Bitcoin, ist die bekannteste Digitalwährung, aber längst nicht die Einzige. Tausende virtuelle Währungen sind aktuell im Umlauf. Mit dem Libra und dem Digital-Euro könnten bald zwei weitere dazukommen. Ihre Besonderheiten sowie Vor- und Nachteile erklärt ein Bitkom-Experte.
Für die einen sind Digital- bzw. Kryptowährungen die Zukunft des Geldes, die anderen warnen, es handele sich um unsichere Spekulationsobjekte. Bei der breiten Bevölkerung ist das virtuelle Geld zwar noch nicht angekommen, das könnte sich aber ändern.
Denn derzeit gibt es zwar schon knapp 7.000 Kryptowährungen, die laut Coinmarketcap aktuell im Umlauf sind – mit einem Gesamtkapitalwert von 390 Milliarden US-Dollar. Doch mit dem Digital-Euro und Libra könnten bald zwei dazukommen, die den Markt durcheinanderwirbeln – aus unterschiedlichen Gründen.
Zwei neue Digitalwährungen in den Startlöchern
Die Europäische Zentralbank gab Mitte Oktober den Startschuss für die Testphase eines Digital-Euros. Diese Währung stünde anders als andere Kryptowährungen unter Aufsicht einer Zentralbank und wäre stabiler.
Schon Ende des Jahres könnte Libra zu haben sein, die virtuelle Währung, die Facebook ins Leben rief. Doch Politikern und Zentralbanken ist sie ein Dorn im Auge. Sie fürchten, dass sich die Währung bei 2,7 Milliarden Facebook-Nutzern weltweit schnell durchsetzen könnte – mit der Folge, dass immer weniger Transaktionen auf Basis von staatlichen Währungen stattfinden.
"Das hätte dramatische Auswirkungen auf die staatliche Wirtschafts- und Geldpolitik", sagt Patrick Hansen, Bereichsleiter Blockchain beim Digitalverband Bitkom. Zudem steht der Libra wegen Wettbewerbsfragen und Datenschutz in der Kritik. Der Experte geht deshalb davon aus, dass Libra vorerst nur in bestimmten Regionen und mit begrenzten Funktionen startet.
Was sind Kryptowährungen eigentlich?
Kryptowährungen sind dezentrale virtuelle Währungen, Münzen oder Geldscheine gibt es nicht. Die Zahlungssysteme funktionieren meist unabhängig von Banken oder Staaten. Sie sind dann nicht reguliert wie etwa Euro oder US-Dollar. Bei letzteren bestimmen Zentralbanken beispielsweise, wie viel Geld im Umlauf ist.
Damit digitale Währungen nicht manipuliert werden können, sind sie komplex verschlüsselt. Alle Transaktionen werden dezentral in Blockchains abgelegt. Das sind Datenbanken, deren Informationen ständig abgeglichen werden. Jeder Anwender kann sie jederzeit einsehen – aber nicht anderen Nutzern zuordnen. Damit sind auch anonyme Zahlungen möglich.
Kryptowährungen werden bislang häufig von Spekulanten genutzt. Wegen der fehlenden Regulationen sind hohe Gewinne möglich – genauso wie hohe Verluste. Der Kurs schwankt häufig sehr stark. In Zukunft könnten digitale Währungen genutzt werden, um schnell und unkompliziert zu bezahlen. Bei Portalen wie Expedia oder Rakuten ist das schon möglich, Wikipedia und Greenpeace nehmen Bitcoin-Spenden an.
Aber wie unterscheiden sich die wichtigsten Digitalwährungen und wofür werden sie eingesetzt? Wir geben einen Überblick.
Die wichtigsten Digitalwährungen im Überblick
Den Bitcoin gibt es seit 2009, damit ist er die älteste Kryptowährung – und mit einem Marktanteil von 60 Prozent die grösste. Seine Nutzer betrachten ihn laut Bitkom-Experte Hansen vor allem als Anlage-Asset, "eine Art digitales Gold". Seine Vorteile sind unter anderem die Reichweite und die hohe Dezentralisierung. Ein Nachteil ist, dass durch die starken Schwankungen und die hohen Netzwerk- und Transferkosten "der Nutzen als Zahlungsmittel eingeschränkt" ist, so Hansen.
- Ethereum
Das seit 2015 bestehende System Ethereum hat einen Marktanteil von 10 Prozent und ist damit die zweitgrösste Digitalwährung. Die dazugehörige Währung Ether erweitert die "beschränkte Funktionalität von Bitcoin durch sogenannte Smart Contracts", erklärt Hansen. Damit lassen sich Transaktionen automatisieren sowie Bedingungen programmieren, die auf der Ethereum-Blockchain verarbeitet werden. "Zum Beispiel könnte so bei Vertragserfüllung automatisch die Zahlung ausgelöst werden", so der Experte. Ethereum wolle weniger eine Währung sein als vielmehr ein dezentraler globaler Computer, auf dem Finanzdienstleistungen abgewickelt werden.
- Tether
Die drittgrösste Kryptowährung mit einem Marktanteil von 5 Prozent ist Tether. Sie ist zugleich der grösste "Stable Coin": Ihr Wert ist für mehr Stabilität an eine etablierte Währung gebunden – in dem Fall an den US-Dollar. Damit ist Tether nicht unabhängig von staatlichen Institutionen, aber der Kurs schwankt weniger stark. "Tether ermöglicht zum Beispiel günstige, schnelle, und effiziente globale Überweisungen", erklärt Hansen.
- Libra
Wie Tether ist der Libra ein Stable Coin, der durch eine Bindung an verschiedene staatliche Währungen stabil sein soll. Initiiert hat ihn Facebook Mitte 2019, inzwischen wird sie von einem Unternehmens-Konsortium getragen. Er soll den 1,7 Milliarden Menschen, die bisher keinen Zugang zum Finanzmarkt haben, Transaktionen ermöglichen, aber auch allen anderen. Das Hauptziel sind laut Hansen "schnelle und günstige internationale Überweisungen". Bislang dauern diese meist mehrere Tage und es werden hohe Gebühren fällig.
- Digital-Euro
Wie der Digital-Euro technisch ausgestaltet wird, ist laut dem Bitkom-Experten noch offen. Denkbar wären sowohl Blockchain bzw. eine ähnliche Technologie oder eine zentrale Datenbank. Diskutiert werde auch, ob der virtuelle Euro nur der Industrie oder allen Bürgern zugänglich sein soll und er ob zinstragend sein soll oder nicht.
Staatliche digitale Währungen werden aber weltweit immer wichtiger: 80 Prozent der weltweiten Zentralbanken würden sich mit dem Thema befassen, "40 Prozent befinden sich schon in einer experimentellen Phase", erklärt Hansen. Sie haben unterschiedliche Gründe: Das virtuelle Geld soll etwa für mehr Effizienz im Zahlungsverkehr sorgen oder ein staatliches Zahlungsmittel bereitstellen, wenn Bargeld an Bedeutung verliert.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Patrick Hansen, Bereichsleiter Blockchain beim Digitalverband Bitkom
- Sparkasse: Bitte ein Bit – Digitalwährungen auf dem Prüfstand
- Handelsblatt: Digitalwährung – Die Anarchie an den Kryptomärkten endet
- Europäische Zentralbank: EZB intensiviert Arbeit an digitalem Euro
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