Da konnte Tim Wiese noch so viele Beton-Bälle werfen: Auch die letzte Ausgabe von ProSiebens "Superhero Germany" hatte viel Kraftmeierei, aber nur wenig Unterhaltsames zu bieten. Es würde daher sehr überraschen, wenn die Show eine Verlängerung bekommt.

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Da stehen sie also, René und Lucia, und müssen zugucken, wie sie nicht ProSiebens "Superhero Germany" geworden sind.

Der Titel der Show lässt ohnehin ahnen, dass man hier mit dem Begriff des Helden ein bisschen vorsichtig sein muss. Ein Held, so lehren es uns schlaue Bücher, musste sich in irgendetwas beweisen, irgendetwas Überdurchschnittliches leisten.

Bei klassischen Helden antiker Prägung hatte dieses "irgendwas" ziemlich oft mit Krieg, Ungeheuer töten oder Jungfrauen retten zu tun, in der Regel aber stets mit Muckis. Bei ProSiebens "Superhero Germany" hat man sich auf die Muckis konzentriert, auf die Sache mit dem Krieg und den Ungeheuern hat man dankenswerter Weise verzichtet.

"Superhero Germany": Im Trend, aber nicht angesagt

Stattdessen müssen sich die Teilnehmer auch in der Finalshow in klassischen Eisenbiegerdisziplinen beweisen. In Zwei-Wort-Spielen namens "Der Quader", "Der Hammer" oder "Das Triebwerk" führen die Kandidaten Tätigkeiten aus, die ansonsten ein Zugtier, eine Maschine oder eigentlich niemand übernimmt: Einen 150-Kilo-Klumpen ziehen, auf Holzklötze eindreschen oder ein Laufrad zu Fuss antreiben.

Das Ganze funktioniert wie immer über drei Duell-Runden, Mann gegen Mann und Frau gegen Frau, bis die Kandidaten sich dann in Duellen mit altgedienten Sport-Grössen wie der ehemaligen Speerwerferin Christina Obergföll oder dem Ex-Fussballtorwächter Tim Wiese beweisen dürfen.

Wer auch immer sich dieses Format ausgedacht hat – ein Held in Sachen Fernsehunterhaltung kann es nicht gewesen sein, denn die Show orientiert sich im Prinzip an all den anderen Sport-Duell-Shows wie "Big Bounce" und "Ninja Warrior Germany", die seit einiger Zeit angesagt sind, und natürlich an all den ProSieben-Randsportartenshows à la Stefan Raab.

Umso erstaunlicher, dass "Superhero Germany" trotz des gleichen Prinzips beim Zuschauer deutlich weniger ankommt, als die Konkurrenz.

Die beiden letzten Folgen konnten lediglich jeweils etwa sechs Prozent der werberelevanten Zielgruppe erreichen – für eine Samstagabendshow ein eher schwacher Wert.

Was stimmt nicht mit "Superhero Germany"?

Die Gründe wird man bei ProSieben wohl noch gründlich analysieren, sollte man sich überhaupt Gedanken machen, die Show fortzusetzen. Vielleicht liegt es ja an den Vorstellungsfilmchen, in denen jeder Kandidat mindestens einen Schicksalsschlag, von der schwierigen Kindheit bis hin zur schweren Verletzung, durchleben musste, ehe ihm der Kraftsport neunen Lebensmut gab.

Ja, der Leidensweg bis zur Erweckung gehört auch zur Helden-Dichtung. Für die Dramaturgie und den Unterhaltungswert ist es aber schlicht wurscht.

Vielleicht liegt es aber auch an dieser computerspielartigen Bewertung, bei der die Kandidaten bezüglich Kraft, Ausdauer, Tempo und Koordination eingestuft werden, und am Ende ein "Hero-Faktor" für jeden ausgegeben wird. Auch sie ist mindestens genauso wurscht.

Es ist auch nicht auszuschliessen, dass das mangelnde Zuschauerinteresse an der Auswahl der Sportheroen liegt, die den Grossteil des Abends herumsitzen und lediglich am Ende gegen die dann schon etwas entkräfteten Kandidaten antreten müssen.

"René, starke Leistung, hätte ich nicht gedacht. Aber Nico, warum hast du so langsam gemacht?", erklärt beispielsweise Tim Wiese nach einem Kandidatenduell und man ahnt, dass es einen Grund haben muss, warum sich Tim Wiese als Wrestler versucht hat und nicht als Entertainer.

"Superhero Germany": Einfach ein bisschen zu stumpf

Vielleicht ist die ganze Kraftmeierei auch einfach zu stumpf für eine ansprechende Samstagabendshow. Es sieht einfach nur halb so schön aus, wenn jemand einen 150-Kilo-Block zieht, wie wenn jemand leichtfüssig durch einen Hindernis-Parcours springt.

Und wenn sich Tim Wiese und Kandidat René beim Beton-Ball-Spiel schier endlos Zehn-Kilo-Medizinbälle zuwerfen, hat das mit Ästhetik auch nur wenig zu tun.

Am Ende dürften die schwachen Zuschauerzahlen wohl an allem zusammen liegen und so ist "Superhero Germany" vielleicht eher etwas für Leute, die selbst Betonklötze mit den Fingerspitzen ausdrücken können. Dementsprechend klein dürfte eben das Zielpublikum sein.

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