Sind Sie so richtig von Ihrem Leben gelangweilt? Ja? Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie sind die Yottas oder aber Sie schauen "Die Yottas!". Die neue ProSieben-Reality-Doku begleitete in der gestrigen Auftaktfolge ein neureiches deutsches Pärchen auf seiner Reise durch die USA. Nichts Ungewöhnliches im Trash-TV-Universum. Bleibt nur eine Frage: Was zur Hölle soll das?

Mehr News über TV-Shows

Sehr geehrte Zuschauerinnen, sehr geehrte Zuschauer. Aus moralischen Gründen müssen wir Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie in den kommenden Minuten, in denen Sie diese Sendung verfolgen, Szenen sehen werden, die Ihre Fremdscham viel mehr als gewöhnlich ankurbeln werden.

Das ist nicht unsere Absicht. Wir kommen nur unserer obligatorischen Suche nach einem neuen Trash-Format nach, das alles bisher Gezeigte intellektuell nach unten korrigiert. Wir möchten Sie bitten, nach dem Ansehen dieser Sendung weder Auto zu fahren noch schwere Maschinen zu bedienen, bis ihre geistige Gesundheit wiederhergestellt ist.

Wenn man Wert auf Fairness legt, dann hätte man als Zuschauer eigentlich einen solchen Hinweis von ProSieben vor der Ausstrahlung von "Die Yottas!" erwartet. Der Sender entschied sich jedoch für die etwas kleinere Variante. "Die Yottas sind selbst für Hollywood-Verhältnisse etwas ganz Besonderes", erklärt die Off-Sprecherin nach wenigen Minuten. Das ist ebenso richtig wie untertrieben.

Tschörmänie goes Hollywood

Die Yottas, das sind Bastian Gillmeier und Maria Hering. Der 38-Jährige stammt aus dem niederbayerischen Landshut und war früher Versicherungsvertreter, seine elf Jahre jüngere Partnerin kommt ursprünglich aus Magdeburg. Den Namen Yotta haben sie erfunden, wie Bastian erklärt: "Irgendwann mal habe ich das metrische System gesehen. Kilo ist zehn hoch drei, mega ist zehn hoch sechs und das ganz oben war yotta. Und da dachte ich mir, okay, dann lass das doch alles mal yotta sein, und ich habe das Wort mega into the word yotta getauscht."

Vor eineinhalb Jahren entschied sich das Paar, nach Hollywood zu ziehen und den Weg nach oben anzutreten. Dort sind die beiden inzwischen angekommen, scheinen zu einem beträchtlichen Vermögen gekommen zu sein: Villa, Rennflitzer, Privatköchin. So weit, so neureich.

Doch bei den Yottas ist alles ein bisschen drüber. Deshalb stehen immer ein paar Säckchen Bargeld herum, muss der Thron auch auf Reisen dabei sein - und in der Villa hängen die sogenannten Yotta-Girls herum. Das sind junge Frauen, "denen die Yottas das Yotta-Life beibringen". Was genau das bedeutet, konnte in der Auftaktfolge aber nicht vollständig geklärt werden.

Bastian, "The Brain", Yotta

Geklärt ist hingegen die Frage, wie die Yottas in der kurzen Zeit so viel Geld anhäufen konnten. Weil es Bastian Yotta einfach draufhat: "Ich bin extrem schön und hochintelligent. Mein Gehirn arbeitet um ein Vielfaches schneller als das Durchschnittsgehirn." Mit diesem überdurchschnittlichen Gehirn hat Bastian Yotta dann zum Beispiel einen Schreibtisch mit Laufband erfunden: "Ich hab' festgestellt, wenn du gehst, bist du viel mehr in Motion." Ja, so ein Superhirn ist schon eine tolle Sache.

Trotz Superhirn kann man aber auch schon mal mit zwei Sprachen durcheinanderkommen. Wenn Bastian Yotta spricht, dann kommen dabei Sätze heraus wie: "I don't feel im Überfluss", "Here is totally verbarrikadiert" oder "The schönste Frau of the World". Er selbst würde dazu wahrscheinlich "Sprechen im Yotta-Style" sagen. Ohnehin kommen die beiden nicht ohne einen Satz aus, in dem nicht das Wort Yotta vorkommt: Yotta-Mansion, Yotta-Cam, Yotta-Life.

Nicht protzen, motivieren

Und dieses Yotta-Life wird nun die kommenden vier Wochen von ProSieben begleitet. Der Sender hat anscheinend auch allen Grund dazu, denn laut Selbstauskunft im Pressematerial ist im Leben der Yottas "jeder Tag unterschiedlich und ein reines Abenteuer". Abenteuer bedeutet bei den Yottas dann Fitness, Selfies für Instagram, Ferrari fahren und Koffer-Shoppen bei Louis Vuitton, denn "ich bin, seit Gianni gestorben ist, gar nicht mehr der grosse Versace-Fan", wie Bastian erklärt.

Mit Angeberei haben die Yottas aber angeblich nichts am Hut. In einem Interview erzählt Bastian Yotta, dass es ihm nicht ums Protzen, sondern um Motivation gehe. Aber irgendwie geht dieser Gedanke verloren, wenn er da vor seinen Geldsäckchen steht und erzählt, dass er sich unwohl fühlt, wenn er nicht stets 500.000 Dollar Bargeld im Haus hat. Und da er sich gerade nicht "comfortable" fühlt, muss seine Assistentin die auf dem Boden verstreuten Scheine dann auch prompt durchzählen.


Die Yottas: Clever oder gelangweilt?

Diesen ganzen Unfug zeigt ProSieben im üblichen Trash-Doku-Stil: Off-Sprecherin, schnelle Schnitte und Häppchen-Interviews. Und da Shoppen und Reden noch keine Geschichte ergeben, machen sich die Yottas auf die Suche nach einer neuen Bleibe.

Dazu kurven sie mit einem Luxus-Reisebus durch die Staaten. Im Bus schläft zwar nur die Assistentin, aber es ist immer gut, die "possibility" zu haben, sich unterwegs mal ein Ei in die Pfanne zu hauen.

Es ist, um es höflich zu formulieren, eine ganz eigene Welt, die man da bei "Die Yottas!" betritt, und man ist sich als Zuschauer nicht so ganz sicher, wie man diesen ganzen Unfug einschätzen soll.

Entweder sind die Yottas ein extrem gelangweiltes Paar, das Leben mit Lifestyle, Erfolg mit Geld und Luxus mit Lebensqualität verwechselt. Oder es haben hier zwei geschäftstüchtige Menschen erkannt, wie man sich mit ein bisschen Getue, Kalendersprüchen und Blöd-Sprech auch als TV-Marke etablieren kann.

Vielleicht ist aber auch alles ganz anders - und Bastian Yotta ist sein TV-Motivationstraining einfach ein wenig übermotiviert angegangen. Was auch immer dahinterstecken mag, es bleibt die Frage: Warum sollte man sich das ansehen? Wenn Sie trotzdem in der kommenden Woche "Die Yottas!" einschalten wollen, planen Sie hintendran noch ein bisschen Zeit ein. Sie werden sich "Die Yottas!" mit zwei Stunden Arte aus den Augen waschen wollen.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.