Die Löffelkocher sind wieder da: Bei "The Taste" kochen die Kandidaten unnötig kleine Gerichte, weil die auf einen Löffel passen müssen. Der Grund: Das soll das Essen voll auf den Geschmack konzentrieren. Das Dilemma: Davon hat der Zuschauer relativ wenig. Immerhin traf Koch-Coach Alexander Herrmann einen alten Bekannten wieder.
"Ich sagte mir, Hölderlin hat geschrieben: Ein Gott ist der Mensch, wenn er träumt, ein Bettler, wenn er nachdenkt. Verzeihen Sie mir bitte, wenn ich dieses hohe Wort in Beziehung mit einer Erdbeere bringe. Aber eines Tages fiel es mir ein. Ich lag morgens noch im Bett, meistens die beste Stunde, da wusste ich, womit sie zu füllen sei: mit einer Mandel."
Kulinarisch gesehen, war die Idee, eine Mandel in eine Erdbeere zu stecken und das Ganze als "Gefüllte Erdbeere" zu verkaufen, natürlich eher schlicht. Rhetorisch gesehen, war die Geschichte von Clemens Wilmenrod, dem Vater aller Fernsehköche und mutmasslichen Erfinder des Toast Hawaii, allerdings ein Knaller. It's all about the story.
Geschwollen daher reden konnte Wilmenrod also, beim Kochen, so sagt man, hat er es mit seinem Heringssalat bretonischer Art und anderen Gerichten nie in die gehobene Küche geschafft.
Aber schliesslich war Wilmenrod auch Schauspieler und kein Koch.
40 Köche, 50 Euro, 60 Minuten
Heute ist es genau umgekehrt. Kochen können die Erben Wilmenrods, aber rhetorisch ist bei deren Auftreten noch Luft nach oben, wie Cornelia Poletto in der Auftaktfolge der neuen Staffel "The Taste" beweist: "Was ist das denn? Hundefutter?", überlegt die Profiköchin, als sie ein Gericht serviert bekommt.
Ja, der Umgangston im Gastronomie-Bereich hat nicht gerade den Ruf, einer der zarteren Sorte zu sein. Aber wir wollen nicht unfair sein, Frau Poletto kann es auch ein bisschen poetischer: "Wisst ihr, was das ist? Das ist eine etwas dekonstruierte Lasagne." Geht doch.
Das mag vielleicht auch daran liegen, dass man hier bei einer TV-Show ist und nicht im Imbiss einer Autobahnraststätte. Deshalb genug vom Umgangston unter Köchen und für alle, die "The Taste" noch nicht kennen, hier die Regeln in der Kurzversion.
Für die Show haben sich über 1.000 Köche beworben, nur 40 haben es in die erste Runde geschafft. Dort muss jeder Kandidat für 50 Euro ein Gericht in 60 Minuten zubereiten. Die Besonderheit: Das gesamte Gericht muss auf einen Löffel passen.
Danach wird das Löffelgericht den vier Coaches serviert. Das sind in diesem Jahr Alexander Herrmann,
"The Taste": Löffel voll Herausforderung
Das Löffelkonzept ist in der Tat ein Alleinstellungsmerkmal unter all den Kochshows, die es in der Zwischenzeit gibt und erfordert oft genug ein Umdenken in Zubereitung und Präsentation. Wer einmal versucht hat, eine Pizza oder einen Sauerbraten mit Klössen auf einem Esslöffel anzurichten, der weiss, wovon die Rede ist. Aber das dürften die wenigsten sein.
Trotzdem oder gerade deshalb gehen die Kandidaten die Herausforderung mit Ehrgeiz an, wie zum Beispiel Event-Gastronom Pascha: "Da finde ich so ein Format wie 'The Taste', wo es wirklich immer nur um den Geschmack geht, ganz geil."
Gleichzeitig ist die starke Reduzierung des Essens auf den Geschmack natürlich die Achillesferse der Show, denn: Geschmack ist nichts, was man übertrieben gut im Fernsehen zeigen kann. Der Zuschauer muss also glauben, wenn die Coaches sagen, dass das Sesam-Hühnchen ein bisschen trocken oder das Erbsenpüree ein wenig zu dominant schmeckt.
Womit kann "The Taste" also dann überzeugen? Die Spannung in Folge eins zieht die Show aus zwei Fragen. Erstens: Kriegen die Kandidaten ihr Löffelgericht in 60 Minuten fertig? Zweitens: Wie schmeckt der Löffel den Coaches?
Dabei hat die Antwort auf Frage eins natürlich direkten Einfluss auf Antwort Nummer zwei. Wer einmal halbrohe Teigtaschen gegessen hat, kennt das.
Alexander Herrmann trifft seinen Ex
Dementsprechend kommt Cornelia Poletto zu folgendem Schluss: "Es ist nicht nur aufregend für die Kandidaten, es ist auch aufregend für uns." Das mag natürlich stimmen, unterschlägt aber den wichtigsten aller Beteiligten: den Zuschauer.
Man gönnt den Coaches natürlich jeden Bissen, aber spätestens nach zwei der insgesamt dreieinhalb Stunden hat man genug von karamellisierter Jakobsmuschel mit Wachtel-Onsenei und Seehecht-Türmchen mit Kartoffelboden. Wer in den eigentlichen Wettbewerbshows kochen darf, das hätte man gerne mit ein bisschen Mut zur Kürze zeigen können.
Da helfen die kleinen Frotzeleien unter den Coaches in puncto Kurzweil irgendwann auch nicht mehr weiter. Dass der Bauch von Frank Rosin ein bisschen bauchiger ist, als die der anderen, sollte 2018 nun wirklich nicht mehr als Unterhaltung durchgehen.
Kurz vor Küchenschluss kommt doch noch einmal so etwas wie Spannung auf. Da kommen Alexander Herrmann nämlich fast die Freudentränen, als plötzlich sein ehemaliger Mitarbeiter unter den Kandidaten auftaucht.
Nachdem bereits alle anderen den jungen Mann im Team haben wollen, steht nur noch die Entscheidung Herrmanns aus und damit die Frage, ob der Ex-Chef das Gericht seines Kollegen für gut genug hielt.
Am Ende kochen die beiden dann glücklich in den Sonnenuntergang und der Zuschauer kann sich freuen, wenn nach der zähen Auftaktfolge das Wettkochen endlich losgeht.
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