Mit Keimen belastetes Wasser, dreckige Zimmer, schlechtes Essen: "Team Wallraff: Pauschalurlaub - Ärger inklusive" lieferte am Montagabend erschreckende Einblicke hinter die Kulissen der Tourismusindustrie.
Flug, Hotel, Essen und eine Getränke-Flatrate für einen Fixpreis. Das verspricht All-Inclusive-Urlaub. Und zwar meist zu ziemlich günstigen Preisen.
Dass die Veranstalter dabei nicht beste Qualität bieten können, müsste eigentlich jedem Urlauber klar sein. Wie billig die Touristen aber teilweise tatsächlich abgespeist werden, deckten am Montagabend die Undercover-Reporter von "Team Wallraff: Pauschalurlaub - Ärger inklusive" bei RTL auf.
Als Animateure oder Servicekräfte ermittelten die Journalisten in Vier-Sterne-Clubs auf den griechischen Inseln und auf Mallorca, aber auch in Ferienparks in Deutschland. Prinzipiell stiessen die Reporter dabei überall auf ähnliche Umstände.
Dreckige Toiletten, Schimmel, Haare, Blut und andere Hinterlassenschaften der abgereisten Vorbewohner wurden in den Zimmern vorgefunden, teilweise sogar Ungeziefer.
Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Angesichts des knapp kalkulierten Budgets bleibt den Reinigungskräften zu wenig Zeit für eine ordentliche Reinigung der Räume. Da werden auch schon mal der Wohnbereich und die Toilette mit dem gleichen Lappen geputzt, direkt vor der versteckten Kamera der Undercover-Reporterin.
Trinkwasser mit Krankheitserregern belastet
Schlimmer geht's nicht mehr? Oh, doch. Während man über die unhygienischen Zustände mit viel gutem Willen vielleicht noch hinwegschauen kann, wird es bei der Verpflegung teilweise gesundheitsgefährdend.
In einem Club auf Rhodos schmeckt das Wasser verdächtig salzig und abgestanden, der Barkeeper erklärt mit verpixeltem Gesicht vor der versteckten Kamera, dass er ein schlechtes Gewissen habe, wenn er das Wasser Kindern einschenke. Trinken könne man es eigentlich nur mit Sirup oder Säften gemischt, führt er weiter aus.
Die Reporter schicken eine Probe des Leitungs- und Sprudelwassers ins Labor. Die Experten stellen Keime und Krankheitserreger fest, der Laborleiter bezeichnet die Qualität des Wassers als "sehr bedenklich".
Doch damit nicht genug. An der Bar stehen Flaschen von namhaften Alkoholherstellern, der Barkeeper schenkt hinter der Theke aber Billigmarken aus. Sein Bacardi-Cola schmecke nach "Desinfektionsmittel", erzählt ein deutscher Tourist. Bezahlt hat er dafür sieben Euro, denn das All-Inclusive-Angebot endet um 23 Uhr.
Zu den fragwürdigen Getränken kommt wenig appetitlich aussehendes Essen, für qualitativ hochwertige Zutaten fehlt das Geld. Schliesslich wollen der Reiseveranstalter und der Hotelier auch noch etwas verdienen.
"Man muss als All-Inclusive-Gast in mittlerer Preislage davon ausgehen, dass man nicht lecker isst und das Essen eintönig ist", erklärt der Pauschalreisen-Experte Mikka Bender.
Überbuchungen sind einkalkuliert
Und dann wäre da noch die Sache mit Überbuchung. Eine vierköpfige Schweizer Familie hat eine Suite gebucht, landet aber in einem viel zu kleinen Doppelzimmer.
Ein schwerbehinderter Mann muss stundenlang auf sein Zimmer und eine dringend benötigte Waschgelegenheit warten.
Laut Wallraff sind ähnliche Situationen einkalkuliert. Die Veranstalter haben lieber überbuchte Anlagen, als leerstehende Zimmer wegen kurzfristiger Absagen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht mag das Sinn ergeben, für die betroffenen Urlauber ist es eine Katastrophe.
Als Entschädigung wird in solchen Fällen meistens eine kleine Summe angeboten. Oder eine Sachleistung wie eine Massage oder ein Gratisausflug. Verbunden oft mit einer schnellen Unterschrift, die sich später als Unterlassungserklärung herausstellt. Es soll verhindert werden, dass die Touristen nach ihrer Rückkehr vor einem deutschen Gericht klagen, wie ein heimlich gefilmter Hotelmanager erzählt.
Immerhin ergeht es den Reiseleitern auch nicht besser. Ein Einstiegsgehalt von 750 Euro wird der verdeckten Reporterin von einem grossen deutschen Reiseveranstalter angeboten. Aufbessern kann sie sich ihr schmales Gehalt, indem sie Touristen Ausflüge andreht, für die diese zusätzlich Geld bezahlen müssen.
Unzufriedene Kunden zu beschwichtigen und kleinzuhalten scheint eine der Hauptaufgaben der Reiseleiter zu sein, Fehler oder Mängel dürfen natürlich niemals eingeräumt werden. Schliesslich könnten die Touristen ja klagen und einen Teil des investierten Urlaubsgeldes zurückfordern.
Interessant, aber wenig überraschend
Wirklich überraschend waren diese Erkenntnisse nicht. Genauso wenig kann nachvollzogen werden, wie repräsentativ der vom "Team Wallraff" gezeigte All-Inclusive-Horror tatsächlich ist, sicherlich gibt es auch viele seriöse Angebote.
Interessant war der Blick hinter die Kulissen der Urlaubsindustrie aber allemal. Wer seinen Sommerurlaub noch nicht gebucht hat und über eine All-Inclusive-Reise nachdenkt, dürfte am Montagabend ins Grübeln gekommen sein.
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