- Der Wirtschaftsprüfer eines bayerischen Klosters wurde mit einer der giftigsten Pflanzen Deutschlands umgebracht.
- Die Kommissare Batic und Leitmayr ermitteln unter den Nonnen, die von der Schliessung ihres Heims betroffen sind.
- Gedreht wurde in einem echten Kloster, das tatsächlich dem im "Tatort" behandelten Klostersterben zum Opfer fiel. Sechs Fragen und Antworten zum neuen Fall aus München.
Was hat es mit dem Gefleckten Schierling auf sich und wie erkennt man ihn?
Das Opfer im "Tatort" wurde mit dem Gefleckten Schierling (Conium maculatum) vergiftet. Er gehört zu den giftigsten Arten der Doldengewächse und ist eine der giftigsten Pflanzen Deutschlands. Es handelt sich um ein Kraut mit einer weissen Blütendolde, die anderen, harmlosen Pflanzen (wie der Möhre oder Kümmel) sehr ähnlich sieht – ein nützliches Warnzeichen ist allerdings ein stechender Geruch nach Mäuse-Urin. Ausserdem kann der Schierling bis zu zwei Meter hoch werden und hat einen rot gefleckten Stengel.
Als Heilpflanze wurde der Schierling laut der Webseite des Apothekenverlages von der Nonne und Heilkundlerin Hildegard von Bingen im Mittelalter als Mittel gegen Gicht und Koliken gerühmt. Die Volksmedizin setzte das Kraut, das dank einem Curare ähnlichen Wirkstoff lähmende Eigenschaften besitzt, "früher innerlich bei Neuralgie, Muskel- und Gelenkrheuma, Genickstarre, Krämpfen und spastischen Zuständen der Bronchien" ein.
Wie wirkt das Gift - und ist es wirklich tödlich?
Auf "apotheken.de" werden auch die Nebenwirkungen des Schierlings beschrieben, wegen derer er in der Schulmedizin kaum noch Verwendung findet: "Vergiftungssymptome bei Aufnahme von etwa 10 g der frisch getrockneten Früchte oder etwa 30 g der frisch getrockneten Blätter sind Brennen im Mund, Kratzen im Hals, Speichelfluss, Augenrollen, Sehstörungen und Schwäche der Beine. Von einer inneren Anwendung wird abgeraten."
Der griechische Philosoph Sokrates wurde 399 v. Chr. durch die damals übliche Hinrichtungsmethode des Schierlingsbechers getötet: Verurteilte mussten sich selbst umbringen, indem sie einen hochkonzentrierten Sud aus Wasser mit zerstampftem Schierling tranken. Von den Füssen beginnend, setzte eine allmähliche Lähmung des Rückenmarks und der Atemwege ein – bis zum Tod blieb der Verurteilte bei vollem Bewusstsein.
Gibt es das Kloster Dannerberg wirklich?
Nein. Für den Dreh wurden viele unbewohnte oder für eine andere Nutzung umfunktionierte Klöster in Bayern besichtigt, bis das Produktionsteam das Kloster Reisach fand, gelegen an der Autobahn zwischen Rosenheim (das auch im "Tatort" eine Rolle spielt) und Kufstein. Wichtig war, dass es nicht schon so lange leer stand wie andere Gebäude in Bayern: "Es atmet eine besondere Atmosphäre und man spürt noch den Geist der Ordensleute, die dort bis vor Kurzem lebten", sagt Produzentin Annie Brunner.
Was passierte mit den echten Klosterbewohnern?
Reisach war ein Kloster des Ordens der Unbeschuhten Karmeliten, anders als im Krimi wurde es von Männern bewohnt. Der Radiosender Bayern 5 berichtete im Mai 2019 über die Schliessung: "Nach 300 Jahren Klosterleben packen die letzten Mönche im Oberaudorfer Kloster Reisach ihre Koffer. Der Orden hat sein Nutzungsrecht an den Besitzer des Klosters, den Freistaat Bayern, zurückgegeben. Das Erzbistum München will nicht einspringen. Die Ordensbrüder aus Polen ziehen sich aus dem Kloster Reisach in Oberaudorf zurück. Wie in so vielen Klöstern fehlt auch bei den Karmeliten der Nachwuchs, und der Erhalt des sanierungsbedürftigen Klosters wird zu teuer." Die Mönche zogen in ein Karmeliterkloster in Polen.
Wie realistisch sind die Nonnen im "Tatort"?
Im Zentrum des Krimis steht die Angst der Nonnen vor der Schliessung ihres Klosters. Dafür wurden laut Produzentin Annie Brunner Schwestern unterschiedlichster Orden befragt, "die über das Klosterleben und -sterben offen berichtet haben". Eigentlich habe sie, so Regisseurin Maris Pfeiffer gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, einen "leichten Sommerfilm" drehen wollen.
Sie habe sich Nonnen als "respektable, gläubige, aber von dem, was wir als Leben verstehen, zurückgezogene Frauen" vorgestellt. Aber dann sei das Rechercheteam auf "weltoffene, reflektierte und total im Leben stehende Frauen" getroffen, die sich erst nach langer Prüfung für ein Leben in einer Ordensgemeinschaft entschieden hatten: Wie im "Tatort" haben sie alle " unterschiedliche Lebenswege, pflegen tiefe Freundschaften, auch zu Menschen ausserhalb des Klosters".
Welche Rolle spielen die Männer?
Das Herz der Regisseurin gehört eindeutig den Frauen im "Tatort". Maris Pfeiffer lässt zwei Welten aufeinandertreffen: "In der Welt der Frauen geht es im Kern um das Erhalten einer Gemeinschaft – und um ganz individuelle Gefühle. Ihr geregelter Alltag lässt Raum für Gespräche und neben viel täglicher Arbeit im Kloster auch für Schönes. Viele der Gebete werden gesungen. Was für ein Privileg, wenn man anderthalb bis drei Stunden täglich singen darf." Ihr gegenübergestellt werden sowohl die Kommissare als auch die Gesandten aus dem Vatikan und der Hausmeister mit seinem Gehilfen: "Es ist eine Welt, die mehr von Logik und praktischen Fragen geprägt ist, auch die Welt grosser Gesten und dicker Autos."
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