Ginge es nach Portugal, Spanien oder Irland, dann müsste Griechenland im Gegenzug für die finanzielle Unterstützung wohl noch weit härtere Auflagen erfüllen. Denn die Regierungschefs der einstigen Krisenländer sprechen aus Erfahrung, schliesslich haben auch sie in der Vergangenheit harte Reformmassnahmen im eigenen Land durchgesetzt – mit Erfolg!
Das Unverständnis in Deutschland über das Verhalten der Griechen zu den angebotenen Hilfsprogrammen ist gross, das der Länder, die ebenfalls einst zu den Krisenländern zählten, ist grösser. So treten derzeit insbesondere Portugal und Spanien für noch härtere Auflagen gegen Griechenland ein. Sie zehren von der eigenen Geschichte, glauben, dass der Druck von aussen zum wirtschaftlichen Aufschwung und Reformwille beigetragen hat. Aber sind die wirtschaftlichen Situationen der Krisenländer überhaupt vergleichbar?
Portugal verzeichnet leichtes Wirtschaftswachstum
Im Vergleich zu jenen Ländern, die ebenfalls hart von der Finanzkrise getroffen wurden, leidet Portugal nicht etwa unter den Folgen eines zusammengebrochenen Industriesektors oder eines labilen Bankensystems, stattdessen liegen die Ursachen tiefer in der Vergangenheit. So gelten portugiesische Produkte als nicht besonders wettbewerbsfähig und der Export war lange Zeit durch den starken Euro geschwächt.
Dennoch steht das Krisenland heute besser als vor Jahren dar. "Dieses Rettungsprogramm hat funktioniert", resümierte Bundesfinanzminister
Allein Portugal hatte zwischen 2011 und 2014 rund 78 Milliarden Euro an Krediten von den europäischen Nachbarn bekommen, konnte aber bereits im Mai vergangenen Jahres das Hilfsprogramm wieder verlassen.
Inzwischen hat sich die Wirtschaft stabilisiert, das Land verzeichnet ein leichtes Wirtschaftswachstum, neue und sichere Arbeitsplätze wurden geschaffen. "Es sind zwar nicht alle Probleme gelöst", fasste Albuquerque zusammen, "aber die öffentlichen Finanzen haben sich gebessert, und die Wirtschaft hat sich erholt. Die Reformen tragen Früchte." Innerhalb von vier Jahren sei die portugiesische Wirtschaft vom "Bankrott zu relativer Stabilität" gelangt.
Allerdings stiessen auch hier die verordneten Sparmassnahmen zunächst auf den Widerstand der Bevölkerung. "Wir mussten flexibel sein, aber das konnten wir sein, weil wir das Vertrauen unserer Partner hatten und uns immer an die Spielregeln gehalten haben. Man kann Massnahmen ändern, aber auf Grundlage eines Dialogs mit Partnern", sagte Albuquerque.
Balanceakt für Italien
"Man bittet uns im Namen der griechischen Souveränität, die Gehälter für öffentlich Bedienstete in Griechenland zu erhöhen, anstatt die Blockade unserer aufzuheben?", twitterte Yoram Gutgeld, Wirtschaftsberater des italienischen Premierministers Matteo Renzi anlässlich der aktuellen Verhandlungen.
Das Land ist die drittgrösste Volkswirtschaft der Euro-Zone, hat selbst aktuell über 2000 Milliarden Euro Staatsschulden und ist dennoch nach Deutschland und Frankreich mit 35,4 Milliarden Euro der drittwichtigste Gläubiger Athens.
Bei der Umsetzung der Reformen geht das Land einen zwiegespaltenen Weg, kritisiert zwar immer wieder die auferlegten Reformmassnahmen der Europäischen Zentralbank, setzt sie dann aber am Ende doch um.
Doch auch hier legen die Eurogegner inzwischen ordentlich zu, das Spardiktat von "La Merkel" wird heftig kritisiert, von einer Allianz der Südländer ist bereits die Rede. Deshalb ist es für die Regierung derzeit eine Balanceakt, einerseits mit der EU zu verhandeln, um weiter günstige Kredite zu bekommen, andererseits auch die Stimmung im eigenen Land nicht weiter anzuheizen.
Irland als Vorbild für die anderen Krisenländer?
Irland gilt nach wie vor als Musterschüler unter den Krisenländern, verliess es doch 2013 als erstes den Euro-Rettungsschirm. Der Chef des EFSF-Stabilisierungsmechanismus, Klaus Regling, sagte damals, das Beispiel zeige, dass die Strategie aus zeitlich begrenzten Notkrediten und Strukturreformen zur Überwindung der Euro-Schuldenkrise funktioniere. Irland wurde im November 2010 als zweiter Euro-Staat nach Griechenland mit Hilfskrediten von insgesamt 85 Milliarden Euro vor der Staatspleite bewahrt.
Spanien freut sich über Wirtschaftsaufschwung
Auch die spanische Wirtschaft kommt aktuell nach Jahren endlich wieder in Schwung, ist Ende des vergangenen Jahres überraschend kräftig gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der viertgrössten Volkswirtschaft der Euro-Zone legte in den letzten drei Monaten 2014 um 0,7 Prozentpunkte zum Vorquartal zu, wie das Statistikamt mitteilte. Das Wachstum stellt das grösste Plus seit sieben Jahren dar und war nicht nur grösser als von Experten erwartet, sondern auch stärker als das der deutschen Wirtschaft, die zum Jahresende lediglich um rund 0,25 Prozent wuchs.
Zu verdanken hat Spanien dies wohl vor allem dem Tourismus, der nach dem Zusammenbruch des Immobilienbooms wieder zu einem wichtigen Motor für das Land geworden ist.
Und: Die spanische Regierung geht sogar davon aus, dass die Wirtschaft wegen des billigen Euros und des gesunkenen Ölpreises in diesem Jahr insgesamt noch stärker anzieht: 2015 soll das BIP um mindestens 2,5 Prozent zulegen. Nur die Arbeitslosigkeit, aktuell bei rund 24 Prozent, bleibt ein grosses Problem.
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