In der Schweiz begehren Aktionäre auf. Sie protestieren gegen die ihrer Ansicht nach fürstliche Bezahlung von Managern. Der Vertrauensverlust in Wirtschafts-Eliten hat auch eine politische Dimension, sagt ein Experte.
Aktionäre und Arbeitnehmer bekommen einen dicken Hals, wenn Firmen wie VW trotz des Diesel-Skandals hohe Boni in der Chefetage verteilen. Dabei sind deutsche Manager im Vergleich zur Schweiz noch bescheiden. Dort regt sich aber jetzt auch Widerstand.
ABB stimmt gegen Millionenvergütung für Manager
Beim Technologiekonzern ABB stimmten bei der Hauptversammlung gerade ungewöhnliche 40 Prozent gegen die geplante Millionenvergütung für Manager. Beim Traditionsunternehmen Georg Fischer wurden die Vergütungsanträge sogar abgelehnt.
Bei der Grossbank Credit Suisse sorgten nun Stimmrechtsberater, die Investoren bei der Ausübung ihrer Stimmrechte bei Hauptversammlungen beraten, für Aufruhr. Erst zwangen sie den Aufsichtsrat zu einer Reduzierung der schon veröffentlichten Vergütungsvorschläge, dann lehnten sie auch den weniger üppigen Kompromiss noch als zu gierig ab. Was bringt das Fass zum Überlaufen?
"Geschäftsleitungen scheint es immer wieder zu gelingen, die Lasten ihrer Misserfolge auf die Aktionäre abzuwälzen und sich selber schadlos zu halten", kritisiert die "Neue Züricher Zeitung" mit Blick auf Banken. "Die überbordende Boni-Kultur dürfte auch einem gefährlichen Selektionseffekt Vorschub leisten: sie zieht Menschen an, die auf pekuniäre Anreize fixiert sind."
80.000 Euro Bonus für Topmanager
Konzernchef sein lohnt sich in der Schweiz. Unter den grössten Firmen in Europa verdienten Chefs dort 2015 im Durchschnitt 7,7 Millionen Euro, so viel wie nirgends sonst, so das Beratungsunternehmen Willis Towers Watson. Dann folgen Spanien und Grossbritannien, vor Deutschland mit durchschnittlich fünf Millionen Euro. Allein als Bonus konnten Topmanager 2016 dort mit durchschnittlich fast 80 000 Euro rechnen, während der Betrag in Deutschland eher bei 31 000 Euro lag, schreibt die Personal- und Managementberatung Kienbaum. Bei Spitzenkräften geht es natürlich schon um Millionenbeträge.
Selbst bei Aufsichtsratsvorsitzenden war der Unterschied im vergangenen Jahr eklatant: In Deutschland gibt es für ein Mandat im Schnitt 386 000 Euro, hat die Unternehmensberatung hkp errechnet. In der Schweiz sind es dagegen oft Millionengehälter. Während der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, Paul Achleitner, im vergangenen Jahr 800 000 Euro erhalten hat, ging Axel Weber in gleicher Funktion bei der Schweizer Grossbank UBS mit mehr als fünf Millionen Euro nach Hause. In der Schweiz sei der Vorsitz oft eine Vollzeitstelle mit höherer Belastung, wird argumentiert.
Manager stünden heute deutlich stärker unter Beobachtung als noch vor 15 Jahren, sagt Christoph Lütge, Professor für Wirtschaftsethik an der TU in München. Selbst wenn Boni in Verträgen vereinbart seien, könnten sie nicht darauf pochen und müssten sich der Öffentlichkeit stellen. "Man dachte lange, man könnte so etwas hinter verschlossenen Türen entscheiden - in Deutschland ist das noch weit verbreitet", sagt er. "Die Unternehmen müssen mehr Gespür entwickeln. Man darf die Wirkung auf den Ruf der Firma heute nicht mehr unterschätzen."
Auch das Betriebsklima leide, schreibt die Universität Bamberg: "Als unfair erlebte Zahlungen an Top-Manager können negative Auswirkungen haben, zum Beispiel auf Kooperation, Leistung, Produktivität und Kündigungsbereitschaft." Vorstandsvergütungen seien bei DAX-Unternehmen zwischen 1987 und 2010 real um 624 Prozent gestiegen, während die Bruttoreallöhne der Arbeitnehmer um vier Prozent sanken.
Vertrauen in Wirtschaftseliten schwindet
Das habe auch eine politische Dimension, sagt Lütge. "Der Frust ist stark, der Vertrauensverlust in die Eliten betrifft auch die Wirtschaftseliten. Viele Menschen haben den Eindruck: "da oben" wird immer mehr verdient, aber wir bekommen immer das gleiche", sagt er. Unternehmen müssten dafür zu sorgen, dass der Frust nicht zu gross werde. Hohe Boni seien als Belohnung für gute Leistung und Anreiz in Ordnung. "Aber es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Eliten sich etwas in die Tasche stecken." © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.