Neue Superkräfte für ProSieben: Nach "Gotham" und "The Flash" schickte der Sender am Mittwochabend eine neue Superheldenserie in den TV-Abend. "Supergirl" soll diesmal den Bösewichtern die Ohren lang ziehen und gleichzeitig die Gleichberechtigung vorantreiben. Beides gelingt so halbwegs, für eine nette Dienstagabend-Unterhaltung reicht es aber allemal.

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Der klassische Superheld ist? Superman, na klar. Sicher auch Batman und Spiderman. Captain America vielleicht oder Hulk. So weit, so männlich. Aber wo sind die Frauen?

Die Antwort: In Superheldenfilmen geben die Männer den Ton an. Filme mit einer Frau in der Rolle der Weltenretterin führen in Hollywood eher ein Schattendasein. Entweder gibt es so gut wie gar keine oder aber Superheldinnen tauchen nur in einer Gruppe von männlichen Superhelden auf, so wie die Figur der Black Widow in Marvel's "Avengers". Gleichberechtigung sieht irgendwie anders aus.

Dass Filmemacher in der Vergangenheit eher einen Bogen um Superheldinnen gemacht haben, mag vielleicht an zwei Filmen liegen, die von Kritikern wie Fans zerrissen wurden. 2005 floppte "Elektra" mit Jennifer Garner in der Hauptrolle, ein Jahr zuvor Halle Berry als Catwoman.

Catwoman oder Elektra: alles Grütze

Seitdem gelten die beiden Filme als Synonyme für vergeigte Superheldinnenfilme. Dabei wird gerne übersehen, dass die Filme nicht wegen der Hauptdarstellerinnen baden gingen oder weil der Held eine Frau ist, sondern alleine deshalb, weil die Filme einfach Grütze waren.

Die Bürde könnte also für "Supergirl" nicht grösser sein. Gilt es doch zu zeigen, was aktuelle Serien wie "Jessica Jones" auf Netflix gerade vormachen: Einfach gute Unterhaltung zu sein und damit zu beweisen, dass Superheldinnen doch funktionieren und nicht nur Anhängsel ihrer männlichen Pendants sein sollen.

Gerade Gleichberechtigung scheint ein Hauptanliegen von "Supergirl" zu sein. Die Protagonistin bringt dafür gleich noch die familiäre Vorbelastung für den ganzen Mann-Frau-Vergleich mit.

Von der Kaffeekocherin zur Weltenretterin

Kurz bevor der Heimatplanet Krypton explodiert, wird die 13-jährige Kara Zor-El ihrem Baby-Cousin Kal-El per Raumkapsel zur Erde hinterher geschickt, um ihn zu beschützen. Doch während ihr Cousin sicher auf der Erde landet und dort als Superman Karriere macht, kommt die kleine Kara erst mit 24 Jahren Verspätung an. Und sie muss feststellen, dass ihre Hilfe nicht mehr gebraucht wurde.

Obwohl mit denselben Kräften ausgestattet, beginnt Kara ein unauffälliges Leben in ihrer Pflegefamilie. Sie macht irgendwann irgendwas mit Medien und nutzt ihre Superkräfte nur, um die Belegschaft vor dem Nahen der kapriziösen Chefin zu warnen.

Doch irgendwann ist sie mit der Rolle der Kaffeekocherin unzufrieden. Als ihre Pflegeschwester mit einem Flugzeug abzustürzen droht, erwacht doch noch das Supergirl in ihr.

"Supergirl"-Macher setzen voll auf Feminismus

Doch der Weg zur Gleichberechtigung ist lang und der Schatten ihres berühmten Cousins riesig. Für die Macher eine ideale Konstellation, um so richtig mit der Feminismus-Planke zu wedeln.

Kara (Melissa Benoist) huscht nicht einfach zum Umziehen in eine Telefonzelle und ist die gefeierte Heldin. Vielmehr muss sie sich ständig den Vergleichen mit Superman stellen und auf Teufel komm raus beweisen, dass sie mindestens genauso gut ist.

So braucht das Medienunternehmen in National City dringend auch einen Superhelden wie Metropolis einen hat, sonst müssen wegen Auflagenschwundes Leute entlassen werden. Und selbst die Bösewichte reiben Kara die berühmte Verwandtschaft unter die Nase: "Gegen ihn zu kämpfen, war eine Ehre, aber du bist einfach nur lästig."

Supergirl? Das ist aber niedlich

Das sitzt und Kara macht ihrem Unmut Luft, als ihre Chefin der neuen Superheldin den Namen "Supergirl" gibt: "Ihr Name muss ihrer Bedeutung gerecht werden. Sie ist eine Superheldin. Wie wäre es denn mit Superwoman? Wenn wir sie Supergirl nennen, dann verniedlichen wir sie."

Dieser Superman-Supergirl-Vergleich durchzieht die Serie. Er hat dann seine Stärken, wenn er sich auf der rein kreativen Ebene bewegt. Da sprudelt es nur so vor Einfällen. So arbeiten beide bei Medienunternehmen, stehen auf den Kollegen/die Kollegin und niemand erkennt sie, nur weil sie die Brille absetzen und einen engen Anzug anziehen.

Und: Karas Pflegevater wird von Dean Cain gespielt, der in den 1990er Jahren den Superman in "Superman – Die Abenteuer von Louis und Clark" spielte. Und Karas Pflegemutter ist niemand anders als Helen Slater, die 1984 schlagartig berühmt wurde durch ihre Filmrolle als: "Supergirl".

Viele Anspielungen machen den Charme aus

Während die Serie sonst in puncto Look und Witz eher konventionell daher kommt, sind es vor allem diese kleinen Einfälle und Anspielungen, die den Charme der Serie ausmachen. Wie die Idee, Kara wie die junge TV-Anwältin Ally McBeal aussehen zu lassen, während ihre Chefin gespielt wird von Calista Flockhart, die genau diese Ally McBeal damals spielte.

Das ist nett und lässt den Zuschauer wissend schmunzeln. Sobald die ganze Gleichberechtigungsnummer aber auf eine Botschaft hinausläuft, wird es ein wenig zu flach. Wenn da eine Frau das Supergirl im Fernsehen fliegen sieht und ganz verzückt ruft: "Endlich mal jemand, zu dem meine Tochter aufschauen kann", dann ist Gleichberechtigung auf die Formel verkürzt: Eine Frau ist dann gleichberechtigt, wenn sie genauso stark ist wie ein Mann.

Gleichberechtigt sind aber Superheldinnen wohl erst dann, wenn dem Zuschauer egal ist, ob unter dem Umhang ein Mann steckt oder eine Frau. Einfach, weil die Geschichte funktioniert. "Supergirl" hat dafür den ersten kleinen Schritt gemacht.

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