Krumme Gurken, Teebeutelverbot, Fassungsvermögen von Kondomen: Durch Brüssels Bürokratie werden jährlich Milliarden für zweifelhafte Richtlinien der EU ausgegeben. Heute legt Edmund Stoiber in seiner Funktion als Anti-Bürokratie-Beauftragter der EU seinen Abschlussbericht vor.

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"Man kann das Bürokratiemonster beklagen, oder man kann versuchen, es zu ändern", hat Edmund Stoiber, Anti-Bürokratie-Beauftragter der EU-Kommission, einmal gesagt.

Als Kritiker des Regulierungswahns hat er es sich zur Aufgabe gemacht, die Auswüchse der Bürokratie und die Ausgaben der EU einzudämmen. Sieben Jahre nach Amtsantritt bekannte der ehemalige Ministerpräsident vergangene Woche in einer Runde vor Journalisten seine Sorge, dass das Ansehen der EU in der Bevölkerung unter der Bürokratie leide.

Milliarden für nutzlose Projekte

Dazu zunächst einige Fakten: Insgesamt arbeiten rund 55.000 Menschen für die Europäische Union. Für das Jahr 2014 beträgt das Gesamtvolumen des EU-Haushaltes 135,5 Milliarden Euro. Rund sechs Prozent entfallen im Durchschnitt auf die Verwaltung, aktuell rund 8,6 Milliarden Euro. Eine riesige Summe geht damit auch in diesem Jahr für eine Bürokratie drauf, deren Struktur schon lange unüberschaubar geworden ist, und für Projekte, deren Nutzen oftmals zweifelhaft ist.

Beispiele gefällig?

  • Spül-Begrenzung: Weil die Europäer zu viel gutes Trinkwasser auf der Toilette verschwenden, will die EU-Kommission die Klospülungen auf sechs Liter begrenzen. Im Rahmen einer Feldstudie hatten Forscher dafür zwei Jahre das Urinier-Verhalten der Europäer untersucht.
  • Kondom-Norm: Nach sorgfältiger Prüfung empfiehlt die EU Männern für die Verhütung Kondome mit einer Länge von mindestens 16 Zentimetern, einem Durchmesser von 4,4 Zentimetern und einer Wandstärke von 0,04 Millimetern.
  • Abschaffung der Stille: Damit sie von Fussgängern wahrgenommen werden sollen Elektroautos künftig Lärm machen. Jedoch fordert die EU auch Einschränkungen: Witz–, Tier- und Insektengeräusche sind verboten, ebenso Melodien, Hupen und Glockengeklingel.
  • Qualitätsstandards bei Bananen: Sie sollen laut EU dafür sorgen, dass Verbrauchern keine minderwertige Ware untergejubelt wird: 14 Zentimeter beträgt die Mindestlänge, 2,7 Zentimeter die Dicke.

Stoiber hat sich also einer grossen Aufgabe angenommen – zu seinem Amtsantritt umfasste sie ganze 2.000 Richtlinien und 12.000 Verordnungen. Zuletzt standen vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen im Fokus seiner Arbeit. So rief er beispielsweise einen Preis für die "beste Idee zum Bürokratie-Abbau" ins Leben. Der Zentralverband des Deutschen Handwerksverbandes machte daraufhin auf die für kurze Fahrten überflüssigen Tachografen aufmerksam. Mit dem Ergebnis, dass 70 Prozent der Handwerksbetriebe weitgehend von der Pflicht befreit wurden, in ihren Fahrzeugen digitale Fahrtenschreiber zu installieren. Die EU-Kommission selbst berechnete die finanzielle Entlastung der betroffenen Unternehmen auf mehr als 50 Millionen Euro.

Stoiber-Vorschläge sparen 33 Milliarden Euro

Die grösste Errungenschaft Stoibers aber ist die Neuregelung der Mehrwertsteuer. Während Unternehmen früher Rechnungen beim Finanzamt stets auf Papier einreichen mussten, wenn sie einen Vorsteuerabzug geltend machen wollten, werden nun auch elektronische Rechnungsauszüge akzeptiert. Ersparnis: Vier Milliarden Euro allein in Deutschland, 18,4 Milliarden für alle europäischen Unternehmen zusammen.

Rechnet man alle Vorschläge seiner Gruppe zusammen, komme man auf Einsparungen von insgesamt rund 41 Milliarden Euro, sagte Stoiber. 33 Milliarden Euro habe man davon bereits gespart. "Das sind alleine für die deutschen Unternehmen etwa sechseinhalb Milliarden Euro."

Heute legt der ehemalige Ministerpräsident in Brüssel seinen Abschlussbericht vor, in dem er unter anderem weitere Massnahmen fordert. Sein Amt will er nach eigenen Aussagen nicht unbedingt verlängern, schliesse dies aber auch nicht aus. "Das ist nicht mein Ziel, auch nicht meine Absicht", sagte er. Er wisse aber, dass an der Spitze der EU der Wunsch nach weiterer Beratung bestehe. Deshalb könne er sich vorstellen, der neuen Kommission unter Jean-Claude Juncker "den einen oder anderen Rat noch zu geben".

Im Gegensatz zum Beginn seiner Amtszeit sei man sich in der EU-Kommission laut Stoiber jedenfalls darüber im Klaren, dass sich Europa "lächerlich" mache, wenn es sich weiter um Gurkenkrümmungen, Ölkännchen in Gaststätten oder Schnullerketten kümmere, sagte Stoiber ausserdem.

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