RTLs Neuerwerbung "Temptation Island" glänzte in den ersten beiden Folgen vorwiegend durch Langeweile. In Folge drei versprechen die Teilnehmer am späten Sonntagabend nun ein Ende der TV-Ödnis. Wie sich herausstellt, ein leeres Versprechen.

Christian Vock
Eine Kritik

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Manchmal erweisen sich Erfindungen als Rohrkrepierer. Oft, weil man die ganze Sache nicht zu Ende gedacht hat. Die Glatzenbürste zum Beispiel. Oder die Zwei-Personen-Pfeife. Oder die Badewanne mit Tür, um nur drei Erfindungen zu nennen. Die vollständige Liste ist schier endlos.

Einen Platz auf dieser Liste, das wissen wir nun nach den ersten zwei Folgen, hätte sich zweifelsfrei auch RTLs neue Anti-Partner-Show "Temptation Island" verdient. Zur Erinnerung: Vier Paare ziehen nach Geschlechtern getrennt in jeweils eine Luxus-Villa. Dort stehen Fitnessmodels des anderen Geschlechts bereit, um zu testen, wie stabil denn ihre Beziehung ist. Am Lagerfeuer bekommen die Kandidaten dann regelmässig gezeigt, was ihre Partner so getrieben haben.

Der Unterhaltungsfaktor der Show, so das offensichtliche Kalkül der Erfinder, liegt also in der Hoffnung, dass die Kandidaten etwas machen, das der Partner oder die Partnerin als beziehungbeendigungswürdig einstuft. Bei diesem Konzept gibt es im Grunde genau zwei Möglichkeiten: Entweder, es passiert was oder es passiert nichts.

"Richtig kranke Sachen"

Im ersten, eher unwahrscheinlichen Fall, ergibt sich das moralische Dilemma aus der Frage, worin genau die Unterhaltung liegen soll, dabei zuzusehen, wie zwei sich zuvor noch liebende Menschen ihre Beziehung auf's Spiel setzen, damit RTL seinen Sendeplatz am späten Sonntagabend füllen kann.

Den zweiten Fall hingegen konnte man in den ersten beiden Folgen bereits ausgiebig studieren, was jedoch zur gleichen Frage führt. Um es vorwegzunehmen: Auch in Folge drei sollte es darauf keine Antwort geben. Dabei kann man der Produktionsfirma zumindest keine Untätigkeit vorwerfen, schliesslich ziehen in Folge drei mit Anastaciya und Sabrina zwei Neuzugänge in die Männervilla.

Offenbar erhofft man sich von den beiden ein gewisses Konfliktpotenzial, die nötige Einstellung scheinen die Damen jedenfalls mitzubringen: "Ich habe mit vergebenen Männern kein Problem. Die Frauen der vergebenen Männer sollen mit mir ein Problem haben," erklärt beispielsweise Anastaciya ihre moralische Flexibilität.

Bei Salvatore scheint die Idee der Produktionsfirma, so viel gibt der Zusammenschnitt her, offenbar gut anzukommen: "Wird schwer sein, sie uns aus dem Leib zu halten", erklärt der junge Mann, was auch immer er damit meint. Für die kommenden Stunden verspricht sich Salvatore Grosses: "Ich denke, dass die Mädels jetzt auch richtig Gas geben. Da kann eventuell noch richtig kranke Sachen rauskommen."

Christina würde sich Gedanken machen

Die einzigen "kranken Sachen", die "Temptation Island" bisher ausgelöst hat, waren höchstens ein paar Schlafanfälle beim Zuschauer, sollte es aber trotzdem zum Äussersten kommen, droht Salvatores Freundin Christina jedenfalls schon einmal mit drakonischen Strafen: "Wenn ich merke, dass er Scheisse macht oder mir fremdgeht – natürlich ziehe ich mich dann zurück und werde mir ein paar Gedanken machen."

Gedanken hat sich Salvatore indes schon einmal gemacht und teilt diese seinen Kollegen im Schlafzimmer mit: "Die verschaffen dir so eine Atmosphäre mit Musik und Themen und Alkohol ohne Ende. Guck mal auch das Zimmer hier. Klar würde ich hier jemanden drauf ballern." "Würde". Das Hauptproblem der Show ist das Leben im Konjunktiv und in der Vorstellung, was alles passiert wäre – wenn doch nur einmal etwas passiert wäre.

Selbst als sich Salvatore und Robin über das anstehende Lagerfeuer und die möglichen Reaktionen von Salvatores Christina unterhalten, wird nur darüber gesprochen, was sie alles nicht gemacht haben: "Das habe ich ja nicht gemacht, was sie gemacht hat, oder? War ich so krass? Hab' ich 'ne Frau genommen? Dann hab' ich die gedreht, dann hab ich die auf den Boden gelegt? Das hab' ich nicht gemacht."

Der grosse Sündenfall? Noch nicht einmal ein kleiner

Nein, das hat er nicht gemacht und krass war hier auch niemand. Das Ganze ist ein ewiges Ankündigen, ein Theoretisieren, ein Suggerieren. Die Produktionsfirma ist lediglich geschickt genug, den Zuschauer und die Kandidaten mit sorgsam gefilterten Szenen glauben zu machen, dass hier der der grosse Sündenfall im Gange ist.

Immerhin scheint Janis die Strategie zu durchschauen, jedenfalls bleibt er bei den Bildern, auf denen seine Freundin Lisa von einem fremden Mann massiert wird, ziemlich gelassen: "Er scheint echt ein lustiger Typ zu sein, ansonsten würde sie nicht so viel mit ihm machen. Ich kann mir jetzt Gedanken machen – oder ich kann's lassen." Offenbar lässt er es und wenn sich noch nicht einmal Janis aufregt, warum sollte es dann der Zuschauer tun?

Alle Folgen von "Temptation Island - Versuchung im Paradies " ab dem 06.03.2018 exklusiv bei TVNOW
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