Nach Fastfood-Restaurants und Pflegebranche knöpft sich Undercover Ermittler Günter Wallraff mit seinem Team die Sicherheitsbranche vor. Was der Investigativjournalist da aufgedeckt hat, sorgt nicht gerade für grosses Vertrauen.
Günter
Die Fachkräfte begegnen betrunkenen Oktoberfestbesuchern mit übertriebener Gewalt, schikanieren Flüchtlinge und Opfer von Fremdenfeindlichkeit. In einer Sicherheitsfirma bekommen sogar ungeeignete Schüler nach drei Tagen einen Waffenschein ausgehändigt.
Opfer sind allerdings auch die Sicherheitsleute: Sie werden nicht nur immer wieder von ihren Kunden beschimpft, bespuckt und angegriffen. Dazu kommt ein schlechter Lohn, der es kaum zum Leben reicht. Undercover-Ermittler
Das ist ein Knochenjob, der selbst erfahrene Securityleute an ihre Grenzen bringt. Hartwich hat aber nur einen fünftägigen Crashkurs absolviert. Da wundert es nicht, dass Sicherheitsleute nach Mammutschichten, Dauergepöbel und schlechter Ausbildung falsch reagieren.
"Wo Menschen sind, passieren auch Fehler", räumt Jörg Pappenberger, Sprecher der Sicherheitsleute auf dem Volksfest, ein. Ordner Reza formuliert es anders: "Ich würd mir keine auf die Schnauze geben lassen, für sieben bis acht Euro." Lieber zuschlagen, bevor andere es tun, lautet für viele die Devise. Dabei sind die Ordner für die Sicherheit tausender Menschen verantwortlich.
Jobcenter-Wachleute sind auf Hartz IV angewiesen
Noch skandalöser ist aber das, was das Team Wallraff im Jobcenter von Frankfurt am Main zutage fördert. Die Wachleute arbeiten dort nicht nur mit einem zwischengeschalteten Subunternehmer für staatliche Einrichtungen, zugleich sind sie auch deren Kunden. 8,14 Euro erhalten die interviewten Wachleute. Da kaum einer die Gelegenheit bekommt mehr als 35 Stunden in der Woche zu arbeiten, müssen sie mit Hartz IV aufstocken.
Weit mehr als 35 Stunden arbeiten die Sicherheitsleute in der Hamburger Erstaufnahmestelle. Von ihrer besten Seite zeigt sich die Nation hier nicht. Den Sicherheitsmitarbeitern wird offen mit Kündigung gedroht, wenn sie sich nicht nach den Richtlinien der Sicherheitsfirma verhalten. Und dazu gehören vor allem lange Arbeitstage. 60-Stunden-Wochen gehören zum Alltag.
Günter Wallraff: "Da sind Opfer mit Opfern zusammen"
Wer nicht ständig für Schichten zur Verfügung steht, wird abgestraft. Trotz langer Arbeitszeiten lohnt sich das Schuften nicht: 8,50 Euro zahlen die Firmen pro Stunde. Geldnot, Angst vor Chefs und Jobverlust –„ das macht einen Menschen fertig“, fasst Wallraff zusammen. Entsprechend gross ist der Frust unter den Sicherheitsleuten, den die Wachleute an den Asylbewerbern auslassen.
Statt für deren Sicherheit zu sorgen, werden die Flüchtlinge als Schmarotzer und Kriminelle beleidigt. Die Security zeigt sich dabei so mitleidslos mit den Menschen, denen es noch viel schlechter geht als ihnen selbst, dass selbst der hartgesottene Wallraff erschüttert ist: "Da sind Opfer mit Opfern zusammen."
Geldboten bekommen Schusswaffe nach wenigen Tagen
Opfer könnte es auch bei einem weiteren Undercover-Einsatz geben. Die Rede ist nicht von den Geldboten, von denen im Schnitt jeden dritten Tag einer in Deutschland überfallen wird, sondern von völlig Unbeteiligten. Die Geldboten geniessen nämlich ein besonderes Privileg. Wie Polizisten dürfen sie in der Öffentlichkeit Schusswaffen tragen. Die Erlaubnis dazu wird Security-Schülern nach drei Tagen ausgehändigt, ob sie mit der Waffe umgehen können oder nicht.
So zeigt dann auch der Undercover-Einsatz wie ein Schüler immer wieder mit der entsicherten Waffe auf seine Kollegen deutet, den Finger am Abzug hat, während jemand die Schusslinie kreuzt. Die Erlaubnis eine Waffe zu tragen, erhält der Mann nach dem Kurs dennoch. Sicherheitsleute selbst werden so zum Risiko.
Die alltägliche Gefahr der Geldboten wird nicht einmal entsprechend entlohnt: 7,25 Euro plus 80 Cent freiwillige Prämie erhält Wallraffs Geldtransportfahrer. Dafür nimmt er das Risiko auf sich, angegriffen zu werden und selbst jemanden zu verletzen.
Wie solche Löhne überhaupt möglich sind, zeigt Günter Wallraffs vorerst letzter Einsatz für RTL. Er gibt sich als finanzkräftiger Investor aus, der Sicherheitspersonal für eine Disco sucht. Die Angebote, die ihm dafür gemacht werden, liegen zum Teil deutlich unter dem tariflichen Mindestlohn. Das ist nur ein weiterer Beleg dafür, dass Sicherheit oft nur als Pflicht gegenüber dem Versicherer und Kostenfaktor gesehen wird.
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