Am Sonntag geht es für Griechenland um alles: Entweder einigt sich Athen mit der Euro-Gruppe – oder es droht der Grexit. Eine Rückkehr zur Drachme würde die Regierung vor eine weitere Herausforderung stellen. Wie könnte die Wiedereinführung überhaupt funktionieren?
Während sich Athen zum endgültigen Ausstieg aus dem Euro momentan nicht äussert, hat ein Reporter auf seiner Visa-Abrechnung bereits den Betrag für das Hotel statt in Euro in Drachme ausgewiesen bekommen. Von Visa gab es bisher keine Erklärung.
Bereitet die Regierung den Währungswechsel etwa schon vor?
Fest steht lediglich: Es ist tatsächlich realistisch, dass der Währungswechsel ohne vorherige Ankündigung nahezu über Nacht geschieht. Schliesslich ist ein Grossteil des Geldes gar nicht als Münze oder Schein im Umlauf, sondern liegt in Form von Bits und Bytes auf Konten. Und deren Währung liesse sich schnell anpassen.
Wie könnte der Währungswechsel ablaufen?
Ein realistisches Szenario ist, dass Griechenland nach dem weltweiten Börsenschluss an einem Freitag (23 Uhr deutscher Zeit) eine Sondersitzung mit den Finanzministern sowie Staats- und Regierungschefs der Eurozone einberuft und seinen Austritt beantragt. Weil die Banken in dieser Zeit ohnehin geschlossen sind, besteht nicht die Gefahr, dass die Griechen ihr Geld bei Bekanntwerden der Nachricht noch ins Ausland bringen können.
Wie viel Zeit bliebe der Regierung für einen Währungswechsel?
Genau 46 Stunden, sofern der Handel an den Börsen möglichst wenig Schaden nehmen soll. 46 Stunden lang ist nämlich der Zeitraum, in dem alle Börsen der Welt geschlossen haben. Er beginnt mit dem Börsenschluss in New York an einem Freitag um 17 Uhr Ortszeit und endet mit dem Eröffnen des Handels am Montagmorgen im neuseeländischen Wellington.
Wie viel Zeit braucht die Regierung dafür aber tatsächlich?
Tatsächlich würde ein Wochenende für die digitale Umstellung auf die neue Währung genügen. Komplizierter wird es sein, die Automaten direkt mit neuem Bargeld zu befüllen und die vielen Münzen und Scheine umzutauschen. Die Griechen haben ihre Konten in den letzten Wochen und Monaten praktisch leer geräumt, es ist viel Bargeld im Umlauf.
Woher sollen die Drachmen plötzlich kommen?
Wie schnell sich die Währung drucken liesse, ist ungewiss, in jedem Fall aber würde es mindestens mehrere Monate dauern – sofern die Regierung tatsächlich bereits Vorbereitungen getroffen hat, das Banknoten-Design und die Sicherheitsmerkmale feststehen und das Papier bereitliegt.
Warum wird nicht einfach die alte Drachme wieder eingeführt?
Zwar hat Griechenland tatsächlich immer noch eine eigene staatliche Gelddruckerei, in der früher auch die Drachme gedruckt wurde. Die alten Scheine einfach neu zu drucken funktioniert dennoch nicht, weil sie den heutigen Sicherheitsanforderungen nicht mehr entsprechen.
Welche Möglichkeiten für eine Zwischenlösung gibt es also?
Bei der Spaltung der Tschechoslowakei griff man zu einem Trick, der auch für die Griechen eine schnelle Lösung bieten würde: In den ersten Wochen wurden vorhandene Scheine mit einem Stempel versehen, um sie kurzerhand zur neuen Währung zu erklären.
Wie geht es dann weiter?
Nach einigen Monaten – wenn die neue Währung gedruckt und geprägt ist, würde die Drachme eingeführt und die Zwischenwährung wieder abgeschafft werden.
Wie sind Urlauber in der Zwischenzeit betroffen?
Pauschalreisende müssen sich keine Sorgen machen, sie können von einem Grexit eher noch profitieren. Flüge und Hotels sind bereits in Euro abgerechnet. Und weil die Drachme gegenüber dem Euro vermutlich schnell abwerten würde, bekämen die Touristen bei Käufen vor Ort wahrscheinlich sogar mehr für ihr Geld.
Ob Individualreisende ihren Urlaub plötzlich mit Drachmen zahlen müssen, weiss keiner so genau. Experten gehen aber davon aus, dass sie vorübergehend weiter mit Euros zahlen können.
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