orgel ist nämlich einfach zwei Spuren zu überdreht - was Annett Louisan aber nicht von der überschwänglichen Bewertung abhält: "Wahnsinnsanfang!"
Was bei Nenas Version zu viel war, war bei Louisans Interpretation von "Close" hingegen zu wenig. Da fehlte der Louisan'sche Esprit an allen Ecken und Enden, der sonst eigentlich das grosse Markenzeichen der Sängerin ist. So wird ihre Neuinterpretation nichts für die Geschichtsbücher werden.
Lob der anderen Künstler gab es trotzdem reichlich, und so ist es bezeichnend, dass ausgerechnet die beiden schwächsten Auftritte am Ende von The BossHoss als Lieder des Abends ausgezeichnet werden: "Die Damen bekommen es, weil's von Frauen noch mal krasser ist." Dabei hatte die Kölsche Version von "My Personal Song" von Wolfgang Niedecken und auch Sevens Funk-Variante von "Sex On Legs" wesentlich mehr zu bieten.
Samy Deluxe vs. The BossHoss
Nun kann man sagen, dass diese ständige Lobhudelei einfach der gemütlichen Atmosphäre geschuldet ist. Man kann auch sagen, dass das ganze Liebgehabe daran liegt, dass die Künstler in der Show offenkundig amtlich saufen dürfen. Man kann aber auch ganz realistisch rangehen und fragen: Was wäre denn die Alternative? Dass sich die Künstler gegenseitig runtermachen? Nena erzählt Wolfgang Niedecken, dass sie seine Version ihres "Liebe ist" furchtbar fand? Wohl kaum.
Und so ist es am Ende nicht ganz zufällig Samy Deluxe, also der, der eigentlich die grössten Bedenken bei der Show hatte, der zumindest ein bisschen diese heile Welt verlässt - wenn auch mit einem Augenzwinkern: "BossHoss, eine Frage: Ist Scooter euer Ghostwriter" stichelt er in seiner Rap-Version von "Shake and Shout" humorvoll gegen die Cowboys und legt nach: "Haha, kleiner Scherz am Rande. Ich schätze, mein Humor, meine Songs helfen Vox nicht bei ihrer TV-Kommerz-Kampagne."
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.