• Die G7 haben eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent für Unternehmen auf den Weg gebracht.
  • Beim Treffen der G20-Finanzminister im Juli sollen die nächsten Schritte beschlossen werden.
  • Ein Steuerexperte hält die Pläne in der aktuellen Coronakrise für falsch. Sie könnten der Wirtschaft sogar schaden.

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Die G7-Länder haben sich auf eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent geeinigt. Nach den Plänen der grössten Wirtschaftsnationen sollen Unternehmen weltweit mindestens 15 Prozent Steuern auf ihre Gewinne entrichten. Zumindest solche mit einem Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro. Steueroasen wie die Cayman Islands oder die Bahamas könnten somit trocken gelegt und Steuerdumping beendet werden.

Unter dem Dach der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) könnten sich letztlich fast 140 Länder an der Massnahme beteiligen. "Es ist ein grossartiger Schritt in die richtige Richtung, um zu einer gleichmässigen Besteuerung aller Unternehmen zu kommen", sagt Dominika Langenmayr, Inhaberin des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Insbesondere die grossen Internetkonzerne wie Google, Apple oder Amazon sollen nach den G7-Plänen endlich ihren Beitrag leisten. "Künftig müssen die USA, das Land der Firmensitze, sicherstellen, dass die Unternehmen für ihre weltweiten Aktivitäten in jedem einzelnen Land mindestens 15 Prozent Steuern auf den Gewinn zahlen", erklärt Langenmayr.

Zudem sollen die Marktstaaten, wo die Güter verkauft werden, endlich mehr Besteuerungsrechte bekommen. Das heisst: Unternehmen sollen künftig nicht nur dort steuerpflichtig sein, wo sie ihren Firmensitz haben, sondern überall, wo sie ihre Waren oder Dienstleistungen vertreiben.

Wird es durch die Mindeststeuer neue Steueroasen geben?

Aber wird das auch alles so klappen, wie es sich die Staatenlenker ausgemalt haben? Gunther Schnabl, Leiter des Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität Leipzig, ist skeptisch. "Im ungünstigsten Fall ändert sich wenig, weil Steuerparadiese wie Irland oder die Kanalinseln nicht an dem Abkommen beteiligt sind" sagt er. Der Experte glaubt nicht so recht daran, dass alle Schlupflöcher geschlossen werden.

Zwar ist die Mindeststeuer so ausgestaltet, dass das Mutterland eines Unternehmens die Differenz zum 15-prozentigen Steuersatz zusätzlich eintreiben kann, wenn ein anderes Land, in dem das Unternehmen steuerpflichtig ist, den Satz unterbietet. Aber viele Details der Mindeststeuer dürften sich noch ändern. Beim Treffen der G20-Finanzminister im Juli sitzen auch Schwellenländer mit am Verhandlungstisch – sie werden auf Anpassungen pochen.

Viele der oft komplexen Details müssen nämlich erst noch verhandelt werden. "Und danach müssen die bisherigen Steuerparadiese noch auf Kurs gebracht werden", gibt Schnabl zu bedenken. "Wenn das gelingt, ist nicht klar, ob nicht neue Steuerparadiese aus dem Boden spriessen." Schliesslich haben die Parlamente der jeweiligen Staaten das letzte Wort über die neuen Steuergesetze, was in den Augen des Experten zusätzliche Unsicherheit schaffen könnte.

USA wohl grösster Profiteur der Mindeststeuer

Sicher scheint zum jetzigen Zeitpunkt eines: Von der globalen Mindeststeuer dürften die USA als Sitz vieler grosser Unternehmen am meisten haben. Eine von der EU eingesetzte Expertengruppe hat berechnet, dass in Europa Deutschland am stärksten von der Abgabe profitieren würde.

"Aus deutscher Sicht hiesse das aber nicht unbedingt, dass wir mehr Steueraufkommen von Google bekommen", erklärt Langenmayr. "Die Mindeststeuer wird grundsätzlich dazu führen, dass die Unternehmen aus der digitalen Wirtschaft mehr Steuern zahlen werden."

Während auch andere grosse Länder wie Frankreich und Italien von der Abgabe profitieren dürften, fürchten die Verantwortlichen in kleineren Staaten wie Luxemburg, den Niederlanden und Ungarn enorme Ausfälle. Sie alle haben niedrige Unternehmenssteuersätze – bisher zumindest. Das gilt auch für Irland, wo multinationale Unternehmen wie Apple und Google aufgrund des 12,5-prozentigen Steuersatzes ihre europäischen Firmensitze unterhalten.

Mehr Belastungen für die Unternehmen befürchtet

Doch mehr Steuern lassen nicht nur die Staatskassen einiger Länder klingeln. Sie könnten auch steigende Belastungen für die Unternehmen bedeuten. Gunther Schnabl bezweifelt daher, dass die Pläne in der aktuellen Krise sinnvoll sind. In den letzten Jahrzehnten sei das Wachstum in der Tendenz schwach gewesen, folglich wurden die Unternehmenssteuern tendenziell reduziert, um Arbeitsplätze zu sichern, so der Leipziger Finanzexperte.

"Wenn dieser Trend nun umgekehrt wird, könnten Arbeitsplätze gefährdet werden. Oder es werden neue staatliche Rettungsaktionen für Unternehmen notwendig", befürchtet Schnabel. Schliesslich könnten die Unternehmen die zusätzliche Steuerlast durch steigende Preise an die Konsumenten weitergeben. Alternativ könnten sie auch die Löhne drücken, was in einer Krise einfacher ist.

Für Dominika Langenmayr überwiegt trotz wahrscheinlich steigender Abgaben auch für deutsche Unternehmen gesamtwirtschaftlich der Vorteil. Es sei nur fair, "wenn alle ein gewisses Mass an Steuern bezahlen müssen und es weniger Ungleichbehandlung zwischen den Unternehmen gibt". Der erste Schritt zur Mindeststeuer ist vollzogen, weitere sollen folgen.

Einen genauen Zeitplan, wann die Abgabe eingeführt wird, gibt es nicht. "Von einer G7-Mindeststeuer zur globalen Mindeststeuer", sagt Gunther Schnabl, "ist es noch ein weiter Weg." Die Internet-Riesen dürfen sich also vorerst weiter über niedrige Steuern in Irland freuen.

Verwendete Quellen:

  • Tagesschau.de: "Wer profitiert von der globalen Mindeststeuer?
  • Spiegel Online: "Deutschland profitiert in Europa am meisten"
  • Zeit Online: "Neue Schlupflöcher gesucht"
  • Interview mit Prof. Gunther Schnabl
  • Interview mit Prof. Dominika Langenmayr
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