Sieben B-Promi-Paare werden für 13 Tage unter Dauerbeobachtung in ein Haus in Portugal gesteckt. RTL nennt das Ganze "Das Sommerhaus der Stars – Kampf der Promipaare". In Wahrheit ist dieses TV-Grusel-Kabinett ein höchst subtiles wissenschaftliches Experiment. Oder eben nicht.

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Man kann RTL wirklich nicht vorwerfen, dass der Sender kein Herz für die Wissenschaft hat. Erst vergangenen Sommer luden die Kölner Fernsehmacher eine Gruppe junger Nackt-Wissenschaftler zum Forschungsprojekt "Adam sucht Eva" auf eine einsame Insel, um in den Fachgebieten Anatomie, Philosophie und Gesellschaftswissenschaften offene Fragen zu klären.

Auch in diesem Sommer öffnet RTL sein Herz und seine Türen der Forschung und startet den Wissenschaftssommer 2016 mit einer neuen Science-Show. Unter dem Titel "Das Sommerhaus der Stars" treffen sich sieben aufstrebende B-Promi-Forscher-Pärchen, um in einer gemeinsamen Arbeit Grundlagenforschung verschiedenster Fachrichtungen zu betreiben. Interdisziplinärer wurde selten im deutschen Fernsehen zusammen geforscht.

Forschungsstützpunkt ist eine etwas in die Jahre gekommene Villa in Portugal, die für die jungen Talente zwar genügend Schlafplätze aufweist, aber in zu wenigen Zimmern. Zwar hatten sich die Nachwuchswissenschaftler doch ein wenig mehr Luxus erhofft, doch zumindest das beengte Platzangebot sollte sich bald von selbst erledigen. Nach und nach wählen sich die Jungforscher nämlich gegenseitig aus dem Labor.

"Wir pflegen eine gewisse Tabulosigkeit"

Aus dem Bereich der Sprachwissenschaften konnte unter anderem Thorsten Legat gewonnen werden. Dass der ehemalige Fussballprofi einen eher kumpelhaften Umgang mit der deutschen Sprache pflegt, schien eigentlich durch seinen Auftritt im "Dschungelcamp" bereits ausreichend bewiesen. RTL sieht hier aber offenbar noch Forschungsbedarf und lädt ihn zur Sommer-Uni nach Portugal ein. Zusammen mit seiner Frau brütet Legat dann über Sätzen wie "Jetzt ist der Ernst der Lage angekommen" oder "Es ist wie im Fussball: Derjenige, der den ersten Platz hat, gewinnt."

Musiker Hubert Kah unternimmt hingegen erste Untersuchungen auf dem Gebiet der Sexualwissenschaften: "Bei uns ist es so, dass wir eine gewisse Tabulosigkeit pflegen", erzählt der Sänger über sich und seine Partnerin Ilona Magyar. Später wird er die Theorie der Praxis weichen lassen und seine Ilona zur nächtlichen Ausübung ebenjener Tabulosigkeit überreden wollen – ohne Erfolg.

"Das Sommerhaus der Stars" eskaliert

Ein gänzlich anderes Forschungsinteresse treibt Rocco Stark und Angelina Heger an. Ob bewusst oder unbewusst wollen die beiden offenbar herausfinden, wie sehr sie den mitgereisten Kolleginnen und Kollegen auf die Nerven gehen können. Zumindest suggerieren das die Reaktionen der Gruppe. RTL lässt bei Klärung dieser Frage zum Beispiel den mitgereisten TV-Immobilienmakler Alexander Posth aus den Forschungsergebnissen zitieren: "Ich mag beide gern – getrennt voneinander."

Stark und Heger haben also offenbar den richtigen Forschungsansatz gefunden und folgen, so die Bilddokumente von RTL das hergeben, diesem Ansatz so weit, bis die Abschlussveranstaltung durch den Rauswurf Starks und Hegers derart eskaliert, dass am Ende nicht mehr so ganz klar ist, wer wem was vorwirft. Ein Anwalt, so ist Alexander Posths Bemerkung zu entnehmen, soll nach Ausstrahlung der Sendung Licht ins Dunkel bringen.

Warum sagt RTL nicht einfach, wie es ist?

Damit ist der erste von vier Teilen des RTL-Wissenschafts-Camps beendet und er wirft ebenso viele Fragen auf, wie er beantwortet:

  • Was kann man als TV-Anstalt noch alles senden, bis auch der letzte Zuschauer abschaltet?
  • Ist es TV-Prominenz wirklich wert, bei solchen Shows mitzumachen?
  • Warum hat man eine Sendung eingeschaltet, in der Thorsten Legats Frau erklärt, dass ihre erogene Zone am Ohrläppchen liegt?
  • Wann hören die Sender auf, immer das Gleiche nur unter anderem Namen zu senden?
  • Und wer ist eigentlich dieser Rocco Stark?

Die Naturwissenschaft sagt uns, dass eine totale Sonnenfinsternis nur bei Neumond zu sehen ist. Die RTL-Programmwissenschaft hingegen sagt uns, dass uns eine totale Hirnfinsternis jederzeit treffen kann. Die Wahrscheinlichkeit ist aber im Sommer am grössten, wenn sich die Umlaufbahnen der B-Promi-Terminkalender mit dem TV-Sommerloch kreuzen. Oder anders formuliert: Wenn den RTL-Programmverantwortlichen gute TV-Unterhaltung so dermassen egal ist, warum sagen sie es nicht einfach?

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