Alfred Dierlamm ist einer der prominentesten deutschen Strafverteidiger. Nun hat er sein Mandat für Ex-Wirecard-Chef Braun aus finanziellen Gründen niedergelegt. "Der Topf ist leer", sagte Dierlamm.
Ex-Wirecard-Chef Markus Braun muss vor Gericht künftig ohne seinen Staranwalt Alfred Dierlamm auskommen. Dierlamm sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er habe sein Mandat in dem Prozess vor dem Landgericht München aus finanziellen Gründen niedergelegt.
Das Honorarbudget der zuständigen Manager-Haftpflichtversicherung sei aufgebraucht. "Der Topf ist leer", sagte Dierlamm.
"Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass der Mandatsbeendigung ausschliesslich wirtschaftliche Erwägungen und keine Gründe in der Sache selbst zugrunde liegen", erklärten Dierlamm und seine Kanzleikollegin Elena-Sabella Meier in einem Reuters vorliegenden Schreiben an das Gericht.
17 Millionen Euro sind aufgebraucht
Dierlamm gilt als einer der prominentesten deutschen Strafverteidiger in zahlreichen Wirtschaftsverfahren wie im VW-Dieselskandal oder in der Cum-ex-Affäre. Braun und zahlreiche weitere Ex-Manager von Wirecard sind wegen des Bilanzskandals in etliche Straf- und Zivilprozesse verwickelt.
Einen Grossteil der Anwaltskosten trug der Versicherer Chubb, bei dem Wirecard wie viele andere Unternehmen auch eine Haftpflichtversicherung für seine Topmanager abgeschlossen hatte. Der Topf bei Chubb für diverse Verfahren belief sich nach Angaben aus Anwaltskreisen auf rund 17 Millionen Euro. Diese sind aufgebraucht.
Zuletzt hatte es mehrere Prozesse vor verschiedenen Gerichten gegeben, die klären sollten, ob Versicherer weiter zahlen müssen. Auch Brauns Anwälte hatten versucht, Chubb vor Gericht zum Zahlen zu bewegen. Sie waren im Rechtsstreit mit Chubb jedoch Ende März in Frankfurt unterlegen. Darauf verwies Verteidger Dierlamm in seinem Schreiben an das Landgericht München.
Wie "Die Zeit" berichtet, sei Markus Brauns Privatvermögen unterdessen beschlagnahmt und das Gericht habe bisher daraus nichts freigegeben.
Urteil im kommenden Jahr erwartet
Der einstige Millionär Braun wird in diesem Verfahren nun von Pflichtverteidigern vertreten, die aus der Staatskasse bezahlt werden. Die Federführung übernahm nach eigenen Angaben die Rechtsanwältin Theres Krausslach, die bereits vor Prozessbeginn im Dezember 2022 als Pflichtverteidigerin zu Brauns Verteidigerteam gestossen war.
Der "Zeit" zufolge soll zudem Nico Werning, bisheriger Wahlverteidiger Brauns, ein Pflichtverteidiger werden, ebenso wie die neu bestellte Erfurter Rechtsanwältin Katrin Kalweit.
Wer letztlich für die Prozesskosten aufkommen muss, wird das Gericht in seinem Urteil entscheiden, das im kommenden Jahr erwartet wird.
Der Dax-Konzern Wirecard war 2020 zusammengebrochen, als aufflog, dass auf Treuhandkonten in Asien 1,9 Milliarden Euro fehlten. Es handelt sich um einen der grössten Finanzskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Staatsanwaltschaft spricht von Betrug, Bilanzfälschung, Marktmanipulation und Untreue. Braun hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Ein geständiger Mitangeklagter gilt als Kronzeuge, ein dritter Angeklagter schweigt bisher. © DER SPIEGEL
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