Internetwährungen, Start-ups, Konkurrenz durch Amazon & Co: Banken und Sparkassen geraten durch die Digitalisierung unter Druck. Studien sagen einen drastischen Strukturwandel voraus: Tausende Filialen werden allein hierzulande schliessen. Wie reagiert die Branche auf die Veränderungen?

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Wenn eine Filiale schliesst, ist der Aufruhr vor allem im ländlichen Raum enorm. Die Oma muss dann weite Wege zurücklegen, um zum nächsten Bankautomaten zu gelangen. Das beeinträchtigt die Lebensqualität und kostet Zeit.
2014 und 2015 machten bundesweit etwa 2.200 Bank- und Sparkassenfilialen dicht.

Wenn sich der Trend fortsetzt, wird es 2035 nur noch 48 Prozent der aktuell knapp 28.000 Standorte geben. Laut einer Studie der Managementberatung von Oliver Wyman werden in 10 bis 15 Jahren von aktuell 1.900 lediglich 150 bis 300 Banken übrig geblieben sein.

Die Ursachen: neue Wettbewerber, kostenintensive Bankenregulierung, unrentable Filialen, Dauerniedrigzinsen – und die Digitalisierung von Finanzdienstleistungen. "Das Onlinebanking hat den Bankenmarkt total durcheinander gewirbelt", sagt Jan-Otmar Hesse, Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Bayreuth, im Gespräch mit unserer Redaktion.

Sparkassen reagieren auf Veränderungen

Die Digitalisierung zwingt die traditionellen Finanzdienstleister zu Anpassungen und Innovationen. Bei den Sparkassen nutzen etwa 50 Prozent der Kunden digitale Angebote wie Onlinebanking, die Sparkassen-App und Features wie Fotoüberweisungen oder das Handy-zu-Handy-Bezahlsystem.

"Auch bei der Beratung werden verstärkt digitale Elemente eingesetzt", sagt Frank Schillinger, Sprecher des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen im Gespräch mit unserer Redaktion. Beispielsweise die Videoberatung am Laptop. "Wir sind mittlerweile ein Multi-Kanal-Anbieter." Für die Kunden sei das ein Plus an Möglichkeiten und biete viele Vorteile.

Die Geldhäuser reagieren einerseits auf die Digitalisierung, aber sie bedienen auch weiter jene Kunden, denen die Online-Angebote zu kompliziert oder zu unsicher erscheinen. "Man muss natürlich schauen, wie die erste digitale Generation, die in den nächsten Jahren erwachsen wird, sich in Zukunft verhält", sagt Schillinger.

Soll heissen: Weitere Filialen könnten aufgegeben werden. Hunderte teils unrentable Standorte verschwanden bereits.

Konkurrenz durch FinTechs und US-Grosskonzerne

Gerade im Bereich des Zahlungsverkehrs hat die Digitalisierung den Banken und Sparkassen neue Konkurrenz beschert - in Form von reinen Online-Häusern wie der ING DiBA, oder in Form sogenannter FinTechs. Das sind Unternehmen, die digitale beziehungsweise technologische Finanzinnovationen anbieten und, oft ohne Immobilienbesitz und Verwaltungsstrukturen, hohe Profite machen können. Dazu gehören etwa der Online-Bezahldienst PayPal, der Crowdlending-Pionier Zopa oder der Microfinance-Anbieter Wonga.

Auch die Internet-Riesen Google, Apple, Facebook und Amazon bieten punktuell bereits Finanzdienstleistungen wie Überweisungen, Bezahlsysteme und Kreditvermittlung an. Bedrohen sie damit die Vormachtstellung der Banken? Bislang sei die Gefahr "noch überwiegend abstrakt", schreibt das "Handelsblatt". Aber es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, "bis sie auch hierzulande stärker angreifen."

Sollten die Internetriesen Finanzprodukte zum Spottpreis anbieten, nur um neue Kunden für ihre Kerngeschäfte zu gewinnen, wären die Banken gezwungen, ihre Gebühren ebenfalls zu senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das würde die Profite schmälern.

FinTechs als Verbündete der Banken

Ausgerechnet die FinTechs, also die kleinen Fische, könnten zu wichtigen Verbündeten der Banken gegen die US-Riesen werden. Laut Handelsblatt versteht die Mehrheit der Banken die jungen Wilden als nützliche Dienstleister oder Partner.

"Die Fintechs wurden erst als Bankenverschrotter gesehen, die sich zwischen Bank und Kunden setzen wollten mit ihren Dienstleistungen. Die Zeichen stehen inzwischen aber mehr auf Kooperation", sagt Sparkassensprecher Schillinger.

Die alteingesessenen Häuser können dank der digitalen Technologie der Startups ihren Service verbessern. Die Fintechs erreichen die Kunden der Banken, die sie allein nicht hätten gewinnen könnten - eine Strategie, die sich für beide Seiten auszahlt.

Und wie verhält es sich mit Kryptowährungen wie Bitcoin? Die Internetwährung steht laut "Zeit Online" "noch ganz am Anfang" und ist aktuell "weit vom Status eines massen- und alltagstauglichen Geldmediums entfernt". Der Bedarf der vernetzten Welt nach einer digitalen Währung scheint indes zu wachsen.

Frank Schillinger meint allerdings, die Deutschen seien "eher konservativ und hängen am Bargeld". Zu dessen Abschaffung werde es vorerst nicht kommen. Die längerfristige Entwicklung lässt sich schwer voraus sagen.

Expertin: Banken werden sich auf Beratungsgebühren konzentrieren

Larissa Schäfer, Juniorprofessorin im Finance Department an der Frankfurt School of Finance & Management, nennt eine weitere Gefahr für die Banken. Sie beobachtet eine Entwicklung hin zu Firmen, die – oft ohne Bankkredite – mehr in immaterielles Kapital wie Software, IT-Firmen und FinTechs und immer weniger in physisches Kapital (Maschinen, Ausrüstung oder Land) investieren.

"Wir sehen generell eine Entwicklung zu einer knowledge-based economy", sagt Expertin Schäfer - auch in Deutschland. "Diese Entwicklung ist Besorgnis erregend, da traditionelle Banken ihr Kerngeschäft mit Firmenkunden verlieren könnten, wenn diese nicht mehr an Krediten interessiert wären."

Schäfer erklärt, die Banken müssten sich überlegen, worin ihre Vorteile liegen und ob sie diesen Firmen besondere Finanzinstrumente oder Beratung anbieten können. Die Folge: Ein Trend zu einem Geschäftsmodell, das mehr auf Beratungsgebühren basiert als auf Zinsen bei der Kreditvergabe.

Auch die verstärkte Vergabe von Krediten an Privatkunden, die schon in den USA zu beobachten ist, dürfte laut der Wissenschaftlerin zunehmen. Internetbanken mit Fokus auf Privatkredite dürften ihre Marktposition in Deutschland weiter ausbauen. Doch noch ist die grosse Mehrheit der Kunden mit der Leistung ihrer Hausbank zufrieden, wie die Studie "Banking 2025" der Comdirect zeigt.

"Das traditionelle Bankensystem wird auf absehbare Zeit weiter existieren. Das Privatkundengeschäft mit dem Girokonto wird bleiben, und auch nicht alle Haushalte wollen nur Online-Banking machen und mit dem Call-Center die Geschäfte abwickeln", sagt Jan-Otmar Hesse von der Uni Bayreuth. Vielen Menschen sei der direkte Kontakt zum Berater einfach wichtig.

Ausruhen sollten sich die alteingesessenen Institute darauf nicht. In den USA ist der digitale Wandel in der Finanzbranche schon weiter fortgeschritten.

"Die Tech-Giganten aus dem Silicon Valley", schlussfolgert das Handelsblatt", "sind gut darin, Produkte zu entwickeln, für die gestern noch keine Nachfrage bestand, die aber morgen schon jeder haben möchte." Für die Banken ist das eine durchaus beunruhigende Erkenntnis.

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