Der tut nix, der will nur überraschen. Bruce Darnell hat seit Donnerstagabend seine eigene Show bei ProSieben. "Surprise! Die Bruce Darnell Show" ist mal lau, mal lustig, mal aufwendig und in ihrem besten Moment wirklich rührend. Dass die Show am Ende aber auch überraschend okay ist, liegt aber vor allem an der Arbeitsverteilung.
"Lass dich überraschen, schnell kann es gescheh’n, dass auch deine Wünsche in Erfüllung gehen." Wer das Vergnügen hatte, Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre fernsehen zu können, dem kommen bei den Begriffen "Überraschung" und "Samstagabendshow" wahrscheinlich unweigerlich diese Zeilen in den Sinn. Denn mit dieser kleinen Gesangseinlage begrüsste Show-Legende
Der Song gehört inzwischen ebenso zur TV-Geschichte wie Rudi Carrell selbst, ist aber textlich eigentlich völliger Unsinn. Denn wie überraschend kann eine Überraschung schon sein, wenn man sie zuvor mit einem "überrascht mich!" eingefordert hat? Und dass eine Überraschung schnell geschieht, ist wenig überraschend, schliesslich nimmt eine langsame Überraschung sich selbst ein bisschen das Überraschungsmoment.
Aber wir wollen nicht kniefieselig sein, schliesslich holte Carrell mit seiner Überraschungsshow seinerzeit Millionen Zuschauer vor die Fernseher. Da ist es wenig überraschend, dass ProSieben das Überraschungsshowkonzept aus der Schublade holt, schliesslich gehen Überraschungen im Fernsehen immer. Und wenn
Bruce Darnell: "Mein Leben war immer eine Überraschung"
"Mein Leben war immer eine Überraschung", erzählt Bruce Darnell gleich zu Beginn im violett ausgeleuchteten Studio und führt eine leicht erhöhte Sprunghaftigkeit in seinem Lebenslauf als seine Überraschungsexpertise an: "Soldat, mit 23 erster Model-Job, auf den Catwalks der Welt zuhause, Choreograph, Juror, jetzt eigene Show bei ProSieben". Und was macht ein Bruce Darnell, jetzt bei seiner eigenen Show bei ProSieben? "Ich mach das, was ich am besten kann und ich bin immer für eine Überraschung gut."
Das mag natürlich stimmen und vielleicht ist es exakt das, was ProSieben dazu bewogen hat, dem ehemaligen Soldatenmodelchoreographenjuror eine helfende Hand zur Seite zu stellen. Ein böse Überraschung ist ja bekanntlich auch eine Überraschung. "Sie sieht fantastisch aus", führt Darnell seine Co-Moderatorin ein, als ob es darauf ankäme, und schon kommt ProSieben-Moderatorin
Erst einmal verspricht Geppert "eine Show zum Wohlfühlen" und "nur positive Vibes". Das ist insofern ein guter Hinweis, als dass man sich auf Überraschungen gefasst machen kann, an deren Ende sich Menschen freuen. Also immer noch versteckte Kamera, aber ohne dieses Vorgeführtwerden. Und so geht sie los die Überraschungpolonaise, startet aber erst einmal im Low-Budget-Regal. Thore Schöllermann und Nico Santos überraschen während einer "The Voice of Germany"-Aufzeichnung Gäste auf dem Damenklo mit allerlei Absurditäten und man kann nur hoffen, dass Geppert mit "nur positive Vibes" etwas Anderes gemeint hat.
Tom Beck spielt den Lockvogel
Aber besser schwach beginnen und sich steigern, als umgekehrt. Und so leitet Darnell auch gleich den offiziellen Höhepunkt des Abends ein. Ein junger Mann namens Emanuele möchte seine Schwester Sephora überraschen. Die ist leidenschaftliche Sängerin, hat sich aber wegen ihrer vier Kinder zuletzt arg zurückgenommen. Nun möchte ihr Bruder ihr einen Überraschungsauftritt in der "Bruce Darnell Show" arrangieren lassen.
Es folgen ein Fake-Café, in dem sie bedienen soll, ein angebliches Filmset, ein übellauniger
Eine Hebamme wird von einem Dorf, Schauspielerin Nina Bott und Schlagersänger Bernhard Brink überrascht, um einmal danke zu sagen. Mario Basler wird nachts um vier aus dem Hotelzimmer geklopft, um Spielchen zu spielen, ein Mann überrascht seine Freundin im Kino mit einem filmgewordenen Heiratsantrag, eine Zuschauerin im Studio bekommt einen Überraschungsbesuch ihres Lieblingsschauspielers Moritz Bleibtreu, zwei weitere Zuschauer dürfen mit Bonnie Tyler deren Hits schmettern und eine junge Frau bekommt eine Kai-Pflaume-reife Familienzusammenführung.
"Surprise! Die Bruce Darnell Show": überraschend okay
Das ist alles mal lustig, mal rührend, mal gelungen, mal weniger, aber immer im versprochenen "Wohlfühlbereich". Für den emotionalen Höhepunkt sorgt aber eine ganz andere Überraschung. Bei einem vermeintlichen Video-Vorstellungsgespräch für die Position des "Social Managers" wundern sich die Bewerber über die Konditionen: 135 Stunden die Woche, "eventuell aber auch mehr", 24 Stunden am Tag erreichbar, "Urlaub gibt’s nicht", "Pausenzeiten? Gibt’s nicht" und die Bezahlung: 0 Euro, "100 Prozent ehrenamtlich."
Die Bewerber sind sichtlich irritiert, doch dann löst der vermeintliche Personalmanager die Situation auf: "Was ist denn, wenn ich ihnen sage: Es gibt Menschen, die diesen Job machen? Um es genauer zu sagen: Den Job machen Milliarden von Menschen: Mamas." Da bricht es plötzlich aus den Kandidaten heraus und es folgen spontane Gänsehäute, Tränen und Liebesgrüsse an die eigene Mutter. Eine schöne Idee.
Eine so schöne Idee, dass auch Geppert die Tränen der Rührung in die Augen schiessen und damit wären wir dann auch schon bei der Auflösung, warum es gut war, Darnell die erfahrene "Taff"-Moderatorin an die Seite zu stellen: Weil sie seinen Job macht. Darnell steht eigentlich fast den ganzen Abend nur auf der Bühne, sieht gut aus, ist emotional und moderiert hier und da den nächsten Programmpunkt an.
Die eigentliche Arbeit aber macht Geppert. Das wird okay sein, wahrscheinlich hat sie vorher in ihren Vertrag geguckt, aber erwähnt werden muss es. Das ist aber auch deshalb okay, weil es funktioniert und die "Bruce Darnell Show" das hält, was sie verspricht. Und so sind Darnells Abschiedsworte 30 Jahre nach der "Rudi Carrell Show" keine Überraschung: "Es ist eine Show fürs Herz und lasst euch überraschen!"
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