Traditionell eröffnen Reality-Formate stets mit einer kurzen Zusammenfassung einiger signifikanter Szenen, die das Zuschauer-Auditorium in der anstehenden Episode präsentiert bekommen wird. Etabliert hat sich dabei wenig überraschend, eine Auswahl an Streitszenen und Beleidigungen zu einem fröhlichen Potpourri des Fremdscham anzurühren, um beim Zielpublikum unterbewusst den Teil im Kleinhirn zu aktivieren, der sich von Zank, Lästereien, Feindseligkeiten und Antagonismen ernährt.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Ist nämlich der Hunger nach hysterischer Disharmonie zu Hause an den TV-Geräten erstmal geweckt, führt das oftmals unwillkürlich zu einer Zapping-Amnesie. Der Konsument am heimischen Endgerät spürt beim Rezipieren intellektueller Insolvenzverfahren, wie sie die Skandaltruppe im "Sommerhaus der Stars" stabil abliefern, den langsam einsetzenden Verlust eigener Gehirnzellen und bleibt gelähmt umschaltfaul.

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Auch Woche sieben startet mit einem ebensolchen Vorausblick auf das, welche Briketts der proletenhaften Selbstaufgabe diese Woche auf dem Fegefeuer der Unzulänglichkeiten zu Asche der Bedeutungslosigkeit zerfallen. Als erstes sieht man, wie irgendwer Wasser über "Bachelorette"-Feingeist Umut Tekin kippt.

Wer, wird natürlich nicht verraten. Ausser, dass es Sam Dylan nicht ist, der sich wie immer als Strippenzieher der Oberflächlichkeiten im Hintergrund hält und jeden für sich den Idiotenzanz performen lässt, der dumm genug ist, sich von Moralverweigerer Dylan in irgendeine Handlungsempfehlung reinquatschen zu lassen. Ausserdem sieht man, wie Ehemann Can seiner Frau Alessia Herren erläutert, warum sie "so blöd, Alte" ist.

"Sommerhaus der Stars": Karikatur hat nichts mit Zahnschmerzen zu tun

Die erste nennenswerte so genannte Konfro-Situation liefern sich dann ausgerechnet Sam Dlyan und Rafi Rachek, die ja offiziell als Paar angetreten waren. Rafi informiert Sam darüber, dass er wahlweise aussieht wie "ein billiger Ross Antony Abklatsch, Lady GaGa oder Schneewittchen". Ross Antony, Lady GaGa und Schneewittchen - könnte auch das LineUp eines eher mittelmässig erfolgreichen Arthaus-Films über genderneutrale Toiletten in Norwegen sein.

Rafi hat aber auch leicht Reden. Der Reality-Superstar, der einst bei "Promi Big Brother" von den Zuschauern als einer der ersten Kandidaten bereits auf Platz 15 rausgewählt wurde, obwohl mit ihm damals auch Showgrössen wie Pascal Kappés, Eric Sindermann, Danny Liedtke oder Payton Ramolla mit im TV-Container eingepfercht waren, steht im Holzfällerhemd und langsam rauswachsender Silberhaarfarbe im Vorgarten eines abgewrackten Bauernhofs im westmünsterländischen Bocholt und sieht aus wie seine eigene Karikatur.

Kurzer Disclaimer für Rafi Rachek an dieser Stelle: Karikatur hat nichts mit Zahnschmerzen zu tun. Es handelt sich vielmehr um eine komisch überzeichnete Darstellung von Menschen, zumeist in Form einer Zeichnung. Und Zeichnungen kennt man im Kosmos der Reality-TV-Bubble. Das sind diese Dinger mit Bildern, die man bekommt, damit man sich eigenhändig die Schuhe zubinden kann.

Um sich von diesem unverhofften internen Couplestreit zu erholen, versucht Rafi anschliessend, sich statt mit Sam Dylan lieber mit jemandem zu unterhalten, der bei seinem intellektuellen Rekordniveau mithalten kann und brüllt einige Minuten lang ein "Muuuuuh" über die Waldlichtung rüber zu den gegenüber auf einer Koppel chillenden Bullen. Also, männlichen Kühen, nicht irgendwelchen Ordnungshütern. Obschon ich persönlich ja finde, bei der Beleidigungsdichte im "Sommerhaus" wäre es gar nicht so abwegig, stets ein paar diensthabende Streifenpolizisten vor Ort zu haben, die die Anzeigen direkt aufnehmen können (Tessa Bergmeier hat jüngst beispielsweise Alessia Herren angezeigt, das wäre dann quotenfrisierend direkt im Format passiert) oder auch bei körperlichen Auseinandersetzungen als unser Freund und Helfer einspringen.

Die Urteilsverkündung - sorgt jede Woche wieder für grosse Freude, hier bei Stefan und Theresie. Das "Sommerhaus" läuft auch auf RTL+. © RTL

Raúl Richter, beschämend unsouverän

Bei Klavierspieler Raúl Richter und Teilzeitlebensabschnittsgefährtin Vanessa Schmitt ist die Laune nach ihrer überraschenden Rauswurf-Nominierung dort, wo aktuell sonst nur die Zustimmungswerte für Annalena Baerbock sind: Ziemlich im Keller. Ausgerechnet "Playboy"-Absolventin Vanessa verabschiedet sich mit folgender stilvoller These: "Ich glaube, Umut ist so jemand, der sich vor dem Spiegel einen rubbelt!" Mama, solltest Du hier zufällig mitlesen: "Sich einen rubbeln", das bedeutet (jedenfalls soweit ich weiss), dass man sich am Kiosk ein paar Rubbellose gekauft hat und die dann zu Hause erwartungsfroh freirubbelt. Und ich könnte mir vorstellen, dass Vanessa hier richtig liegt, denn wer mal im "Playboy" war, der kennt sich mit Freirubbeln natürlich aus.

Als Raúl dann seine Koffer und Vanessa packt und das idyllische "Sommerhaus der Stars" verlässt, meldet sich Mensa e.V. Ehrenmitglied Stefan Kleiser (den hat GNTM-Beinverlängerungsikone Theresia Fischer mit in die WG gebracht) auch erstmals: "Der Whistleblower ist weg!" Was Intelligenzwunderkind Stefan Kleiser hier vermutlich meint, ist Intrigant. Das hat Ex-Zahnarzt Kleiser inzwischen aber mit Sicherheit selbst noch mal nachgegoogelt. In einem Anfall von stilvoller Klasse verweigert der nominierungsbeleidigte Raúl beim Auszug dann jeden Handschlag mit Paaren, die ihn gewählt haben und zeigt sich bis auf die letzten Meter beschämend unsouverän. Sam Dylan, in seiner Eigenschaft als Berufsbombenleger von Sprengkörpern der Gehässigkeit, stellt fest: "Wenn sie nicht den Bus verpassen, sehen wir sie schon bald bei 'Temptation Island'!"

Im ersten Spiel müssen die Paare sich gegenseitig in unangenehmen Charaktereigenschaften kategorisieren. Die meisten unsympathischen Züge werden Sam Dylan/Rafi Rachek zugeordnet. Entgegen jeder Gerechtigkeits-, Spiel- oder Dynamiklogik belohnt RTL den eindeutigen Moralverlierer des Spiels mit Nominierungsschutz und der Möglichkeit, ein anderes Paar vom nächsten Spiel auszuschliessen - und damit der Chance, ebenfalls Nominierungsschutz zu erlangen.

Was genau RTL bezweckt, das unbeliebteste Paar unbedingt im Haus behalten zu wollen, erschliesst sich auch quotentaktisch nicht, denn Sam ist mit seiner nur mässig filigran verschleierten Marionettenspielerttktik derartig brutal aufgeflogen, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass er bei signifikanten Zuschauermengen die Flamme des Mitfieberns entfachen kann. Oliver Sannes Freundin Jil Rock fasst die Gefühlslage der Nation über Sam Dylan abschliessend wie folgt zusammen: "Kleine, miese Ratte!"

Todesstern-Allianz gegen Skywalker-Bund

Um nicht nur die charakterlichen, sondern in einem Abwasch direkt auch die doppelmoralistische Brillanz des Lästerteams Sam/Rafi zu unterstreichen, versucht Rafi am Abend, Umut zu unterstellen, er würde sich abends "Mut antrinken, um dann andere anzugehen". Ziemlich bemerkenswerter Schritt von jemandem, der kurz zuvor von seinem eigenen Freund flehend aus dem Verkehr gezogen werden musste, weil er volltrunken einen ganzen Abend alles und jeden angepöbelt und die Nation darüber aufgeklärt hatte, dass diese Staffel "Sommerhaus der Stars" im Prinzip nur stattfindet, weil er so ein herausragender Superpromi ist.

Um die totale Eskalation zu provozieren, kippt der plötzlich hochaggressive Rafi dem gemütlich in seinem Campingstuhl hängenden Umut sein Wasserglas über den Kopf. Hier schliesst sich also der Kreis zum Einleitungs-Cliffhanger. Gute Argumente sind ja immer Gold wert. Und Debattierclub-Weltmeister Rafi Rachek verleiht sich mit dieser unkontrollierten Provokation aus der Kategorie Vollprolet quasi selbst den Grimmepreis für sachliche Diskursqualität.

Das Urteil über Rafis Totalausfall ist auch im Haus schnell gefällt: "Würdelos", "Grenze ist überschritten“ oder "Der hat keinen Anstand" sind dabei noch die zarteren Formulierungen. Um dem vollkommen ruhigen und einschläfernd langweiligen Ponyhof der kognitiven Grausamkeiten etwas neuen Schwung zu verleihen, schickt RTL als Reality-Blauhelmtruppe die "Temptation Island VIP"-Stars Denise Hersing und Lorik Bunjaku ins "Sommerhaus".

Umgehend entbrennt der Kampf der Allianzen. Die Todesstern-Allianz aus Sam/Rafi/Theresa/Stefan/Gloria und Michael buhlt genau so offensichtlich um die Gunst der neuen wie der Skywalker-Bund um Umut/Emma/Can/Alessia/Oliver/Jil. "Bachelor" Kampfbulle Oliver Sanne prognostiziert für den Tag: "Sam packt jetzt seine Bulleneier aus, weil er gesaved ist und die können darum mit ihrem Sam-und-Rafi-Diva-Show-Zirkus durchstarten!"

Dann geht es aber erstmal ins nächste Spiel. Beim Versuch, den Begriff "Wurstpelle" pantomimisch darzustellen, zeigt vor allem Stefan grosses Talent. Seine Theresia jedenfalls rät nacheinander: "Blasen, Schlucken, Penis, Schwanz, Erektion, krummer Schwanz, Penislutscher". Auch ein wundervoller Titel für Memoiren. Überraschenderweise gelingt mit der Performance der Sieg nicht.

Auch die neu zugezogenen Denise und Lorik sind nur mittelmässig zufrieden mit ihrer Performance. Insbesondere Lorik nimmt das nicht optimal gelaufene Pantomime-Spiel zum Anlass, seine Gedanken über den Intelligenzgrad seiner Freundin öffentlich vorzutragen: "Manchmal denke ich, sie hat einen Grips wie eine Dreijährige!" Insgesamt wäre es schön gewesen, wenn wenigstens die ersten drei Worte seines Satzes stimmen würden, aber man kann nicht alles haben. Den Sieg und den Beifang "Nominierungsschutz" holen sich Gloria und Michael.

Sprengstoff-Zeitbombe: Das topaktuelle Stimmungsbarometer

Anstatt den Sieg zu feiern und die Verliererwunden zu lecken, verwandelt sich das "Sommerhaus"-Ensemble am Abend direkt wieder in ein Laufhaus der Taktlosigkeiten. Rafi Rachek fragt Stefan Kleiser, der 25 Jahre älter ist als seine 32 Jahre alte Theresia, ob er ein "Kinderficker" sei. Umgehend ist der harmonische Teil des Abends vorbei. Nach seiner Wasserglas-Attacke auf Umut schon der zweite Fauxpas der Woche von Weltstar Rafi Rachek. Stefan zeigt sich sichtlich schockiert - auch darüber, dass Theresia sich relativ entspannt gibt. Sie möchte ihren Allianzpartner Rafi nicht öffentlich anzählen. Das erledigen dafür die meisten anderen, inklusive Sam Dylan, der im Garten das Einzelgespräch sucht und Rafi neue Taktikanweisungen übermittelt: "Halt einfach mal deine Fresse, alles was du sagst, fällt auch auf mich zurück!" Der geschädigte selbst, Stefan, empfiehlt Rafi, "vielleicht mal einen therapeutischen Ansatz" zu überdenken.

Als Sprengstoff-Zeitbombe lässt RTL am Ende der Woche noch mal ein topaktuelles Stimmungsbarometer abfragen, bei dem es zu folgenden Ergebnissen kommt:

  • Denise und Lorik: 3 Stimmen
  • Emma und Umut: 4 Stimmen

Der Rest der Paare geht ohne Stimme in die Nacht. Emma Fernlund und Umut nehmen ihre Stimmen relativ gelassen entgegen, Lorik und Denise dagegen fühlen sich "dreckig" behandelt. Diese emotionale Belastungsprobe führt zu einer weiteren vornehmlich im Kreischton vorgetragenen, naja, Diskussionsrunde mit Lorik, Denise, Umut, Emma, Sam und Rafi, die auf der im Regen versinkenden Waldlichtung stehen und sich gegenseitig erklären, dass sie unschuldig sind. Ich kenne Horrorfilme, die so angefangen haben. Allerdings keine guten. Nächste Woche ist dann endlich wieder Nominierung. Eiskalt vorgetragene Frontalbeleidigungen sind also vorprogrammiert. Ich werde berichten! Bis dann!

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