"Wir hier drin halten zusammen", heisst es irgendwann in diesem Stuttgarter "Tatort", der die Zustände hinter den Mauern einer Justizvollzugsanstalt beschreibt. Dort ist eine Art Parallelwelt entstanden, die nach ihren eigenen Regeln funktioniert. Doch nach einem Mordfall wird die Polizei aufmerksam. Am Tatort werden die DNA-Spuren des vorbestraften Mörders Holger Drake (Tambet Tuisk) gefunden. Der kann aber eigentlich gar nicht der Täter sein, sitzt er doch in der JVA Zuffenhausen ein. Zwei Jahren zuvor gab es einen ähnlichen Fall. Durchaus möglich also, dass Insassen des Gefängnisses irgendwie nachts freikommen, einen Mord begehen und dann wieder zurückkehren. Doch warum sollten sie das tun? Und wer würde einen solchen Auftrag geben?

Mehr News über TV-Shows

Worum geht’s hier eigentlich?

Wie es überhaupt zu diesen aussergewöhnlichen, ja fast mafiösen Zuständen hinter den Knast-Mauern kommen konnte, klärt sich gar nicht so recht auf. Und auch wenn der Leiter des Vollzugs, Franke (Herbert Knaup), den alle nur den "King" nennen, ganz offensichtlich ganz oben in der Nahrungskette steht, ist auch er nicht in alle Machenschaften eingeweiht. "Jeder hat jeden im Blick und keiner weiss was Genaues", lautet die Devise. Die Stuttgarter Kommissare Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) ermitteln: Bootz draussen und Lannert drinnen - undercover als Vollzugsbeamter.

Wie nervenzerfetzend ist die Spannung?

Der Film von Regisseur Martin Eigler wird erst zum Ende hin richtig spannend. Dann gilt es zum einen, einen weiteren Mordanschlag draussen zu verhindern. Und zum anderen ist es wie immer im Krimi: Irgendwann fliegt der Undercover-Ermittler auf. Was bedeutet: Sein Leben ist in Gefahr. Aber selbst diese Schlussszenen des Films inszenierte Eigler recht zurückhaltend und unspektakulär.

Ergibt das alles Sinn?

Nur wenige wissen, wie es zugeht hinter den Mauern dieses Landes. "Die Leute draussen wollen, dass der Bau unsichtbar ist, nicht riecht und nicht schmutzt", heisst es im Film, was sicher der Wahrheit entspricht. Und auch, dass hinter den Kulissen andere Regeln gelten, trifft wohl fraglos zu. Daneben jedoch nimmt sich der Film grosse Freiheiten und zeichnet ein düsteres Bild des Vollzugs. Auch wenn hier sicher überdeutlich an der Fantasieschraube gedreht wurde.

Braucht man das Drumherum?

Nur sehr dezent schreibt der 14. Stuttgarter Krimi mit Lannert und Bootz die privaten Verhältnisse der beiden Kommissare fort. Bootz erhält gleich zu Beginn die Scheidungspapiere und versucht aus dem Puff heraus, seine Kinder per Telefon zu erziehen. Kein einfaches Unterfangen! Am Ende, als Lannert endlich seine Tarnung aufgeben kann und wieder auf diese Seite des Gefängnisses zurückkehrt, münden die Ereignisse des Falls jedoch in einen hübschen Dialog. Bootz: "Und? Wie fühlt sich die Freiheit an?" – Lannert: "Nicht schlecht. Und bei Dir?" – Bootz: "Schlecht. Aber ich gewöhn mich dran."
Würde man diese Kommissare im Notfall rufen?

Lannertz und Bootz gehören zu den normalsten Menschen unter den "Tatort"-Kommissaren. Sie denken und handeln rational, drehen auch in Krisensituationen nicht durch und sind darüber hinaus sehr sympathische Kerle. Würde man sie im Notfall rufen? Selbstverständlich. Aber viel lieber noch würde man mit den beiden mal einen trinken gehen.

Wie fies sind die Verbrecher?

Die Frage müsste besser lauten: "Wie viele Verbrecher sind es?" Denn in diesem "Tatort" hängen quasi fast alle mit drin. Jeder hat Dreck am Stecken und darüber hinaus in der kleinen, eigenen Welt der JVA ganz offensichtlich den Bezug zu Recht und Ordnung verloren.

Hat sich das Einschalten gelohnt?

Es gab in den sechs Jahren, in denen die beiden Kriminalhauptkommissare ermitteln, sicher schon stärkere, spannendere und vor allem actionreichere Fälle. Aber es muss ja nicht immer laut zugehen am "Tatort"-Abend. Ein grundsolider Krimi also.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.