Keine EZB-Kredite für Griechenland: Mit dem Stopp einer Sonderregelung hat die europäische Zentralbank den Druck auf die neue griechische Regierung massiv erhöht – und den ohnehin angeschlagenen griechischen Banken den Zugang zu frischem Geld erschwert. Die Folgen könnten verheerend sein.
Die Notenbank kündigte an, bereits ab kommendem Mittwoch (11. Februar) keine griechischen Staatsanleihen als Sicherheit gegen neues Zentralbankgeld zu akzeptieren. Grundsätzlich stellt die EZB Bankensystemen dann Geld zur Verfügung, wenn bestimmte Sicherheiten vorliegen, die ein geringes Ausfallrisiko haben. Griechische Staatsanleihen haben ein höheres Ausfallrisiko als die EZB allgemein akzeptiert. Bislang hat die Notenbank hier ein Auge zugedrückt – über eine so genannte Sonderregelung. "Solange ein Staat ein EU-Hilfsprogramm in Anspruch nimmt, sich damit zu Reformen verpflichtet und seinen Haushalt konsolidiert, gewährt die EZB eine Ausnahme ", erklärt Michael Schubert, EZB-Experte der Commerzbank.
Zweifel an Griechenlands Vorhaben
Mit dem von Ministerpräsident Alexis Tsipras angestrebten Kurswechsel und neuem Umschuldungsmodell scheint die EZB Zweifel zu hegen. "Die EZB hat ein Interesse daran, wenn sie Geld verleiht, dass sie es auch wieder bekommt. Wenn Tsipras offen von Umschuldung spricht, besteht die Gefahr, dass die Sicherheiten, mit denen die Kreditgeschäfte der EZB unterlegt werden, nichts wert sind", so der EZB-Experte. Die Erfüllung der Reformauflagen ist allerdings die Voraussetzung für die Auszahlung weiterer Hilfen an Griechenland."Auf politischer Ebene erhöht die Entscheidung der EZB den Druck auf die griechische Regierung, ein Kompromiss zu finden und von ihrem Kurswechsel abzuweichen", sagt Michael Schubert.
Teure Notfallkredite
Für die griechischen Banken ist die Entscheidung der Währungshüter der 19 Euro-Staaten ein schwerer Schlag – rasch könnten sich die Kassen der Banken leeren. Um das zu verhindern, wird die griechische Zentralbank den nationalen Geldhäusern womöglich verstärkt unter die Arme greifen müssen – mit so genannten Notfall-Liquiditätshilfen. Denn diese Notfallkredite, so genannte ELA (Emergency Liquidity Assistance), gewährt ihnen die EZB auch weiterhin. Der Unterschied zur Sonderregelung: Das Geld wird auf Rechnung der griechischen Zentralbank an die nationalen Banken vergeben, das Risiko trägt nicht die Europäische Gemeinschaft, sondern ebenfalls die nationale Notenbank. Sprich: Käme die griechische Zentralbank dadurch in Schwierigkeiten, dann müsste der griechische Staat einspringen. Die Kredite sind für die Banken teurer, denn das Geld ist wesentlich höher verzinst als das Geld von der EZB. Schon jetzt sind mehrere Banken von dieser Unterstützung abhängig. Laut Reuters haben drei der vier griechischen Grossbanken bereits ELA-Hilfen von der griechischen Zentralbank angenommen.
Von der Entscheidung der EZB sind die griechischen Bürger vorerst nicht betroffen. "Die Änderungen beziehen sich vor allem auf die politische Ebene", sagt Schubert. Die EZB habe mit ihrem Beschluss gezeigt, dass sie nicht so schnell nachgeben will. Interessant sei es nach Schubert nun, was für ein Kompromiss gefunden wird. Beharrt Griechenland auf seinem Umschuldungsmodell? Oder bekommt das Land nur dann Geld, wenn es weiteren Reformen einwilligt? Und wie strikt sind diese Reformen? "Das hätte dann wiederum Auswirkungen auf die griechische Bevölkerung", sagt der EZB-Experte.
Verheerende Folgen
Nach Einschätzungen des Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratscher, kann die härtere Gangart der EZB gegenüber Griechenland sogar schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Im "Handelsblatt" äussert sich der DIW-Chef zu kurzfristigen Notfall-Liquiditätshilfen (ELA) positiv. Allerdings gibt er zu bedenken: "Dies ist ein gefährliches Spiel, denn Bürger und Investoren könnten das Vertrauen in die griechischen Banken verlieren und ihre Einlagen abziehen. Ein solcher Bank-Run würde Griechenland in eine noch tiefere Krise stürzen."
Abhängig von Griechenlands Reaktion und einem möglichen Kompromiss mit der EZB wird der Beschluss nach Einschätzung Schuberts auch Einfluss auf andere EU-Mitgliedstaaten haben. Die grösste Gefahr wäre die einer Nachahmung. Nach dem Motto: Wenn sich Griechenland gegen Programme auflehnt und dabei Erfolg hat, wer zieht dann als nächstes nach? Gibt es Bemühungen in Spanien oder Portugal? "Wenn Griechenland mit seiner Strategie Erfolg hat, dann werden es auch andere versuchen", vermutet Schubert.
An den Finanzmärkten sorgte der EZB-Beschluss zuletzt für Verunsicherung. Griechische Bankaktien verbuchten an der Börse in Athen zweistellige Kursverluste. Ebenso drehten die Kurse an der Wall Street und in Tokio ins Minus. Die Sorge um Griechenland spiegelt sich auch an der Börse in Frankfurt wider. So gab der Dax kurz nach Handelsstart um 0,64 Prozent auf 10.841 Punkte nach.
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