Die Deutsche Bank sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Recherchen von WDR, "Süddeutscher Zeitung" und "New York Times" zufolge beschenkte das Unternehmen über Jahre Chinas Elite, um sich auf dem Markt zu etablieren. Es geht um Millionen.

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Um in China Erfolg zu haben, hat die Deutsche Bank offenbar jahrelang Geschenke, Gefälligkeiten und Geld verteilt. Das geht aus internen Unterlagen hervor, die dem WDR, der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) und der "New York Times" vorliegen.

Anwaltsgutachten, E-Mails und Niederschriften von Interviews sind unter den vertraulichen Dokumenten. Beauftragt habe sie die Deutsche Bank selbst, berichten die Medien. Die Bank habe mögliche Korruption in den eigenen Reihen aufdecken wollen, als die US-Börsenaufsicht SEC bereits wegen des Engagements in China ermittelte.

Den Berichten zufolge gab die Deutsche Bank möglicherweise nicht alle internen Ermittlungsergebnisse weiter. Die SEC hatte im August mitgeteilt, das Geldhaus habe im Rahmen eines Vergleichs wegen fragwürdiger Einstellungspraktiken in China 16 Millionen Dollar gezahlt.

Die Auswertung der Unterlagen lege zumindest ein dubioses Geschäftsgebahren nahe. So bezahlte die Bank demnach einer Beraterfirma 100.000 Dollar für ein Treffen zwischen dem damaligen Vorstand und späteren Vorstandsvorsitzenden Josef Ackermann und dem chinesischen Staats- und Parteichef Jiang Zemin im Jahr 2002.

"Mister China" soll nicht mit Geschenken gespart haben

Hochrangige Funktionäre wie Präsident Jiang, Ministerpräsident Wen Jiabao und Vize-Premier Zeng Peiyan hätten wertvolle Geschenke erhalten, etwa einen Tiger aus Kristall im Wert von 15.000 Dollar, einen Fernseher, ein Sofa oder Luxusreisen.

Eine Schlüsselfigur ist der damalige Chairman der Deutschen Bank China, Lee Zhang. "Mister China" soll intern dafür bekannt gewesen sein, einflussreiche Landsleute mit Geschenken zu überhäufen - darunter Manager von Staatsbetrieben oder hochrangige Vertreter des Politikbetriebs.

Die Deutsche Bank reichte 2014 Klage gegen ihn ein - er habe vier Millionen Dollar veruntreut. Zhang bestritt die Vorwürfe.

Laut SZ fand ein besonders heikles Geschäft im Jahr 2005 statt. Dabei ging es um einen zehnprozentigen Anteil an der staatlich kontrollierten Bank Huaxia, den die Deutsche Bank erwerben wollte. Dafür habe man einen Berater verpflichtet, der mit dem Sohn des damaligen Premiers Wen Jiabao befreundet war und für Wens Ehefrau arbeitete, schreibt die Zeitung.

Mehrere Mitarbeiter der Deutschen Bank wussten demnach, dass der Berater mit der Familie verbandelt war. Die Rechtsabteilung habe sogar davor gewarnt, dass es sich um einen Strohmann handeln könnte. Nach Angaben der SZ ist bis heute unklar, ob und, wenn ja, wie viel Geld an die Familie Wen geflossen ist. Der Berater erhielt jedenfalls ein Honorar in Höhe von zwei Millionen Euro und wurde 2006 für einen weiteren Deal für drei Millionen Dollar verpflichtet.

Deutsche Bank: Josef Ackermann wusste angeblich nichts

Ex-Vorstandschef Josef Ackermann wusste nach eigenen Angaben nichts von den Geschäften. Er habe weder von den 100.000 Dollar an die Beraterfirma gewusst, noch den Namen der Firma je gehört. Für die Organisation solcher Treffen sei der Chef des China-Geschäfts zuständig gewesen, der nicht direkt an ihn berichtet habe, zitiert die SZ aus einer Mitteilung. Gastgeschenke hätten örtliche Führungskräfte ausgesucht.

Bei einer internen Untersuchung sagte Ackermann der Zeitung zufolge jedoch aus, er habe von der Freundschaft zwischen einem leitenden chinesischen Mitarbeiter und dem Sohn des damaligen chinesischen Premiers Wen gewusst. Er sei aber nicht davon ausgegangen, dass auch eine geschäftliche Beziehung bestehe.

Die Frankfurter Zentrale der Deutschen Bank teilte mit, die Vorfälle reichten bis ins Jahr 2002 zurück. Man habe sie "angemessen behandelt": "Die Deutsche Bank führt aus eigenem Antrieb interne Untersuchungen durch, um Fehler und Mängel der Vergangenheit zu identifizieren und zu beheben. Im Ergebnis meldete sie bestimmtes Fehlverhalten den entsprechenden Behörden."

Richtlinien und Kontrollen habe die Bank verbessert. "Wo Schwachstellen identifiziert wurden, haben wir Gegenmassnahmen ergriffen." Zum Vorwurf, die Bank habe ihr vorliegende Informationen möglicherweise unvollständig an die Aufseher weitergegeben, äusserte sich das Institut nicht. (ank)

Verwendete Quellen:

  • Tagesschau.de: Geschenke für Chinas Mächtige
  • Sueddeutsche.de: Geschenke für mächtige Freunde
  • Sueddeutsche.de: Deutsche Bank beschenkte Chinas Elite
  • Sueddeutsche.de: Die grosse Massage (Bezahlinhalt)
  • Newyorktimes.com: How Deutsche Bank Hired Its Way to the Top in China
  • dpa
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