Aktuell überschlägt sich die Politik mit Versprechen, etwas gegen die Wohnungsnot zu tun. Wie gross diese Not ist und welchen Anteil daran Immobilienriesen, Hausverwaltungen und eine falsche Wohnungspolitik haben, dieser Frage ist "Team Wallraff" in seiner jüngsten Ausgabe am Montagabend bei RTL nachgegangen.
Es ist ein erschreckendes Bild, das
Um all das zu dokumentieren haben Günter Wallraff und sein Team "monatelang in der Immobilienbranche recherchiert". Dabei fahren die Investigativ-Journalisten schwere Geschütze auf. In verschiedenen Bereichen dieser Branche haben sie sich undercover eingeschleust und mit versteckter Kamera gefilmt.
Bei seiner Recherche ist die Truppe um Undercover-Ikone Wallraff nicht nur grossflächig, sondern strukturiert vorgegangen, will möglichst viele Beteiligte im Immobiliengeschäft durchleuchten, allen voran die Schwergewichte. Das Team schleust sich bei grossen Immobilienfirmen ein, recherchiert getarnt als Hausmeister oder Immobilienmakler, arbeitet im Beschwerde-Callcenter, begleitet eine ältere Dame bei deren "Entmietungstermin" und Menschen bei der Wohnungssuche.
Undercover in der Immobilien-Wirtschaft
Es beginnt mit einem Wohnungsbesichtigungstermin in Berlin-Friedrichshain. Dutzende Menschen laufen gleichzeitig durch die Wohnung der Noch-Mieterin, die dem Treiben machtlos zusehen muss. Die Antwort des Maklers auf die Nachfrage des Reporters zeigt, worauf es auch in den folgenden Undercover-Einsätzen immer wieder hinausläuft – aufs Geld: "Wollen Sie eine Monatsmiete verlieren als Eigentümer?"
Kern des Problems für Wallraff: Es fehlt an Wohnraum, wie der Journalist vorrechnet. 31.000 Wohnungen in Berlin, 17.000 in München, 3.000 in Münster und auf dem Land im Grossraum Stuttgart "fehlen mehr als 28.000 Wohnungen."
Also geht Team Wallraff auf die Suche nach denen, für die genau das ein Problem ist. Er findet eine junge Familie, die im Raum Stuttgart eine grössere Wohnung sucht und er findet eine alleinerziehende Mutter zweier Kinder, die vom Amt lebt, weil sie nur eingeschränkt arbeiten kann. Beide Konstellationen scheinen K.o.-Kriterien für Vermieter zu sein.
Woran das liegt, erfahren Wallraff und mit ihm die Zuschauer bei seinem nächsten Undercover-Einsatz. Ein Reporter macht in einem einwöchigen Kurs seine Ausbildung zum Immobilien-Makler. Nach der Ausbildung bewirbt sich der Reporter bei der Münchener Immobilien-Firma Haus von Beck – und wird genommen.
"Der Beck will lieber das Gesindel raushaben."
Haus von Beck vermietet, verkauft und verwaltet Immobilien. Die Wahl der Immobilien-Firma ist nicht zufällig. Wallraffs Team hat sich für Haus von Beck entschieden, weil die Firma den Recherchen nach "in München berüchtigt" sei. Warum, erkennt der Reporter schnell. Der Umgangston mit den Mietern ist rau, die Methoden ebenfalls, wie dann die folgenden Bilder zeigen.
Der Reporter bekommt einen Job als Hausverwalter und fängt während seiner verdeckten Recherche einige deutliche Zitate ein: "Das ist dieses Asylantenwohnheim, was wir haben. Da sind Schwarze drin und das sind alles Wilde. Wenn ich da Hausmeister wäre, ich hätte schon den einen oder anderen über den Balkon geschmissen", erklärt dem Jung-Verwalter ein Kollege.
Auch über den gewünschten Umgang mit den Mietern ist die Ansage des Vorgesetzten für Wallraffs Reporter klar: "Da haben Sie freie Hand bei uns. Der Beck will lieber das Gesindel raushaben." Ziel des resoluten Auftretens gegenüber den Mietern, so erfährt man es in der Reportage, sei es "der Chef im Ring" zu sein. "Bitch", "Rotzlöffel", "Arschloch" - die Bezeichnungen, die man in der Reportage von der Hausverwaltung über die eigenen Mieter zu hören bekommt, sprechen eine eindeutige Sprache.
"Eigentum als Gelddruckmaschine"
Wenn auch nicht so deftig in der Wortwahl, so ist der Umgang mit Mietern in anderen Immobilien-Branchen laut Reportage nicht weniger zimperlich. Wallraffs Team schleust sich als Hausmeister und Callcenter-Mitarbeiter ein, besucht eine Frau, die "entmietet" werden soll, einer anderer flattern die Mieterhöhungen nur so ins Haus, und so weiter.
Das Fazit, das man dabei ziehen kann, ist immer das gleiche: Wer eine Immobilie hat und sie vermietet, sitzt am längeren Hebel. Reparaturen werden nicht erledigt oder nur nach langer Wartezeit, Rechnungen für Renovierungsarbeiten stimmen nicht und energetische Sanierungen werden für Mieterhöhungen missbraucht.
Was man nach der Reportage sagen kann: Bei den Firmen, die gezeigt wurden, herrschen erschreckende Zustände. Repräsentativ ist das natürlich nicht, kann es auch nicht sein. Das kann "Team Wallraff" gar nicht leisten. Was die Reportage aber leisten kann, und das macht sie, ist, Strukturen aufzuzeigen.
Wie zum Beispiel den massive Rückgang von Sozialwohnungen mit all den Folgen, die er nach sich zieht. Oder die Macht der Immobilienriesen, die über Tausende Wohnungen verfügen. Und natürlich die Ohnmacht derer, die in diesem Miethaifischbecken den Gesetzen des Marktes ausgeliefert sind. Kurzum, ein System, das den letzten Euro aus einem Quadratmeter rauspresst.
Wallraffs Fazit: "Nach unseren Recherchen steht für mich fest: Begünstigt durch den Privatisierungswahn der Politik missbrauchen die Immobilien-Riesen ihr Eigentum als Gelddruckmaschine. Dabei ist Wohnen ein Menschenrecht."
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