Ist das noch "Wer wird Millionär?" oder schon "Wünsch dir was?" In einer neuen Ausgabe des Überraschungs-Specials der Quiz-Show wird vor allem auf die Tränendrüse gedrückt.

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Am Anfang steht eine Panne. Einer der Redakteure von "Wer wird Millionär?" stürmt hinein und kündigt ein "lustiges" Video an. Das zeigt, wie ein Familien-Van in Flammen aufgeht. Der Besitzer weiss nichts davon. Er sitzt im Publikum, verzieht aber keine Miene, als sein Opel sich in ein schwarzes verkohltes Etwas verwandelt.

Warum eigentlich das Auto von Willi Thiesen, 53, aus Adenau in Nordrhein-Westfalen, das Zeitliche segnen musste, erfährt der Zuschauer aber auch nicht im weiteren Verlauf der Sendung.

Stattdessen kommen erst einmal die elf Kinder Thiesens in einem ausgedehnten Einspieler zu Wort. Der Fleischermeister sollte schon beim letzten Special antreten, erlitt allerdings einen Herzstillstand und lag zwei Wochen lang im Koma.

Da so sein Schicksal bei RTL aber immer noch nicht tragisch genug ist, blicken seine Kinder mit Tränen in den Augen in die Kamera, eine der Töchter singt ein Lied für den ehemals schwerkranken Vater, der Sprecher vom "Perfekten Dinner" legt besonders viel Empathie in die Stimme und am Ende liegen sich alle zu den Klängen der neuesten Kuschelrock-Compilation heulend in den Armen.

Und Papa Willi versucht im Studio die Tränen zurückzuhalten. Es gelingt ihm leidlich.

"Wer wird Millionär?" mit nur einem Teilnehmer

Glücklicherweise dauert dieses Intermezzo nicht lange. Thiesen landet nichtsahnend als Kandidat im Stuhl, seine Familie hat ihn angemeldet. Er wird der einzige Teilnehmer in dieser Ausgabe von "Wer wird Millionär?" bleiben. Die ersten Fragen absolviert er ohne grössere Probleme.

Das erste Mal kommt er bei: "Unter welchem Originaltitel wurde eine berühmte Comicreihe zuerst veröffentlicht?", ins Straucheln. "Dat weiss ich nicht", sagt der Elffachvater. Er rät trotzdem richtig: "Asterix, le Gaulois". Als nächstes gibt ihm der jüngst verstorbene Lemmy Kilmister Rätsel auf. Was sagte der immer bei den Konzerten seiner Band? Richtig: "We are Motörhead, we play … Rock'n'Roll!"

"Ja nu, nutzt ja nix"

Thiesen strauchelt von da an durch die Sendung. Das ist zwar unspektakulär, aber der Familienvater kompensiert das durch seine lakonische Art. Den ersten Joker setzt er bei 16.000 Euro ein. Er lässt sich vom Publikum erklären, wie man Bhutan schreibt. Das bestätigt seinen vorher abgegebenen richtigen Tipp. "Ja nu, nutzt ja nix", sagt er.

Der nächste Joker fällt bei der Frage, was beim Kauf einer Heckenschere wichtig ist ("Die Schwertlänge", also die Klingen). Das artet in eine Diskussion mit dem Publikumskandidaten über grüne Sträucher aus - und ob die Blätter im Winter ausfallen oder nicht. Thiesen ist genauso gelangweilt wie der Zuschauer. Günther Jauch sagt: "Weiter geht’s." Thiesen: "Ich bin noch da", womit er wohl meint: "Ich bin noch wach."

Der letzte Joker fällt schliesslich, als es um Politik geht. Wie der erste demokratisch gewählte Präsident Russlands heisst, will Jauch wissen. Es geht um 64.000 Euro. Die Antwort soll der erste Gewinner der Million in der Show geben, Prof. Dr. Freise. Er tippt auf Boris Jelzin, ist sich aber nicht sicher.

Willi Thiesen vertraut ihm, auch wenn er kein Spieler sei, wie er immer wieder betont. Also genau der richtige Kandidat für diese Sendung. Die Antwort stimmt natürlich und Thiesen findet: "Wenn man hier mal so sitzt, isses halb so schlimm." Als Zuschauer kann man dem in dieser doch arg spannungsarm geratenen Sondersendung nur bedingt zustimmen.

Bei 125.000 Euro haben es dann alle fast geschafft. Thiesen muss beantworten, aus was Korn destilliert wird: "Weizen, Gerste, Hafer, Roggen und ..." Er überlegt nicht einmal kurz. "Zocker bin ich keiner, raten will ich auch nicht", sagt er. "Ich geh nach Haus".

Jauch versucht nicht einmal ihn zu überreden (die richtige Antwort ist "Buchweizen"), wie auch schon die gesamte Sendung über.

Schliesslich braucht der Mann ein neues Auto. Irgend so ein verrückter Fernsehsender hat es ihm aus unerfindlichen Gründen angesteckt.

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