Viel lauter als mit seinem Boxkampf gegen Regina Halmich hätte Stefan Raab seine Rückkehr auf die TV-Bühne nicht feiern können. Doch nach einer Anfangseuphorie verlassen Raab und seine neue Show "Du gewinnst hier nicht die Million" inzwischen die Zuschauer. Warum das so ist, dafür lieferte die jüngste Ausgabe am Mittwochabend ein paar Hinweise.

Christian Vock
Eine Kritik
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"Das ist jetzt mein RTL", sang und rappte Stefan Raab, als er nach dem Boxkampf gegen Regina Halmich vor ein paar Wochen zu einem eigens komponierten Lied in seine eigene Pressekonferenz einlief. Und in der Tat deutet das, was bisher bekannt wurde, darauf hin, dass Raab in den kommenden Jahren eine wichtige Säule im RTL-Programm bilden wird.

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Grundstein dieser Säule ist Raabs wöchentliche Show "Du gewinnst hier nicht die Million", eine Mischung aus Raabs "TV total" und "Schlag den Raab". Am 21. Dezember steht Raab gemeinsam mit Michael Herbig für die Live-Show "Stephan und Bully gegen irgendson Schnulli" im Studio und für 2025 hat RTL bereits weitere Raab-Shows auf dem Zettel.

Insofern ist "Das ist jetzt mein RTL" nicht nur ein lustiger Spruch, es steckt auch ein bisschen Wahrheit drin. Sieht man sich jedoch an, wie Raab bisher beim RTL+-Publikum ankommt, liest sich die Geschichte ein bisschen anders. Denn die Kurve der wöchentlichen Nettoreichweite von "Du gewinnst hier nicht die Million" kennt seit dem Start der Show nur eine Richtung: nach unten. Von knapp 800.000 zu Beginn auf knapp 200.000 Menschen in Ausgabe zehn. Das ist ordentlich.

Warum Raab Zuschauer verliert

Woran mag das liegen? Vielleicht daran, dass das, was Raab bei "Du gewinnst hier nicht die Million" macht, alles andere als eine TV-Revolution ist, sondern nur ein Mix von dem, was Raab früher, also vor fast zehn Jahren im Fernsehen gemacht hat. Aber Fernsehen hat sich inzwischen eben weiterentwickelt. Nicht überall, aber manchenorts. Das Innovativste an "Du gewinnst hier nicht die Million" ist, dass Raab für seine Memes nicht mehr auf einen Knopf, sondern auf einen Bildschirm drückt.

Vielleicht liegt es auch daran, dass "Du gewinnst hier nicht die Million" nicht nur der Titel der Show ist, sondern auch Programm. Zumindest hatte man bisher nicht den Eindruck, dass die Kandidaten, die da gegen Raab um die Million kämpfen, auch nur den Hauch einer Chance haben, dieses Geld auch zu gewinnen. Die höchste Gewinnsumme liegt bisher bei 5.000 Euro.

Eine dritte Möglichkeit, warum die Begeisterung stark nachgelassen hat, könnte an dem liegen, was Raab damals wie heute unter gutem Humor versteht. "Die 'Tagesschau streicht das 'Damen und Herren''", zitiert Raab am Mittwochabend zum Aufwärmen eine aktuelle Schlagzeile und fährt in gespielter Empörung fort: "Unverschämt. Ich bin stinkesauer. Wirklich unfassbar, meine Damen und Herren. Die 'Tagesschau' streicht das 'Meine Damen und Herren' und sagt jetzt: 'Guten Abend, ihr Rundfunkgebühren-Opfer'."

Stumpf ist Trumpf

Das ist aus humoristisch-handwerklicher Sicht nicht gerade die grosse Kunst und aus inhaltlicher Sicht muss man wiederum nicht lange überlegen, welche Leute er mit dieser Stumpfheit abfischen will. Nicht viel subtiler wird es, als Raab einen Gesangsausschnitt aus einer Adventsshow von Florian Silbereisen zeigt und danach "scherzt": "Das war Viertel nach acht und ich hatte Gänsehaut. Oder wie heisst das, wenn das Essen zum Mund wieder rauskommt?"

Da ist Raabs nächster Witz fast schon feinsinnig: Raab zeigt einen weiteren Ausschnitt aus der Silbereisen-Show, in dem Thomas Gottschalk von seinem jüngsten Besuch in Raabs Show erzählt, nach welchem er 20.000 Instagram-Follower mehr gehabt habe. Das solle Silbereisen nun einmal toppen. Der will es versuchen, teilt dabei aber auch gegen Raab aus: "Auf jeden Fall gucken heute mehr zu", stichelt Silbereisen während seiner Show. Wieder ist Raab gespielt empört, kontert diesmal aber mit einem: "Bei dir gucken vielleicht mehr zu, aber weil sie einfach zu schwach sind zum Abschalten."

Anders als zuvor wurde hier sogar einmal um die Ecke gedacht und Raabs Gag-Schreiber nutzen diesen intellektuellen Höhenflug, um daraus eine kleine Analogie zum organisierten Ampel-Bruch der FDP zu basteln, mit "internem Geheim-Papier", "offener Feldschlacht", "D-Day-Pyramide" und inszenierter Strassenumfrage. Im Vergleich zu Raabs sonstigem Haudrauf-Humor ist das fast schon Satire – wenn er danach geschwiegen hätte.

Willkommen in 2024

Aber Raab kann offenbar nicht aus seiner Haut und zeigt den Gesangsauschnitt Silbereisens noch einmal, diesmal jedoch singt Raab den Text für Silbereisen: "Ich hab 'nen Hals wie 'ne Giraffe und klinge wie ein Affe und wer das hier guckt, ist ein armes Schwein", singt Raab über Silbereisen. "Man wird sich wohl noch verteidigen dürfen", rechtfertigt Raab seine Beleidigungen und schiebt ein "Ich hab nicht angefangen" hinterher – wohl wissend, dass es einen riesigen Unterschied zwischen Silbereisens Worten und seinen eigenen gibt.

Ja, vielleicht ist es tatsächlich der zynische Humor Raabs, der die Leute vertreibt. In den 2000ern war der zwar genauso respektlos, aber immerhin noch überraschend respektlos. 2024 ist Raabs Humor aber nur noch ein peinlich und die Erinnerung daran, dass man damals tatsächlich über so etwas gelacht hat. Es folgen noch ein paar Scherze über den "Golden Bachelor" und über Harald Glööckler, danach ist Raab mit seinem Leute-Abfertigen erst einmal durch.

Der Rest der Show ist dann ebenfalls recht schnell erzählt. Damit Stefan Raab gegen seine Studio-Kandidaten um die Million spielen kann, übernimmt Joey Kelly die Moderation der Spiele. Kandidat Patrick scheitert, sein Konkurrent Meik hingegen hält sich noch wacker und darf in der kommenden Woche wiederkommen, um dann noch einmal vergebens zu versuchen, die Million zu gewinnen.

Verwendete Quellen

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