Sie sind bunt, verführerisch, hip und gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen angesagt: Einweg-Vapes. Aber Einweg-Vapes sind noch etwas: Jan Böhmermann ein Dorn im Auge. Deshalb widmet sich der Satiriker in der neuesten Ausgabe seines "ZDF Magazin Royale" den Wegwerf-E-Zigaretten und denen, die damit Geld machen.
Nazis und Gold, die FPÖ, AfD-Europa-Spitzenkandidat Maximilian Krah, der NSU 2.0 – Wenn es jemanden gibt, der in seiner Show regelmässig nach den Rechten sieht, dann ist es Jan Böhmermann und sein "ZDF Magazin Royale". Nachdem sich zumindest die AfD mit dem eben verurteilten Björn Höcke, der Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall sowie mit Schmiergeld- und Spionage-Ermittlungen gerade selbst zerlegt, gönnt sich Jan Böhmermann in der neuesten Ausgabe mal eine Pause von den Rechten, schliesslich raucht's woanders auch und das nicht nur sprichwörtlich.
Denn am Freitagabend geht es ums Rauchen und
Gelddruckmaschine Einweg-Vapes
Was Böhmermann, der Hashtag der Woche, #NikotinCheesecake, lässt es bereits erahnen, mit "cooler denn je" meint, ist das Rauchen von Einweg-Vapes. Denn diese Wegwerf-E-Zigaretten gibt es in allen erdenklichen Geschmacksrichtungen und weil das gerade für Jugendliche besonders attraktiv erscheint, fängt Böhmermann mit einer satirischen Ohrfeige für Teile der Deutschrap-Szene an, die den Hype auch mit eigenen Produkten befeuert: "Deutschrap ist verkommen zum Werbefernsehen für Eistee, Tiefkühlpizza und Einweg-Vapes."
Wie "verkommen", das fängt Böhmermann zunächst mit der finanziellen Dimension ein, indem er sagt: "Mit Einweg-Vapes wird seit zwei Jahren in Deutschland richtig Cash gemacht. Also richtig Cash", erklärt Böhmermann und nennt dann grobe Zahlen: "In Deutschland werden mehrere Millionen Einweg-Vapes verkauft – jeden Monat. Sagt die Vape-Branche."
"Mit Einweg-Vapes kann man so viel Geld scheffeln, dass die alteingesessene Tabak-Industrie ganz eifersüchtig geworden ist", leitet Böhmermann zu einem Zitat des ehemaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und heutigem Cheflobbyisten des Tabak-Riesen Philip Morris, Torsten Albig, in der "Frankfurter Allgemeinen" über. Der sagt dort: "Wir haben lange auf Länderebene für ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten lobbyiert, vergeblich."
"Gewissenloser Menschen-Vergifter"
Ein ehemaliger Ministerpräsident, der jetzt für einen Zigarettenkonzern Lobbyarbeit macht, indem er die Konkurrenz verbieten lassen will, ist für Böhmermann aber noch nicht Pointe genug und so zitiert er Albig weiter: "Also treten wir jetzt auch in diesen Markt ein." "Na klar, wenn man mit der Anti-Küken-Schredder-Kampagne nicht weiterkommt – einfach selber anfangen, Küken zu schreddern", zieht Böhmermann einen Vergleich.
Einen etwas schiefen, denn Philip Morris will E-Vapes ja sehr wahrscheinlich nicht wegen möglicher Gesundheitsrisiken verbieten lassen, sondern weil sie Konkurrenz bedeuten. Doch Böhmermann relativiert seinen eigenen Vergleich indirekt, nennt Philip Morris "die Erfinder von Marlboro Man und Lungenkrebs" und Albig einen "gewissenlosen Menschen-Vergifter."
Rapper als Trendsetter, Verkaufszahlen und das Mitmischen der Tabak-Industrie hat Böhmermann bereits abgehakt und kommt nun zur Wirkung von E-Zigaretten. Böhmermann erwähnt, dass es auch Vapes ohne Nikotin gibt und zitiert den Verband des eZigarettenhandels: "[…] Es [ist] inzwischen wissenschaftlicher Konsens, dass die E-Zigarette wesentlich weniger schädlich ist als das Rauchen von Tabak-Zigaretten." Klingt alles also gar nicht so schlimm, doch gleichzeitig schafft Böhmermann ein Gegengewicht zur scheinbaren Harmlosigkeit von Vapes.
So gross ist das Problem
"Es gibt wenig Forschung zu den Gefahren von E-Zigaretten", erklärt Böhmermann und zeigt einen MDR-Bericht über Organschäden von E-Zigaretten. Und wie gefährlich ist das Rauchen rein quantitativ? "Die Charité in Berlin warnt vor der steigenden Zahl rauchender Kinder und Jugendlicher. Seit 2021 habe sich der Anteil der rauchenden 14- bis 17-Jährigen […] fast verdoppelt […]. Besonders problematisch seien E-Zigaretten und Vapes. Jedes vierte Schulkind habe bereits Erfahrungen damit gemacht", zitiert Böhmermann einen "t-online"-Bericht und erwähnt, dass bei einem der grössten Anbieter in Grossbritannien, Elfbar, immerhin auf Dessert- und Softdrink-Aromen verzichtet werde, die in der Kritik stehen, Kinder anzusprechen.
Was steht sonst noch auf Böhmermanns Liste? Zum Beispiel, dass Einweg-Vapes nach ihrer Benutzung Elektro-Schrott seien, aber allzu oft im Restmüll landen. Oder dass die Vapes zwar einen Akku haben, aber keinen Ladeanschluss und so viele Ressourcen verloren gehen. Oder dass China Marktführer bei Einweg-Vapes sei, diese aber in China selbst verboten sind. Oder dass man eigentlich verbotene, weil überdosierte E-Vapes einfach so in Deutschland kaufen kann.
Es sind nicht wenige Kritikpunkte, die Böhmermann da am Freitagabend in seiner Einweg-Vapes-Sendung aufzählt, dementsprechend kurz ist die Liste dessen, was fehlt: zum Beispiel ein paar mehr Daten und Fakten über Vapes an sich und über deren Gefährlichkeit im Allgemeinen und im Vergleich zu "normalen" Zigaretten im Besonderen.
Böhmermann gegen Haftbefehl, Sido und Co.?
Etwa über Allergien gegen die Aromastoffe in den Liquids, krebserregende Substanzen wie Formaldehyd und Acetaldehyd oder Aerosole im Dampf der Vapes, die Wirkung des Nikotin oder die Einschätzung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dass Jugendliche, die Vapes rauchen, eher dazu neigen, später auch Zigaretten mit Tabak zu rauchen. Trotzdem ist Böhmermanns Botschaft klar: So cool wie manche Rapper ihre Vapes bewerben und verkaufen, ist das Rauchen von E-Zigaretten nicht und schon gar nicht so ungefährlich.
Viel mehr kann Jan Böhmermann eigentlich nicht machen und wenn man sich das ZDF-Personal einmal ansieht, dürfte der 43-jährige Satiriker derjenige sein, der noch am ehesten einen Draht zu denen hat, die er hier in Gefahr sieht. Ob er mit seiner Art der Aufklärung aber gegen Leute wie Haftbefehl, Fler und Sido ankommt, daran darf man berechtigte Zweifel haben.
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