Die GEZ galt vielen Deutschen als eines der grössten Übel im Land: Jeder kennt Geschichten von Gebühreneintreibern, die in bester "Stasi-Manier" sich Zugang zu einer Wohnung verschaffen und in dieser herumschnüffeln. Und wir alle kennen den ein oder anderen "Schwarzseher", der ARD und ZDF zum Teil seit vielen Jahren um die Gebühren prellt und seine rebellische Ader mit zahlreichen Legenden pflegt. Mit dem neuen "Beitragsservice" soll jetzt aber alles anders werden.
Zum Jahreswechsel sind die bisher geräteabhängigen Rundfunkgebühren durch einen für alle Haushalte einheitlichen Rundfunkbeitrag abgelöst worden. Auffälligste Änderung für einen seit Jahren gesetzestreuen Gebührenzahler, der sich im Internet informieren will: Die bisherige Adresse gez.de leitet um auf rundfunkbeitrag.de. Doch dies ist nicht die einzige Änderung, die auf die Nutzer (oder auch Nichtnutzer) des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zukommt. Die seit Anfang des neuen Jahres gültigen Änderungen im Überblick:
Wer muss zusätzlich zahlen?
Bislang waren die Rundfunkgebühren an die Geräte gekoppelt. Wer also keinen Fernseher, kein Radio und kein rundfunkfähiges Internet-Gerät hatte, musste auch keine Gebühren zahlen. Wer nur ein Radio oder einen Computer besass, zahlte einen ermässigten Gebührensatz. 1,4 Millionen Haushalte in Deutschland sollen laut Statistischem Bundesamt bislang keinen Fernseher besessen haben. Eine Annahme, die wenig glaubhaft erscheint und ARD und ZDF wegen der Gebührenausfälle schon länger ein Dorn im Auge war. Und so wird ab sofort jeder Haushalt zur Kasse gebeten, unabhängig davon, ob entsprechende Geräte vorhanden sind oder nicht. Auch die Unterscheidung zwischen Wohnungen mit und ohne Fernseher fällt weg. Jeder Haushalt muss seit 1. Januar 17,98 Euro im Monat zahlen.
Haben Schwarzseher noch eine Chance?
Eigentlich kaum. Die "Bild"-Zeitung berichtet unter Berufung auf ihr vorliegende Dokumente der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), dass rund 849.000 Schwarzseher alleine durch einen geplanten Abgleich mit den Daten der Meldebehörden ertappt werden sollen. Stichtag wird der 3. März 2013 sein. Auch die etwa 589.000 Bundesbürger, die eine Zweitwohnung haben, müssen finanziell bluten: Für sie gilt der doppelte Satz von 35,96 Euro im Monat. Und wer immer noch nicht zahlen will? Die Inkasso-Jäger von ARD und ZDF kündigen eine harte Linie an.
"Für die Vollstreckung rückständiger Rundfunkgebühren nutzt die GEZ alle zur Verfügung stehenden Vollstreckungsmassnahmen", hiess es schon im Geschäftsbericht 2011 der GEZ. Dazu zählen Pfändungen von Forderungen, Sachpfändungen und Anträge auf Abnahme der "Eidesstattlichen Versicherung" (früher Offenbarungseid).
Es könnte also wirklich eng werden. Einziger Vorteil der neuen Abgabe für notorische Schwarzseher: In einer Art Generalamnestie verzichten ARD und ZDF darauf, in früheren Jahren nicht gezahlte Beiträge nachzufordern.
Warum zahlen auch Menschen ohne Fernseher?
Die öffentlich-rechtlichen Sender berufen sich auf ein Solidarmodell, das die gemeinsame Finanzierung von ARD und ZDF durch Bürger, Unternehmen und Institutionen vorsieht. In Zeiten einer immer schnelleren technischen Entwicklung seien keine Unterschiede mehr zwischen dem Empfang einer Sendung über einen Fernseher oder andere Geräte auszumachen. Darüber hinaus sei der alte - gerätebezogene - Ansatz bei der Gebührenerhebung hinfällig: Es sei kaum möglich zu kontrollieren, wer über einen Computer, ein Smartphone oder andere empfangsfähige Geräte verfüge. Und damit hat auch der von manchem gefürchtete und von vielen sagenumwobene Besuch von Kontrolleuren an der Wohnungstür ein Ende.
Wer zieht die Gebühren ein?
Die GEZ gibt es seit dem Jahreswechsel nicht mehr - sie geht auf im "ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice", der die Daten der Beitragszahler automatisch übernommen hat.
Wer kann sich noch befreien lassen?
Vom Rundfunkbeitrag befreien lassen können sich Bezieher von Hartz IV oder Sozialgeld, Grundsicherung im Alter oder Pflegehilfe sowie Bafög-Empfänger, die nicht zuhause leben. Auch Erwerbstätige, die wenig verdienen ("Aufstocker"), müssen häufig nicht zahlen. Befreien lassen können sich weiter Taubblinde und Empfänger von Blindenhilfe. Für andere Behinderte endet hingegen die Beitragsfreiheit: Ab 2013 zahlen sie 5,99 Euro im Monat. Das gilt für Sehbehinderte, Hörgeschädigte und Menschen, die zu 80 Prozent behindert sind.
Was muss ich tun, wenn ich bislang brav gezahlt habe?
Eigentlich nichts. Die bisherigen Zahler von Rundfunkgebühren wurden automatisch auf den neuen Rundfunkbeitrag umgestellt. Wachsamkeit ist jedoch trotzdem nötig: Entfällt für jemanden nach den neuen Regelungen der Beitrag, muss er den Beitragsservice benachrichtigen. Ein Fall, der gerade in Wohngemeinschaften häufig eintreten dürfte. Ein Bewohner etwa, der bislang für seinen Computer 5,76 Euro im Monat zahlte, sollte mitteilen, welcher Wohnungsnutzer den neuen Beitrag überweist. Versäumt er dies, wird er künftig mit 17,98 Euro im Monat zur Kasse gebeten, auch wenn schon ein anderes WG-Mitglied zahlt. Zu viel gezahlte Beiträge werden allerdings rückwirkend zum 1. Januar 2013 erstattet, wenn der Nutzer bis Ende 2014 nachweist, dass sie unberechtigt waren.
Gibt es Widerstand gegen die neue Abgabe?
Die Reform hat nicht nur Freunde: Alleine bei den Landtagen gingen Hunderte Beschwerden ein. Und der Passauer Jurist Ermano Geuer klagt vor dem Bayerischen Verfassungsgericht gegen die Gebühr. Wer keine Rundfunkgeräte besitzt, zahlt für etwas, für das er keine Gegenleistung erhält, so seine Argumentation. Der vermeintliche Beitrag sei so betrachtet eine Steuer - für die haben die Länder, die die Gebührenreform auf den Weg gebracht haben, aber keine Gesetzgebungskompetenz. Nicht ausgeschlossen also, dass die Reform bald vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geprüft werden muss.
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