Malte Reupert betreibt mehrere Bio-Supermärkte in Leipzig. Weil einer seiner Zulieferer von einem AfD-Funktionär geführt wird, verbannt der Unternehmer dessen Produkte aus seinem Sortiment. Für die Entscheidung erntet er scharfe Kritik und Drohungen. Zuspruch erhält er hingegen von anderen Bio-Läden.

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Weil er keine Geschäfte mit Klimawandelleugnern machen will, muss Unternehmer Malte Reupert sich nun Kritik gefallen lassen. Der 49-Jährige betreibt in Leipzig mehrere Bio-Supermärkte der Marke Biomare.

Im Juli informierte er seine Kunden mittels eines Aushangs, dass die Produkte der Spreewälder Hirsemühle künftig nicht mehr in seinen Läden zu finden sein werden. Der Grund dafür: Jens Plessow, dem besagtes Unternehmen gehört, ist AfD-Funktionär und Mitglied des Partei-Vorstands des Spree-Neisse Kreises in Brandenburg.

Weil die AfD den menschgemachten Klimawandel leugne, stelle sich Plessow als massgeblicher "Entscheider der Spreewälder Hirsemühle gegen die Werte von Biomare und der gesamten Bio-Branche", erklärt Reupert in dem Schreiben.

"Den Klimawandel zu leugnen, ist keine Meinungsäusserung, sondern eine Lüge", sagte Reupert dem Handelsblatt. "Wenn ein Unternehmer, der mich beliefern will, das Kernproblem Klimawandel leugnet, dann passen wir nicht zusammen."

Mit der Meinung, dass Plessow aufgrund seiner Parteizugehörigkeit als ökologischer Unternehmer nicht glaubwürdig sei, ist der Biomare-Chef nicht alleine. Auch der Biokonzern Alnatura und die Berliner Biomarktkette Bio Company haben ihre Geschäftsbeziehung mit der Spreewälder Hirsemühle inzwischen auf Eis gelegt.

Plessow wehrt sich gegen Vorwürfe

Plessow hingegen kann die Entscheidung Reuperts nicht nachvollziehen. "Wir produzieren nach wie vor ein einzigartiges, nachhaltiges und ökologisches Produkt aus regionalem Anbau", erklärte er gegenüber dem Handelsblatt.

Alternativen zu den Erzeugnissen seines Unternehmens kämen hingegen meistens aus der Ukraine oder China. "Hier zeigt sich die ganze Dummheit, denn diese Ware ist aufgrund des Transports bedeutend klimaschädlicher als unser Angebot", so der Geschäftsführer.

Plessow hat nicht nur kein Verständnis für die Ausbootung seiner Produkte, er fühlt sich auch ungerecht behandelt. Das geht aus einem Schriftwechsel zwischen ihm und Reupert hervor, den letzterer auf der Webseite von Biomare veröffentlichte.

Darin bezeichnet Plessow die Vorwürfe gegenüber seiner Partei als "abstrus" und "bösartig". Zudem wirft er Reupert eine "offensichtlich linksradikale persönliche Einstellung" und ein "totalitäres Weltbild" vor.

AfD-Mann glaubt nicht an Rettung des Klimas

Nach Ansicht Plessows würde Reupert "einem unbescholtenen Bürger in Stasi-Manier" nachspionieren und seine "persönlichen und gesellschaftspolitischen Ansichten" auf "orwellsche Art und Weise" kontrollieren. "Ihr Schreiben ist eher ein Fall für den öffentlichen Pranger und/oder den Verfassungsschutz", heisst es weiter.

Dass Reuperts Vorwürfe gegen Plessows ökologischer Glaubwürdigkeit aber nicht aus der Luft gegriffen sind, geht aus den Schriftwechsel klar hervor. So bezeichnet der AfD-Politiker den Klimaschutz an einer Stelle beispielsweise als "aussichtslos" und führt aus: "Glauben Sie wirklich wir können das Weltklima mit Solaranlagen, Windkraftanlagen, ein paar Batterien in der Landschaft, Unverpacktläden, Papiertüten und völlig unpraktischen Elektroautos auf nationaler Basis in Deutschland retten? Sie sind niedlich. Das ist Spinnerei!"

AfD-Politiker wettert gegen "faschistoiden Bio-Laden"

Auch wenn die Affäre um Biomare und die Spreewälder Hirsemühle bereits im Juli ihren Anfang nahm, schlägt sie erst jetzt Wellen in den sozialen Medien. Dort bringen mehrere AfD-Politiker ihre Solidarität mit Plessow zum Ausdruck.

Götz Frömming, der für die AfD im Bundestag sitzt, twitterte zum Beispiel: "Unfassbar! Faschistoider Bio-Laden listet Händler aus, die in der AfD aktiv sind."

Und auch Frömmings Fraktionskollege Marc Bernhard reagiert empört auf die Affäre. "Ein Laden der Biokette (Biomare Anm. d. Red.) befindet sich im ehemaligen jüdischen ´Kaufhaus Joske`. Fühle mich gerade in dunkle Zeiten unserer Geschichte zurückversetzt."

An Biomare-Chef Reupert geht der Rummel um seinen Entschluss nicht spurlos vorbei. Wie er dem Handelsblatt sagte, erhalte er aktuell viele Zuschriften, in denen Menschen zum Boykott seiner Geschäfte aufrufen und ihm vereinzelt sogar drohen würden.

Reupert zeigt sich von der Kritik aber unbeeindruckt. "Ich bin da relativ abgehärtet". Er sei in der Vergangenheit auch schon von Linksradikalen scharf angegangen worden. "Jeder sucht einen Sündenbock. Ich kann mir nicht auf die Zunge beissen, wenn mich etwas stört."

Verwendete Quellen:

  • Facebook-Account der AfD Spree-Neisse
  • Biomare-Homepage: Auslistung Spreewälder Hirsemühle
  • Handelsblatt.com: Wie sich ein Bio-Unternehmer mit der AfD anlegt
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