Gerade noch einmal gut gegangen: Fristgemäss hat Athen an diesem Donnerstag die fälligen 450 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) überwiesen. Doch allein in diesem Jahr muss das hochverschuldete Land noch Verbindlichkeiten in Höhe von 17 Milliarden Euro begleichen. Wie soll das gehen? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Schuldenkrise Griechenlands.
450 Millionen Euro sind fristgemäss an den Internationalen Währungsfonds (IWF) überwiesen worden. Dabei steht das Land kurz vor dem Bankrott. Wie also konnte sich Griechenland das leisten?
Am Mittwoch hatte sich Griechenland am Kapitalmarkt mit Hilfe kurzfristiger Staatsanleihen, sogenannten T-Bills, erneut 1,1 Milliarden Euro beschafft und damit seine Geldnot etwas gelindert. Doch dafür zahlt Athen einen hohen Preis: 2,97 Prozent Zinsen und damit fast das Doppelte dessen, was der einstige Krisenstaat Portugal für Anleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren bezahlen muss. Zudem haben solche kurzfristigen Papiere nur eine Laufzeit von sechs Monaten – das Problem wird also nicht gelöst, sondern nur verschoben und schlägt im Herbst erneut ein grosses, wegen der hohen Zinsen sogar noch grösseres Loch in die griechischen Kassen.
Der Staatsbankrott ist vorerst abgewendet. Im April will Griechenland noch ohne Hilfe auskommen, heisst es aus Kreisen der Regierung. Doch wie geht es dann weiter?
Zwar wurde die ausstehende Rate an den IWF bezahlt. Doch damit ist die Finanzkrise und der drohende Bankrott noch nicht abgewendet. Allein in diesem Monat laufen circa 2,4 Milliarden Euro an kurzfristigen Krediten aus, die Griechenland zurückzahlen oder durch neue Kredite decken muss. Eine Rückzahlung aus eigenen Mitteln scheint jedoch ausgeschlossen, an neue Kredite kommt Griechenland nur schwer heran. Selbst die Europäische Zentralbank (EZB) akzeptiert seit Anfang Februar keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheit für neue Darlehen. Athen kann sich damit eigentlich nur über neuerliche T-Bills kurzfristig mit frischem Geld versorgen. Doch auch diese Quelle dürfte bald versiegen: Denn die von der EZB vorgeschriebene Höchstgrenze von 15 Milliarden Euro für solche T-Bills ist bereits beinahe erreicht.
Wie kommt Griechenland dann noch an Geld?
Die EZB hat bereits mehrfach den Notversorgungsmechanismus "Emergency Liquidity Assistance" (ELA) für Griechenland aufgestockt – und damit verhindert, dass die griechischen Banken schliessen müssen. Mehr als 70 Milliarden Euro sind auf diesem Wege bereits nach Athen geflossen. Doch der "Bankrun" der griechischen Bürger hält an: Aus Angst, ihr Land könnte aus der Währungsgemeinschaft beziehungsweise der Europäischen Union austreten, schaffen viele von ihnen ihr Geld ins Ausland. Damit verschlimmern sie die akute Finanzierungsnot des Landes weiter. Wenn auch über den ELA kein Geld mehr nach Athen fliesst, bleibt der Regierung nur noch, die Rentenkasse anzuzapfen und Gehälter einzubehalten. Dies werde aber nicht geschehen, betont man in Athen weiterhin vehement.
Welche Raten muss Griechenland in diesem Jahr noch bezahlen und an wen?
Im Mai muss Athen erst 195 Millionen, dann noch einmal 760 Millionen Euro Schulden beim IWF begleichen, 320 Millionen Euro Zinsen zahlen sowie kurzlaufende Staatsanleihen in Höhe von 2,8 Milliarden Euro ablösen, die bislang von ausländischen Investoren übernommen wurden. Zusammen mit den Rückzahlungen im April muss Griechenland damit in den kommenden Wochen aufbringen. Insgesamt muss Athen eine Summe von rund 17 Milliarden Euro bis Jahresende an Kreditrückzahlungen, auslaufenden Staatsanleihen und Zinsen ablösen.
Wer entscheidet über die Reformen und ob sie ausreichen, um Griechenland langfristig aus der Krise zu führen?
Am 24. April wollen die Finanzminister der Eurozone in Riga zusammentreffen. Ihre Zustimmung braucht es, damit die letzte Tranche des zweiten Hilfspakets fliessen kann. Ob in Riga endlich eine Einigung gelingt, ist allerdings fraglich – denn bislang scheiterte eine Hilfszusage für Griechenland immer wieder an den bislang immer noch zu unkonkreten Versprechungen aus Athen. Der zuständige Staatsminister Alekos Flambouraris gab sich am Donnerstag nichtsdestotrotz optimistisch: "Bei der Sitzung der Eurogruppe am 24. April wird es 100 Prozent eine Einigung geben", sagte der Vertraute von Ministerpräsident Alexis Tsipras im griechischen Fernsehen.
Welche Schritte muss Athen jetzt unternehmen, um nicht doch noch pleitezugehen?
Die Eurogruppe hat der griechischen Regierung offenbar eine Frist von sechs Tagen gegeben, um eine überarbeitete Fassung der im März vorgestellten Reformvorschläge zu präsentieren. Konkret helfen könnte eine Reform des griechischen Steuersystems – sie brächten der Regierung Milliarden ein. Doch bislang sperrt sich die Links-Rechts-Koalition um Tsipras vor allem vor der Besteuerung der milliardenschweren Reeder, die in Griechenland seit den 80er Jahren Steuerfreiheit geniessen. Ausserdem könnte das Land durch die Privatisierung durch Häfen wie in Piräus und zahlreichen Regionalflughäfen schnell Geld einnehmen. Zwar schloss Tsipras zuletzt - entgegen seiner Wahlversprechen - Privatisierungen nicht mehr aus – passiert ist aber noch nichts.
Was passiert, wenn Ende des Monats keine Einigung erreicht wird?
Die Hilfe der Eurozone ist die letzte Hoffnung für Griechenland: Denn nur, wenn die Finanzminister der übrigen 18 Euroländer den Reformen zustimmen, kann die letzte noch ausstehende Tranche des zweiten Hilfspakets für Griechenland fliessen. Durch Gelder des IWF und Gewinnen der EZB aus griechischen Staatsanleihen würde Griechenland dann 7,2 Milliarden Euro erhalten. Im Anschluss müsste aber ein drittes Hilfspaket folgen, andernfalls stünde Athen spätestens im Sommer vor einer neuerlichen Zahlungskrise.
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