Teils gab es die grössten Tagesverluste seit der Coronapandemie: Die Kurse an der Börse in China sind drastisch eingebrochen. Auslöser war offenbar Enttäuschung über die Pressekonferenz einer Behörde.
Die chinesischen Leitindizes haben am Mittwoch die grössten Tagesverluste seit Februar 2020 verzeichnet. Der Shanghai Composite Index gab um 6,6 Prozent nach. Der kleinere Shenzhen-Index schloss mit einem Minus von 8,7 Prozent.
Aktien von Tourismusfirmen gehörten zu den grössten Verlierern. Im Tourismussektor sind die Konsumentenausgaben noch nicht wieder auf das Niveau von vor der Coronapandemie zurückgekehrt. Auch Kurse von Immobilienfirmen gaben deutlich nach. Das spiegelt die anhaltenden Bedenken hinsichtlich der Erholung des angeschlagenen chinesischen Immobilienmarktes wider.
Analysten machten eine Pressekonferenz der Wirtschaftsplanungsbehörde für den Ausverkauf verantwortlich. Sie lieferte den Anlegern offenbar keine neuen Informationen über Konjunkturprogramme. "Die Enttäuschung ist zwar verständlich, erscheint aber verfrüht und fehlgeleitet", sagte Vishnu Varathan vom Finanzdienstleister Mizuho. Es sei nicht Aufgabe der Behörde, Details zu fiskalischen Anreizen oder geldpolitischen Massnahmen zu liefern.
Massnahmenpaket soll neuen Schwung bringen
In den vergangenen Tagen waren die Kurse in China stark gestiegen. Die Zentralbank und andere Regierungsbehörden hatten Ende September verschiedene Massnahmen zur Wiederbelebung des angeschlagenen Immobilienmarktes und zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums angekündigt. Das löste eine Rally an den Börsen aus. Es werde mit einem grossen Konjunkturpaket gerechnet, sagte ein Analyst.
Chinas Zentralbank will mit ihrem bislang umfassendsten Massnahmenpaket seit der Pandemie der Wirtschaft der Volksrepublik zu neuem Schwung verhelfen. Trotz einer Reihe von Massnahmen ist es der Regierung bislang noch nicht gelungen, das Wachstum stärker anzuschieben. Das Finanzministerium wird am Samstag eine Pressekonferenz geben, auf der weitere Einzelheiten zu den geplanten Staatsausgaben erwartet werden.
Eine starke Belastung für die Wirtschaft bleibt der angeschlagene Immobiliensektor. Er war ein entscheidender Wachstumstreiber. Viele Immobilienfirmen kämpfen mit einer hohen Verschuldung, die infolge des schnellen Wachstumsstrebens entstanden sind. Auch die Käufer halten sich zurück. Die Preise für Neubauten hatten im vergangenen Jahr den stärksten Rückgang seit neun Jahren. Zusätzlich sind viele Regionalregierungen, die viel Geld in den Ausbau der Infrastruktur investiert haben, ebenfalls massiv verschuldet.
Die Regierung in Peking muss einerseits Massnahmen setzen, die verhindern, dass sich Immobilienunternehmen extrem verschulden. Andererseits sollten die Effekte auf den Immobiliensektor nicht zu stark werden, um die Konjunktur nicht zu stark zu belasten. © DER SPIEGEL
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