In den vergangenen Monaten hat Wirecard eine spektakuläre Achterbahnfahrt erlebt. Trotzdem sehen Anleger bei dem Zahlungsabwickler weiterhin grosses Wachstumspotenzial: Wirecard profitiert vom Umstand, dass immer mehr Menschen weltweit online einkaufen.

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Berg- und Talfahrten gehören an der Börse dazu. Das Auf und Ab von Wirecard aber ist besonders aufsehenerregend: Im vergangenen Jahr hatte der Finanzdienstleister die Deutsche Bank als wertvollstes deutsches Geldinstitut abgelöst. Im Herbst schaffte er sogar den Sprung in den DAX, also in die Riege der 30 wichtigsten deutschen Unternehmen. Im Januar sorgten dann Medienberichte über Missstände im Asien-Geschäft für einen spektakulären Kurseinbruch.

Trotzdem gilt Wirecard weiterhin als Anlegerliebling. "Es bedient einen Markt, der sich in einem frühen Stadium befindet und zweistellig wächst", sagt Holger Schmidt, Analyst beim Bankhaus Metzler in Frankfurt, im Gespräch mit unserer Redaktion. "Nicht nur in den kommenden Jahren besteht da noch ein grosses Wachstumspotenzial."

Online-Zahlungen in der ganzen Welt

Doch was genau macht das Unternehmen mit Sitz in der Kleinstadt Aschheim vor den Toren Münchens? Es profitiert vor allem von dem Umstand, dass immer mehr Menschen online einkaufen – und das in ganz unterschiedlichen Ländern. Wirecard wickelt unter anderem Zahlungen im Internet ab – es schaltet sich praktisch zwischen den Händler und den Zahlungsanbieter des Kunden, zum Beispiel eine Kreditkartenfirma.

Das bezahlte Geld fliesst zunächst an Wirecard. Das Unternehmen gibt den Kaufbetrag dann an den Händler weiter – behält jedoch eine Gebühr ein. Diese ist zwar sehr gering – zum Beispiel 1,0 oder 1,5 Prozent der Zahlungssumme. Doch die Masse der Zahlungen macht das Geschäft aus. Für 2020 hat sich Wirecard zum Ziel gesetzt, Zahlungen mit einem Gesamtvolumen von 210 Milliarden Euro abzuwickeln.

Von Pornoseiten zu grossen Unternehmen

Wirecard bietet Firmen an, mehrere Bezahlwege in unterschiedlichen Ländern aus einer Hand abzuwickeln: Händler müssen dann nicht mehr mit jedem Anbieter in jedem Staat einzelne Verträge schliessen. Das Unternehmen entwickelt zudem eigene Zahlungswege, zum Beispiel spezielle Apps. 1999 war Wirecard an den Start gegangen und wickelte zunächst relativ kleine Beträge ab, die Nutzer im Internet bezahlten. Da früher noch viel weniger online eingekauft wurde, gehörten die Betreiber von Porno- und Glücksspielseiten zu den ersten Kunden.

Inzwischen ist das anders: Wirecard hat jetzt weltweit mehr als 5.800 Mitarbeiter und 279.000 Kunden – darunter Grossunternehmen wie Visa oder Tui. Allein im zweiten Halbjahr 2018 konnten die Aschheimer Neukunden mit einem potenziellen Transaktionsvolumen von 32 Milliarden Euro gewinnen. "In der Zukunft werden wahrscheinlich noch mehr Kaufgeschäfte online erfolgen – dafür stellt Wirecard die Infrastruktur bereit", erklärt Analyst Holger Schmidt. Es gibt zwar durchaus Konkurrenten auf dem Markt, zum Beispiel den niederländischen Zahlungsabwickler Adyen. Klassische Banken allerdings haben sich aus diesem Geschäftsbereich in Deutschland zu einem grossen Teil zurückgezogen.

Heftiger Sturz nach Negativschlagzeilen

Ein Tiefschlag erwartete das Unternehmen im vergangenen Januar: Die "Financial Times" berichtete, dass es bei Wirecard in Asien zu Dokumentenfälschungen und finanziellen Unregelmässigkeiten gekommen sei. Das Unternehmen dementierte heftigst, konnte einen Sturz des Börsenkurses aber nicht aufhalten. Im September 2018 lag der Aktienpreis noch bei knapp 200 Euro, im Februar brach er zeitweise auf unter 100 Euro ein. Die Bankenaufsicht verhängte ein sogenanntes Leerverkaufsverbot – ein höchst ungewöhnlicher Schritt.

Die negative Berichterstattung habe Spuren hinterlassen, sagt Holger Schmidt. "Das Unternehmen bemüht sich sichtlich um Transparenz und versorgt Anleger mit mehr Informationen als früher." Auf der Bilanzpressekonferenz im April räumte Unternehmenschef Markus Braun laut Süddeutscher Zeitung ein, es gebe "Qualitätsmängel in der buchhalterischen Qualität".

Wachstum in den USA möglich

Die Aktie hat sich inzwischen etwas erholt, der Preis kletterte wieder über 130 Euro. Anleger hoffen bei Wirecard weiterhin auf gute Geschäfte: In dieser Woche gab der Zahlungsabwickler zum Beispiel bekannt, den Feinkosthändler Käfer als Kunden gewonnen zu haben. Trotz der Negativschlagzeilen habe Manfred Braun ein sehr gutes erstes Quartal 2019 in Aussicht gestellt, betont Holger Schmidt. Und auch ausserhalb Deutschlands winken gute Geschäfte: "Der Umsatzbeitrag aus den USA ist bisher proportional gesehen relativ klein", sagt Schmidt. "Da besteht in den kommenden Jahren noch ein gutes Wachstumspotenzial."

Verwendete Quellen:

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