Eine der wichtigsten Zutaten für das RTL-Erfolgsrezept Trash-TV ist der so genannte Beef. Beef ist nicht nur das englische Wort für Fleisch (oder konkreter gesagt: Rindfleisch), sondern in Teenagersprache ein Begriff, der einen Streit bezeichnet.
Vorsicht! Diese Kolumne dreht sich um Folge 2 vom "Sommerhaus der Stars", die seit 17. September auf RTL+ zu sehen ist und am Dienstag, 24. September, im linearen TV ausgestrahlt wird.
Man hat Beef miteinander heisst also nicht (schreiben Sie sich das gerne in ihren "Jungendwort des Jahres"-Kalender), man würde sich gemeinsam bei McDonald's einige Paletten tiefgefrorener Leichenteile reinpfeifen, sondern dass man sich wüst beschimpft, weil man in elementaren Dingen unterschiedliche Auffassungen vertritt. Mit den Teens in "Teenagersprache", das nur zur popkulturellen Einordnung, sind in diesem Fall übrigens nicht nur die Geburtenjahrgänge zwischen 2008 und 2014 gemeint, sondern im Prinzip alles ab
Diese Saison kommt besagter Beef jedenfalls in formvollendeter Doppeldeutigkeit. Ein lupenreiner Geniestreich des RTL-Ernährungsbeauftragten, der dieses Jahr zum vegetarischen Promivergraulen aufgerufen hat. Ein fleischloses Sommercamp der Karriere-Schiffbrüchigen, das gab es noch nie. Dabei hängt der Sommerhaussegen auch ohne Tönnies-Kaviar ohnehin zumeist schon schiefer als die Argumentationsketten von
Wutwurstbürger im Campingstuhl-Idyll
Jetzt gesellt sich zu den traditionell stets nach wenigen Sekunden in der Bocholter Einöde bereits blank liegenden Nerven auch noch ein vom Kölner Privatsender für D-Promi-Karrierestauauflösungen aufoktroyierter Fleischentzug. Da ist Veganer-Frontfrau
Entsprechend entrüstet fallen die Beef-Bataillone, angeführt von Gammelfleisch-Cheerleader
Beef zwischen Sam und Umut
Der grösste Beef scheint sich dann am Ende aber doch nicht um Tessa und die Omnivoren-Fraktion zu entspannen, sondern um die intellektuellen Brandsätze
Was genau diese Trash-TV-ikonische Drohung provoziert hat, verrät die Cliffhanger-Manufaktur RTL nicht sofort. Da muss man schon zwei Stunden investieren, um zu verstehen, was Umut (wie immer eine Mischung aus dem Minipli von
Insgesamt eine der bereits jetzt bizarrsten Handlungsstränge der Staffel ist, dass ausgerechnet
Raúl Richter reicht's
Anschliessend gibt es noch schnell einen redaktionellen Querverweis auf die Absurdität der Fleischesser-Wahrnehmungsstörung, an jeder Ecke würden ihnen militante Veganer auflauern, um ihnen einen unangemeldeten Vortrag über Ernährungsphilosophie zuteil werden zu lassen. Raúl Richter demonstriert, dass er als Ernährungsberater ähnlich talentiert ist wie als Schauspieler.
Einen ganzen Abend lang referiert er darüber, dass er veganes Essen wirklich nicht leiden kann und dass er Fleisch braucht und dass er ein freier Mensch ist, der sich nichts verbieten lässt und was dieser vegane Quatsch überhaupt soll - nur um dann nach einem Monolog, während dem man auch locker hätte Mandarin lernen können, folgende Quintessenz zu präsentieren: "Ich kann dieses Gerede über vegan nicht mehr ertragen!" Das ist ein bisschen so, wie sein Auto anzuzünden, weil die Benzinpreise gestiegen sind, und dann zu verkünden: "Die Grünen wollen mich zum Kauf eines Elektroautos zwingen!"
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Zum Glück gibt es ja auch noch die Spiele. Oft eine Adaption aus bekannten Formaten mit Challengehintergrund. So auch das erste heutige Spiel, eine Mischung aus "Wer wird Millionär" und Ekelprüfung im Dschungelcamp. Wobei die Spielregeln lauten, dass die Paare widerliche Speisen essen müssen, wann immer ihr Wissen nicht ausreicht, eine relativ einfache Quizfrage zu beantworten. Oder anders gesagt: Genau genommen ist das Spiel ausschliesslich eine Ekelprüfung, denn schon beim Buchstabieren des Wortes "Silhouette" kann kein einziges der acht Paare mehr mithalten.
Besonders filigran als Fragen-Vorträger zeigen sich Umut Tekin ("Buchstabiere das Wort Silhoouhädd") und
"Du hast dich herabgelassen gefühlt!"
Das Kölner Vordenkerduo
Diese Bemühungen von Endokrinologe Umut kommen nicht bei der gesamten Sommerhaus-Besatzung gut an. Berufslästerer Sam Dylan attestiert: "Umut fährt jetzt hier die Bro-Schiene!" Aber auch Umut-Herzdame Emma findet sein Engagement für fremde Paare befremdlich. Warum kümmert er sich um alle anderen - nur nicht um sie? Mit dieser Beobachtung konfrontiert eilt Umut zum Reflektieren auf das stille Örtchen, auf dem er gebetsmühlenartig sein Mantra "Nimm es nicht persönlich" aufsagt. Über der Toilette hängt ein langer, weisser Vorhang, damit die 529 Kameras den Prominenten nicht beim Toilettengang zusehen können. Dieser lange, schmale, oben spitz zulaufende Vorhang sieht immer so aus, als hätte der Geschichtslehrer Björn Höcke einen Ku-Klux-Klan-Aktivisten zum Schämen in die Ecke gestellt, weil er nicht korrekt aus "Mein Kampf" zitieren konnte.
Beim Ekelspiel haben übrigens am Ende
Showdown im Abendhimmel
Entsprechend stehen zum ersten Showdown im Abendhimmel nur mehr Alessia/Can, Tessa/Jakob, Sam/Rafi, Tobias/Sarah sowie Umut/Emma zur Wahl. Theresia/Stefan sowie Gloria/Michael haben sich diese Woche unwählbar gesiegt, Raúl/Vanessa bereits in der vergangenen. Zur Überraschung aller bedeuten die schon oben im Text gespoilerten sieben Stimmen für Tessa/Jakob nicht das automatische vorzeitige Ende. Das RTL-Regelwerk ist immer für eine Überraschung gut und schickt Tessa und Jakob für den Folgetag (gezeigt selbstredend spannungsbogenaffin erst nächste Woche) in ein Ausscheidungs-Duell mit Tobias Pankow uns Sarah Kern, die die einzige Stimme erhalten hatten, die nicht an Tessa ging: die von Tessa selbst.
Beide hadern anschliessend mit der Fairness und sind sichtbar schockiert. Vor allem Tobias Pankow zeigt sich gleichsam unversöhnlich wie Challenge-nervös: "Tessa ist eine radikale Aktivistin. Radikale haben im Fernsehen nichts zu suchen!" Hobbyjäger Tobias hat offenbar schon lange keine Talkshow mit
"Solange ich hier bin, wird das eure Hölle sein!"
Wie schon angedeutet eskaliert der Sommerhaus-Beef dann allerdings in eine ganz andere Richtung, Sam Dylan belauscht ein Gespräch, in den nochmals die Vorgänge des Vortags behandelt werden, als er Emma eine Nähe zum horizontalen Gewerbe nahelegte. Ehrgekränkt eilt er ins Wohnzimmer und fuchtelt bis in die durchblondierten Haarspitzen erregt mit einem langen Brotmesser vor Emmas Gesicht rum. Nach der Prostituierten-Analogie vom Vorabend ein neuerlicher Fauxpas: "Bist du geisteskrank, du fuchtelst mit dem Messer vor mir rum?"
Harmonieikone Theresia Fischer schlägt sich umgehend auf die Seite ihres Lästerbruders Dylan und verkündet: "Emma drückt auf den Tränenknopf!" Was natürlich zutreffend ist, denn jeder weiss: Bei Tessa kommen die Tränen auf Drüsendruck. Umut sieht den Mordanschlag auf seine Freundin überraschenderweise weniger locker und kündigt, hier schliesst sich nun der Kreis, quotengarantierend lautstark über den gesamten Gartenbereich hinweg: "Solange ich hier bin, wird das eure Hölle sein!"
Der an der Szene gar nicht beteiligte Rafi Rachek, der während des vermeintlichen Messerattentats auf Emma Fernlund nicht mal im Raum war, positioniert sich umgehend als Konterpart: "Du laberst Dünnpfiff, du Psychopath!" Ob der Psycho-Dünnpfiff oder der Messerstecher in der kommenden Woche für sein Verhalten in irgendeiner Weise diszipliniert wird, das verrate ich am Mittwoch direkt hier. Bis dann.
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