Nach dem Feierabend zum zweiten Job - das ist für immer mehr Schweizer Lebensrealität. Betroffen sind vor allem Frauen und schlecht Ausgebildete.
Von der Arbeit in die Arbeit: In der Schweiz ist die Zahl der Menschen, die mehr als einen Job haben, deutlich gestiegen. Neue Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen: Im ersten Quartal 2019 hatten rund 393.000 Beschäftigte zwei oder mehr Jobs - das sind mit 8,7 Prozent so viele wie noch nie.
Besonders Frauen haben zwei oder mehr Jobs
Wie "blick.ch" berichtet, steigt die Zahl seit Jahren: Waren es 1991 nur rund vier Prozent, reicht heute mehr als doppelt so vielen der Nötli vorne und hinten nicht mehr. Was besonders auffällt: Frauen haben deutlich häufiger mehrere Jobs als Männer. Mehr als jede zehnte weibliche Berufstätige hat zwei oder mehr Jobs, von den Männern gerade mal jeder Zwanzigste.
Auf keinem Arbeitsmarkt in Europa ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern so gross. Auch bei Teilzeitkräften wie etwa in der Reinigungsbranche oder auf dem Bau gehören mehrere Jobs zum Alltag.
Arbeiten für eine Wohnung
Wirtschaftliche Not ist meist der Grund für die Mehrfachbeschäftigung. Wenn es zu einer Scheidung oder einem Bruch kommt, reiche das Einkommen aus der ersten Tätigkeit oft nicht mehr aus, um etwa eine eigene Wohnung zu finanzieren.
Laut Philipp Zimmermann von der Gewerkschaft Unia stehen Frauen mit Kindern unter besonders starkem Druck, eine angemessene Beschäftigung zu finden: "Oft geht das nur, indem sie in mehreren kleinen Pensen arbeiten", sagt Zimmermann zu "blick.ch".
Frauen mit Kindern unter 15 Jahren seien deswegen überdurchschnittlich häufig von Mehrfacharbeit betroffen.
Liegen die Gründe woanders?
Der Schweizerische Arbeitgeberverband fügt an, dass Mehrfacherwerbstätigkeit nicht mit prekären Arbeitsverhältnissen gleich zu setzten sei. Einen Zweitjob anzunehmen könne durchaus einen wirtschaftlichen Hintergrund haben - das muss aber nicht sein. Es gäbe auch sehr viele Erwerbstätige mit hohem Bildungsstand, die zwei oder mehrere Jobs haben und einen Zweitjob nur annehmen, um sich etwa einen Lebenstraum wie eine grosse Reise erfüllen zu können.
Das Bundesamt für Statistik resümiert, dass die Mehrfacherwerbstätigkeit in den nächsten Jahren wegen der fortschreitenden Digitalisierung noch zunehmen könnte. (jkl) © 1&1 Mail & Media/spot on news