Wenn an diesem Freitag im ZDF (21.15 Uhr) die 25. Staffel der "SOKO Leipzig" startet, wird auch Marco Girnth wieder als Kriminaloberkommissar im Einsatz sein. Der 54-jährige TV-Star ist seit der Geburtsstunde der Serie mit dabei.
Im Interview mit unserer Redaktion spricht der Schauspieler über seine Anfänge bei "Unter uns", seine Campingurlaube und sein "Parallelwesen" Jan Maybach, das ihn mittlerweile seit einem knappen Vierteljahrhundert begleitet.
Herr Girnth, die 25. Staffel der "SOKO Leipzig" bringt ein Jubiläum mit sich: die 500. Folge. Waren Sie als Jan Maybach in sämtlichen Folgen zu sehen?
Marco Girnth: Nein, ich bin zwar seit der allerersten Staffel dabei, aber es gab immer mal wieder Ausnahmen. Wir drehen 25 Folgen pro Jahr. In der Regel lasse ich pro Staffel zwei bis drei Folgen aus. In der Rolle bin ich dann entweder auf einem Lehrgang oder im Urlaub oder auch mal krank.
Nehmen Sie sich diese Auszeiten, weil Sie andernfalls zu viel Zeit am Set verbringen würden?
Einerseits ist es ein Segen, dass wir so viel drehen. Andererseits ist quasi das ganze Jahr durchgeplant. Wenn man dann zum Beispiel noch an weiteren Produktionen mitwirken möchte, ist das mitunter schwer zu koordinieren. Und vielleicht hat man generell ja auch privat noch etwas anderes vor. Wir haben einen Weg gefunden, wie ich mir ein paar Freiräume schaffen kann.
Der Start der Kriminalserie liegt ein knappes Vierteljahrhundert zurück. Was macht diese Zahl mit Ihnen?
Die Zeit ist wahnsinnig schnell vergangen. Das mache ich unter anderem daran fest, dass ich den ersten Drehtag noch heute kristallklar vor Augen habe. Wenn ich nun davon ausgehe, dass die Zeit in Zukunft genauso schnell – wenn nicht sogar noch schneller – vergehen wird, dann hat das beinahe schon etwas Erschreckendes. Ebenso ist man natürlich auch stolz darauf, dass die Serie seit fast 25 Jahren so erfolgreich läuft. Nach wie vor freuen wir uns aufeinander und auf die gemeinsamen Produktionen. Wir sind zu einer echten Einheit geworden. Und das fühlt sich wirklich gut an.
Marco Girnths erster "SOKO"-Drehtag: "Ich kannte niemanden"
Wie haben Sie diesen ersten Drehtag in Erinnerung behalten?
Ich kannte niemanden aus dem Team. Das ist ungewöhnlich, denn normalerweise kennst du immer irgendwen. Ich wusste damals nur, dass Melanie Marschke (spielt die Ina Zimmermann; Anm. d. Red.) zwei Jahre zuvor als Bottroper Friseurin bei "Gegen den Wind" mitgespielt hat. Da sind wir uns aber kaum begegnet. Insgesamt war dieser erste Drehtag schon sehr aufregend für mich – neue Serie, neue Rolle, neue Stadt.
Sind Sie mit der Entwicklung Ihrer Rolle des Kriminaloberkommissars Jan Maybach zufrieden?
Es ist ein Geschenk, wenn man über einen so langen Zeitraum eine Figur spielen darf, die sich von einem 30-Jährigen zu einem Mitte-50-Jährigen entwickelt. Es sind dann keine behaupteten Biografien mehr, sondern man hat das wirklich alles durchlebt. Wir sprechen hier von gewachsenen, sozialen Beziehungen. Jan Maybach und seine Chefin Ina Zimmermann kennen sich von Anfang an, sind wie Pech und Schwefel. Aus meiner Sicht ist Jan ein sehr entscheidungsfreudiger, loyaler Charakter, der aber auch gewisse Leichen in seinem Keller hat. Das hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass er schonmal im Gefängnis gelandet und in die Kokainsucht abgerutscht ist. Für einen Schauspieler sind das tolle Brüche und Herausforderungen.
Gehören Sie zu jenen Darstellern, die ihre eigene Persönlichkeit klar von dem jeweiligen Charakter, den sie verkörpern, trennen?
Meiner Meinung nach kann man das nicht komplett voneinander trennen. Alles, was ich in eine Rolle hineinpacke, kommt ja irgendwie von mir. Daher sind meine Rollen schon häufig mit meinen eigenen Erfahrungen und der Emotionalität, die ich in mir trage, verknüpft. Gleichzeitig entwickelt sich ein Charakter, den man so lange verkörpert, immer zu einem Parallelwesen.
Heisst das, dass Jan Maybach Sie auch im Alltag überall hin begleitet?
Ein Stück weit schon. Wenn ich zum Friseur gehe, muss ich immer kurz überlegen, ob der Haarschnitt auch Jan Maybach gefällt beziehungsweise, ob die Frisur überhaupt zu der Rolle passt. Oder wenn ich mir zum Beispiel eine neue Jacke kaufe, dann mache ich manchmal ein Foto und schicke es der Kostümbildnerin – um sie zu fragen, ob ich mir die Jacke gleich zweimal kaufen soll, weil sie vielleicht auch Jan gut stehen könnte.
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Der grosse Unterschied ist, dass Jan Maybach im Gegensatz zu Marco Girnth Mordfälle aufzuklären hat. Was kommt auf die "SOKO Leipzig" in der 25. Staffel zu?
Direkt in der ersten Folge ("Die Unsichtbaren") liegt eine Leiche in der Pathologie – allerdings nicht etwa planmässig zur Untersuchung auf dem Tisch, sondern unerwartet auf dem Boden eines Sektionsraums, entdeckt von einer Reinigungskraft. Wir blicken in ein sehr interessantes, oft unsichtbares Milieu. Die Reinigungskräfte halten unsere Büros sauber, und doch gehen wir an ihnen häufig einfach so vorbei. Selten gibt es Schnittmengen. Unabhängig davon wird es in dieser Staffel hochdramatisch. Wir haben Dinge in Gang gesetzt, die das Privatleben der Figuren massiv durcheinanderwirbeln werden.
Die Staffel ist abgedreht. Geht es für Sie nun wieder mit dem Camper in den Urlaub?
Das war ich schon (lacht). Wir waren in diesem Sommer in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs. Zwar kannte ich die Mecklenburgische Seenplatte bereits ein bisschen, habe sie nun aber intensiver kennenlernen dürfen. Mit unserem alten Camper, ein "Chevy Van", haben wir auf skurrilen Campingplätzen gewohnt und sind mit Kanus durch die Kanäle gefahren. Es war wirklich atemberaubend schön. Normalerweise zieht es uns im Sommer nach Italien, Frankreich oder Portugal. Es lohnt sich aber definitiv, sich auch mal vor der eigenen Haustür umzuschauen.
"Ach, der Herr Kommissar!": Wenn ein Serien-Star Campingurlaub macht
Werden Sie auf Campingplätzen häufig erkannt und angesprochen?
Man wird mal erkannt, aber die Leute respektieren schon, dass man privat unterwegs ist. Da es auf Campingplätzen generell recht ungezwungen zugeht, bleibt es auch in den Begegnungen mit den Menschen unaufgeregt. Über die üblichen, nett gemeinten "Ach, der Herr Kommissar!"-Sprüche geht es meistens nicht hinaus.
Bei Ihnen begann in den 90ern alles mit "Unter uns". Die Soap feiert in diesem Jahr 30-jähriges Jubiläum. Hätten Sie Lust auf "back to the roots"?
Warum nicht!? Ich blicke mit einem sehr warmen Blick auf diese Zeit zurück. Auch wenn ich das erste halbe Jahr nicht dabei war und erst 1995 dazugekommen bin, empfinde ich mich als Teil des Starterteams. Wir waren damals alle noch sehr jung – und überrascht, was alles um uns herum passierte. Dieses "Daily"-Format war damals im deutschen TV etwas völlig Neues. Du warst wirklich jeden Tag im Fernsehen zu sehen, Social Media gab es ja noch nicht.
Erzählen Sie Ihrem Sohn heute, dass sein Papa damals ein echter Teeniestar war?
Nein, das nicht. Zumal ich mich auch nie als Teeniestar gesehen habe. Alleine bei "Unter uns" bestand der Hauptcast aus rund 20 Leuten. Ausserdem gab es noch "Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Es wäre eine Räuberpistole, wenn ich heute erzählen würde, dass ich aus dieser Masse an Soap-Stars damals herausgestochen wäre. Mein Sohn ist ohnehin relativ unempfänglich dafür. Er nimmt wahr, dass meine Frau (Katja Woywood; Anm. d. Red.) und ich im Fernsehen stattfinden, hat aber keinen besonderen Bezug dazu. Vor die Kamera möchte er schon gar nicht.
Anlässlich Ihres 50. Geburtstag haben Sie mal in einem "Stern"-Interview gesagt, dass Sie immer Spanisch, Gitarre spielen, surfen und reiten lernen wollten. Konnten Sie in den vergangenen gut vier Jahren davon das eine oder andere umsetzen?
Sí, claro (lacht). Wir können uns gerne weiter auf Spanisch unterhalten, denn im Alltag habe ich nur selten Gelegenheit, Spanisch zu sprechen. Sprechen Sie denn Spanisch?
Nur rudimentär. Lassen Sie uns daher lieber auf Deutsch weitersprechen …
Sehr gerne. Ich muss gestehen, dass auch ich Spanisch nur auf dem Niveau eines Zweijährigen spreche. Aber wir waren im vergangenen Jahr in Costa Rica und ich hatte zumindest das Gefühl, dass die Menschen ungefähr verstanden hatten, was ich ihnen mitteilen wollte. Was das Surfen angeht, bin ich ebenfalls dran geblieben. Es ist aber wirklich sehr schwer. Reiten habe ich intensiv betrieben – bis ich einen üblen Sturz einer Bekannten mit eigenen Augen gesehen habe. Das hat mir einen kleinen Knacks versetzt. Und Gitarre spielen: Das möchte ich lieber nicht näher beschreiben. Es bleibt ein Wunsch, aber es wird nie etwas werden.
Über den Gesprächspartner:
- Marco Girnth ist ein deutscher Schauspieler. Sein Durchbruch gelang ihm Mitte der 90er-Jahre bei "Unter uns". In der RTL-Daily-Soap verkörperte er den Sven Rusinek. In den darauffolgenden Jahren folgten weitere Serien-Rollen, etwa in "Gegen den Wind" oder "Die Strandclique". Seit 2001 ermittelt der gebürtige Düsseldorfer in der ZDF-Serie "SOKO Leipzig" als Kriminaloberkommissar Jan Maybach. Girnth ist seit 1998 mit seiner Schauspielkollegin Katja Woywood verheiratet. Zudem fungiert er als Schirmherr des Vereins "Hoffnung Spenden e. V.".
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