Nach 17-stündigen Verhandlungen haben sich die Staats- und Regierungschefs der Eurozone mit Griechenland geeinigt. Warum die Gespräche solange dauerten, was die Knackpunkte der Verhandlungen waren - und ob die Griechenland-Krise nun endgültig gelöst ist: Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Einigung auf dem Euro-Gipfel.

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Ist das jetzt die endgültige Rettung Griechenlands?

Nein. Das von Griechenland beantragte Hilfspaket ist noch nicht beschlossen. Nach dem vorgelegten Plan der griechischen Regierung soll es über drei Jahre laufen. Der Finanzbedarf wird auf bis zu 86 Milliarden Euro geschätzt. Athen braucht laut einem Papier der Finanzminister bis zum 20. Juli rund sieben Milliarden Euro.

Zum Einen müssen nun die Parlamente der Euro-Länder dem Hilfspaket zustimmen. Zum anderen muss Griechenland nach und nach die auf dem Euro-Gipfel getroffenen Vereinbarungen umsetzen. Bis Mittwoch soll das griechische Parlament die ersten Reformen auf den Weg bringen. In den kommenden drei Jahren steht dann ein umfassender Umbau des griechischen Staatsapparats an - so soll unter anderem die griechische Verwaltung reformiert werden. Im Gegenzug werden unter anderem die griechischen Schulden umstrukturiert und die Banken weiter mit Kapital versorgt.

Wie lange wurde verhandelt?

Eigentlich das ganze Wochenende über. Am Samstag begannen die Finanzminister der Eurozone mit Griechenland über den genauen Zuschnitt des Reformpakets zu verhandeln. Weil es keine Einigung gab, wurden die Gespräche am Sonntag fortgesetzt. Ab 16:00 Uhr wurde die Lösung der Griechenland-Krise dann zur Chefsache.

Die 19 Staats- und Regierungschefs der Eurozone sowie die Spitzen der EU verhandelten im Anschluss über 17 Stunden bis zum heutigen Morgen gegen 9 Uhr. Dann lief die Meldung "Einigung in der Griechenland-Krise" über den Ticker.

Worüber genau wurde verhandelt?

Die Verhandlungen drehten sich zunächst um die Frage, ob Griechenland die Eurozone verlassen muss - möglicherweise auch nur temporär ("Grexit auf Zeit"). Das hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble vorgeschlagen. Doch relativ schnell war klar, dass die Mehrheit der Eurozone keinem Grexit zustimmen wird, sondern mit Athen Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket aufnehmen will.

Die aktuelle Einigung bedeutet nicht automatisch, dass es nun ein drittes Hilfspaket geben wird, sondern lediglich, dass Verhandlungen dazu aufgenommen werden. Dafür ist der Grexit nun endgültig vom Tisch.

Was waren die Knackpunkte der Verhandlungen?

Vor dem Beginn des Euro-Gipfels erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass Athen in den vergangenen Woche die wichtigste politische Währung verspielt habe: "Das ist das Vertrauen und das ist die Verlässlichkeit." Um diese wiederherzustellen, muss Griechenland nun schmerzhafte Massnahmen umsetzen - und die ersten bereits bis Mittwoch. Bis dahin sollen die ersten in dem Reformpaket enthaltenen Gesetze in Athen durch das Parlament gebracht werden. Dabei geht es unter anderem um die Vereinheitlichung der Mehrwertsteuer sowie die Reform des Rentensystems.

Bis zuletzt haben die Verhandlungspartner zudem über die Frage nach einem Privatisierungsfonds gestritten. Dieser Fonds sollte nach ursprünglichen Plänen einen Umfang von rund 50 Milliarden Euro haben und ausserhalb Griechenlands angesiedelt werden. In ihn werden staatliche Vermögenswerte übertragen, die Erlöse daraus dienen dazu, die Schulden Griechenlands zu vermindern. Am Ende gab es eine Einigung.

Wie geht es jetzt weiter?

Die meisten Staats- und Regierungschefs der Euroländer müssen die mit Griechenland nun ausgehandelte Vereinbarung sowie das geplante dritte Hilfspaket durch ihre Parlamente bringen - auch der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras. Er sagte nach dem Gipfel, dass sein Land nun vor "schweren Entscheidungen" stehe. "Griechenland braucht tiefgreifende Reformen."

Dennoch ist nicht klar, ob Tsipras eine eigene Mehrheit hinter sich vereinigen kann oder ob er auf Stimmen der Oppositionsparteien angewiesen ist. Am Sonntag kursierten zudem Gerüchte, wonach der griechische Ministerpräsident selbst den Bruch seiner Regierungskoalition in Kauf nehmen werde und anschliessend Neuwahlen auf den Weg bringen will.

Auch die Regierung um Angela Merkel muss den Bundestag um Zustimmung bitten. Die Kanzlerin sagte, sie könne eine "Aufnahme von Verhandlungen aus voller Überzeugung empfehlen" Dabei gilt eine Mehrheit als weitgehend sicher - auch wenn einige Unionsabgeordnete ihre Zustimmung verweigern könnten. Doch einerseits ist die Mehrheit der Grossen Koalition sehr üppig. Andererseits dürften auch die Grünen und womöglich sogar die Linke zustimmen. Die Abstimmung könne möglicherweise bereits am Donnerstag stattfinden.

Laut Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sollen sämtliche nationalen Parlamente bis Ende der Woche über das geplante Rettungspaket abstimmen.

(mit Material der dpa)
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