In der US-Show "Labor of Love" sucht eine Frau den passenden Partner. So weit, so bekannt. Doch der Sieger soll nicht nur der Traummann sein, sondern vor allem gleich der Vater des gemeinsamen Kindes. An sich schon ein fragwürdiges Konzept für eine Fernsehshow - wenn die nicht auch noch so voll dummer Klischees wäre.
"Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler." Es ist nun genau 30 Jahre her, dass dieser Satz in einem Interview mit dem "Spiegel" fiel und gesagt hat ihn der damalige RTL-Fernsehmacher Helmut Thoma.
Natürlich ein Fernsehmacher. Natürlich RTL. Denn so einleuchtend der Satz auch erscheint, lässt er doch die Verantwortung der Fernsehsender für ihr eigenes Programm aussen vor und gibt ihnen das Recht, jeden Mist zu senden, solange nur genügend Leute einschalten.
Und von diesem Recht haben Fernsehsender seitdem reichlich Gebrauch gemacht. Was war die Aufregung gross, als ein paar Unerschrockene in einen Container zogen, um sich bei ihrem Tun rund um die Uhr beobachten zu lassen.
Als das fast schon normal war, zogen Prominente in den Dschungel, um sich dort mit Maden überschütten zu lassen. Etwas kleiner, man stumpft schliesslich ab, war dann der Aufschrei, als die Nackten kamen, um sich zur Partnersuche auf eine Insel sperren zu lassen.
Inzwischen halten viele Angler ihre Ruten in den Teich und der Zuschauer kann sich bei all den Würmern kaum noch entscheiden, welcher Wurm der beklopptere ist. Denn, auch das ist eine Folge der Wurm-Fisch-Metapher, der Fisch beisst in der Regel nur beim grössten Wurm. Also muss der Wahnsinn gesteigert werden, das Programm immer extremer werden und seit kurzem hängt ein ganz besonders dicker Wurm im US-Fernsehteich.
"Labor of Love": Fruchtbarkeitstest zur Begrüssung
"Labor of Love" heisst die neue Show, die seit kurzem beim US-Sender Fox läuft und von Ex-"Sex and the City"-Schauspielerin
Der Auserwählte soll also nicht nur Zuneigung spenden, sondern auch gleich seine Spermien, um es auf den Punkt zu bringen. Dafür müssen die Kandidaten allerlei Tests meistern und gleich in Folge eins geht es in die Vollen. Man hat sich eben erst einander vorgestellt und schon müssen die Herren in der obligatorischen Traumvilla einen Fertilitätstest machen, damit Kristy gleich weiss, welcher Kandidat die schnellsten Schwimmer im Becken hat.
Also marschieren die Herren, kaum ist der Begrüssungscocktail gekippt, nacheinander in einen mobilen Container, um die Testbecherchen zu füllen. Und so locker-lässig die Stimmung und so nett das Ambiente in der Traumvilla auch ist – selten waren Fernsehbilder bizarrer. Denn während die Kandidaten drinnen beschäftigt sind, warten Kristy, Moderatorin Davis und die anderen Kollegen draussen vor der Kabinentür. Natürlich wird der Test nicht zum Spass gemacht und so bekommt der Sieger tatsächlich einen kleinen Siegerpokal und man will gar nicht wissen, was auf der Plakette des Pokälchens steht.
Ist das also der schmackhafte Wurm? Und wem genau soll er schmecken? Eine Frage, die man sich bei "Labor of Love" noch häufiger stellen wird, denn der Spermientest ist nicht das Einzige, was einem bei dieser Show fragwürdig vorkommt. Zum Beispiel das Konzept, den Wunsch, ein Kind zu bekommen, zu einer TV-Unterhaltungsshow zu degradieren. Oder die Frage, wie es danach weitergeht. Wenn sich die Paare bei "Bachelorette" und Co. gewöhnlich nach kurzer Zeit trennen, bleibt maximal ein verwaister Instagram-Account übrig – hier ist es ein Kind. Und das darf sich dann auch noch später auf dem Schulhof anhören, dass die halbe Nation bei der Paarungsanbahnung zusehen durfte.
"Labor of Love": Klischees, Klischees, Klischees
Und selbst wenn man das alles für unterhaltungsshowzulässig hält, ist da immer noch dieses immense Schubladendenken in der Show. Kristy, so erzählt es die Off-Sprecherin gleich zu Beginn, "hat scheinbar alles bis auf eines: einen Partner, um eine Familie zu gründen." So berechtigt ein Kinderwunsch auch ist, diese Lesart des perfekten Lebens lässt alle Menschen aussen vor, für die ein Leben auch ohne ein Kind schön sein kann.
Am klischeebeladensten wird die Show aber immer dann, wenn es um den perfekten Vater geht. "Wir haben 15 sexy und kultivierte Männer gefunden", stellt die Off-Sprecherin die Kandidaten vor und schon tanzen sie an, die Anästhesisten, Feuerwehrmänner, Tennislehrer und erfolgreichen Geschäftsmänner mit dem Kanister-Kinn, dem Zahnpasta-Lächeln und dem perfekten Körperfettanteil. Was sagt die Auswahl der Männer aus? Wo sind der Übergewichtige, der Langweiler, der Tagträumer, der erfolglose Geschäftsmann? Welches Menschenbild transportiert die Show? Dass nur gutaussehende Erfolgsmenschen gute Väter sein können?
Was macht überhaupt einen guten Vater aus? Diese Frage stellt die Show gar nicht erst, hat aber trotzdem schon die Antwort gefunden, weshalb die Kandidaten ihren Wert als Vater in zahlreichen Aufgaben beweisen müssen: einen Wissenstest gegen Schulkinder bestehen, zusammen kochen, eine Kinderparty veranstalten und ja – zeigen, dass man die Familie beim Camping vor einem Bären-Angriff beschützen kann. Ernsthaft.
Und so müssen die Kandidaten Sachen machen und Eigenschaften haben, die wirklich nichts über ihre Qualitäten als Vater aussagen: Wer die besten Spermien hat, kann trotzdem sein Kind vernachlässigen. Wer viel weiss, kann trotzdem sein Kind schlagen und wer blendend aussieht, kann trotzdem ein Arschloch sein. Am Ende kann die Show alles testen, nur nicht das, was wirklich einen guten Vater ausmacht: Er muss sein Kind lieben. Bedingungslos. Der Rest kommt von alleine.
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