Sex und Orgasmus gehören zusammen. Zumindest dürfte das für die meisten so sein. Um "Sex mit Höhepunkt" ging es am Mittwochabend in der ZDF-Doku "Make Love – Liebe machen kann man lernen". Doch was, wenn der Höhepunkt ausbleibt?
Unter den berühmtesten Filmszenen dürfte sie wohl einen der vorderen Plätze belegen: Die Szene aus "Harry und Sally", in der
Orgasmus und Vortäuschen: Offenbar kommt das eine nicht ohne das andere aus. Offenbar gehört für die meisten ein Orgasmus zum Sex dazu. Und offenbar hat ein Höhepunkt deshalb einen solchen Stellenwert, dass man ihn vortäuschen muss. Grund genug für Psychologin Ann-Marlene Henning sich einmal genauer mit dem Orgasmus zu beschäftigen.
Die Zahlen, die "Make Love" präsentiert, sprechen eine eindeutige Sprache, wie es um den Orgasmus in deutschen Schlafzimmern bestellt ist: Demnach kann jede dritte Frau nicht mit ihrem Partner zum Orgasmus kommen. Bei den Männern sieht es ähnlich aus. Hier soll jeder Dritte schon einmal einen Orgasmus vorgetäuscht haben.
"Make Love": Was, wenn es nicht mehr funktioniert?
Um den Höhepunkt steht es also schlimmer als man denkt – sollte man sich überhaupt Gedanken über die Orgasmus-Situation im Lande gemacht haben. Hannes (56) und Christiane (36) haben sich Gedanken gemacht, zumindest über den eigenen Höhepunkt. Irgendetwas scheint bei dem Paar nicht zu stimmen: "Wir sind intim miteinander und auf einmal ist alles vorbei. Ich verstehe nicht, warum. Ich habe oft den Gedanken, du funktionierst nicht", erzählt Christiane bei Sexologin Henning.
Nicht-Funktionieren. Dieser Gedanke, so erfährt man es bei "Make Love", hat Folgen: Ein ausbleibender Höhepunkt ist das eine, die Verlustängste und Gedankenspiele sind das andere. Kurzum: Sex ohne Höhepunkt kann eine Beziehung belasten. Um diese Belastung von Christiane und Hannes zu nehmen, beginnt Henning, das Paar zu beraten und den Zuschauer gleich mit.
Alles beginnt mit einem Gespräch über die Wurzeln des Problems. Die liegen offenbar im Altersunterschied der beiden. Er fragt sich, was so eine junge Frau von einem "alten" Mann wie ihm will. Sie ist sich dieser Rolle nicht bewusst. Diese Vertrauenskrise hat bei den beiden Auswirkungen auf den Sex.
"Make Love": Zahlen bitte!
Über Einzelgespräche mit dem Paar tastet sich Henning an deren persönliche Probleme heran und kommt für den Zuschauer auf diesem Weg zum Grossen und Ganzen. Zu körperlichen und psychischen Hindernissen auf dem Weg zum Orgasmus, zu Rollenbildern und dem Verständnis des eigenen Körpers.
Dazu führt sie Interviews mit Experten oder einer Gruppe Frauen, bringt Zahlen und Fakten. Sie erklärt, plaudert, gibt Tipps für die Praxis und das alles in ihrer gewohnt unverkrampften Art.
Noch ein paar Zahlen? Jeder Dritte findet es schwierig, seine sexuellen Wünsche in Worte zu fassen. 16 Prozent der heterosexuellen Frauen glauben, ihrem Partner einen Höhepunkt schuldig zu sein. 41 Prozent der Frauen, die schon einmal einen Orgasmus vorgetäuscht haben, machen das, um ihrem Partner zu zeigen, was für ein guter Liebhaber er ist. 40 Prozent der Frauen haben Schamgefühle beim Sex und 45 Prozent der Männer beklagen, dass Frauen ihre Wünsche nicht äussern.
Am Ende der vielen Zahlen, Gespräche und Tipps kann der Zuschauer über den Orgasmus folgende Infos mitnehmen:
- Frauen sollten ohne Scham sich selbst und ihre Sexualität kennenlernen
- Frauen und Männer sollten mehr über die eigenen Wünsche und Bedürfnisse reden
- Voraussetzung für diese Offenheit ist es, sich in seiner Partnerschaft sicher zu fühlen
- Männer wollen nicht immer nur das Eine
- Das Beziehungsgeflecht aus Emotionen, Beziehung, Körper und Kopf hat Einfluss auf die Sexualität und damit auch auf den Orgasmus
- Langsamkeit beim Sex wird immer noch unterschätzt
Das klingt im Jahr 2016 alles erst einmal banal, einleuchtend und selbstverständlich. "Make Love" zeigt aber, dass das praktische Wissen der Theorie offenbar noch oft genug hinterherhinkt.
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