Den Griechen droht der Grexit, doch Alexis Tsipras pokert nach dem Referendum weiter. Statt neuer Reformvorschläge beantragte die Regierung ein drittes Hilfspaket beim ESM. Selbst das Thema Schuldenschnitt ist noch nicht vom Tisch - auch wenn Wolfgang Schäuble klar gemacht hat: Ein Erlass der Schulden ist rechtlich nicht möglich. Sind die Forderungen Athens wirklich utopisch oder wäre ein Schuldenerlass durch die Hintertür möglich?

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300 Milliarden Euro. Mit dieser Summe steht Griechenland bei seinen Gläubigern in der Kreide. Wie konnte es nur soweit kommen? Der Pleitestaat blickt inzwischen auf eine lange Schuldengeschichte zurück. Begonnen hat die Misere im Jahr 2000, als die Griechen angaben, die Kriterien für eine Aufnahme in die Euro-Gruppe zu erfüllen. Nur vier Jahre später fand die europäische Statistikbehörde heraus, dass die gemeldeten Zahlen falsch waren. Das bedeutet, dass Griechenland von Anfang an mit einer viel zu hohen Staatsverschuldung Teil der Währungsgruppe war. Einige Jahre hielten das Land nichtsdestotrotz mit eigener Kraft durch, dann kam die Finanzkrise. Ende 2010 musste Griechenland erstmals um finanzielle Hilfe bitten. Die EU, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) gewährten den Griechen unter strengen Sparauflagen erste Kredite. In den folgenden Jahren ging es dem Land immer schlechter, die Arbeitslosigkeit stieg und die Regierung brauchte immer mehr Geld, um die laufenden Kosten zu decken.

Wie sah der erste Schuldenschnitt für das Land aus?

Um die grosse Krise abzuwenden, entschieden sich im März 2012 überwiegend private Gläubiger, "freiwillig" auf die Hälfte ihrer Forderungen zu verzichten. Damit sank der Schuldenberg Griechenlands um 105 Milliarden Euro. Doch die Entlastung dauerte nicht lange: Weil die Wirtschaftsleistung weiter dramatisch schrumpfte, stieg die Schuldenquote – gemessen am Anteil des Bruttoinlandsprodukts – rasch wieder über den Stand vor dem Schuldenschnitt.

Im November 2012 gestand die Euro-Gruppe Griechenland ausserdem eine weitere Erleichterung ihrer finanziellen Last zu. Unter anderem verlängerte sie die Laufzeiten der Kredite um 15 auf 30 Jahre, senkte die Zinsen oder stundete sie auf zehn Jahre.

Wie könnte ein Schuldenschnitt dieses Mal aussehen?
Die Experten des IWF schlagen vor, die Schuldenstundung für Griechenland nun auf 20 Jahre auszudehnen und die Rückzahlung auf 40 Jahre zu strecken. Ausserdem ziehen sie einen Schuldenschnitt im Umfang von mehr als 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Erwägung, das zuletzt bei rund 180 Milliarden Euro lag.

Wer würde besonders unter einem Schuldenschnitt leiden?

Während Deutschland einen Schuldenschnitt kategorisch ablehnt, dürfte ein solcher vor allem die osteuropäischen Staaten hart treffen. So zeigte der estnische Präsident Toomas Hendrik auf, was ein Schuldenschnitt für die ärmeren Eurostaaten bedeuten könnte: bis zu 4,2 Prozent ihres BIP stehen für Estland, die Slowakei und Slowenien auf dem Spiel.

Was würde ein solcher Schuldenschnitt Griechenland bringen?

Zwar würde mit einem solchen Schuldenschnitt die Zinslast Griechenlands zunächst sinken und gleichzeitig das Haushaltsdefizit schrumpfen – doch wäre das Land laut IWF auch dann noch auf neue Hilfskredite angewiesen. "Wenn wir jetzt einfach Schulden streichen, ohne dass sich in Griechenland vieles grundlegend ändert, ist gar nichts gewonnen", betonte der Vizekanzler Sigmar Gabriel in einem Interview mit dem Magazin "Stern".

Ist denn ein Schuldenschnitt rechtlich überhaupt möglich?

Nicht, wenn es nach Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geht: "Wer die europäischen Verträge kennt, weiss, dass ein Schuldenschnitt unter das Bailout-Verbot fällt", sagte er. Nach Artikel 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union dürfen grundsätzlich weder die EU noch Mitgliedstaaten für Schulden eines anderen Mitgliedslandes haften.

Und auch der EZB kommt in diesem Fall eine Sonderrolle zu: Eine Beteiligung an einer Umschuldung oder einem Schuldenschnitt wäre laut dem Chef der französischen Zentralbank, Christian Noyer, eine unerlaubte Staatsfinanzierung durch die Zentralbank.

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